Durch die Aufnahmen aus einer großen Kaninchenhaltung für medizinische Zwecke ist der Betrieb in Kissing überregional in die Schlagzeilen gekommen. Bis dahin war allerdings nur wenigen bekannt, was genau vor Ort in den großen Hallen außerhalb des Ortes passiert: tausende Kaninchen in Käfige gehalten, mehrmals geimpft und am Ende getötet. Das Blut geht an Pharmaunternehmen für die Herstellung von Medikamenten und anderen Produkten. Gemacht hat die Aufnahmen ein eingeschleuster Mitarbeiter, der für Soko Tierschutz gearbeitet hat. Wie ist der Kissinger Betrieb ins Visier der Tierrechtsorganisation geraten?
Kaninchenbetrieb in Kissing: Über viele Jahre hinweg setzt die Soko Tierschutz ein Bild zusammen
Dass in Kissing im großen Stil Kaninchen gehalten werden, davon weiß die Organisation tatsächlich schon seit vielen Jahren. „Das ist sicherlich rund zehn Jahre her, dass sich erstmalig ein Whistleblower gemeldet hat“, erklärt Friedrich Mülln, einer der Gründungsmitglieder und bekanntestes Gesicht der Soko Tierschutz. Damals sei es aber vor allem um die Haltung der Tiere gegangen. „Dass es sich dabei um eine Tierversuchsanlage handelt, wussten wir zu dem Zeitpunkt nicht.“ Auch eine Internetrecherche ergab zunächst wenig, aber immerhin ein kleines Detail trat dabei zutage: „Wir haben in Study Papers von Forschenden zu Tierversuchen etwas von Kaninchen von dort gelesen.“ Ein erster kleiner Hinweis.
Die Vorwürfe damals ließen sich jedoch nicht überprüfen, weshalb der Betrieb wieder aus dem Fokus geraten sei. Vor rund drei Jahren hat die Tierschutzorganisation Aninova dann über ihre Recherche in einer großen Kaninchenzucht in Baden-Württemberg Hinweise auf den Kissinger Betrieb in den Unterlagen entdeckt. „Es gab zu dem Zeitpunkt auch noch eine weitere Quelle“, erinnert sich Mülln, ohne näher darauf einzugehen. So setzte sich im Lauf der Jahre ein potenzielles Bild zusammen.
Mitarbeiter klingelt in Kissing, um an einen Job in der Kaninchenanlage zu kommen
„Wir können aber nicht einfach in solche Betriebe rein, um Einblicke zu bekommen“, sagt der Tierrechtler. Relativ schnell sei deshalb klar gewesen, dass man jemanden einschleusen müsste, was die Soko Tierschutz dann auch in die Tat umsetzte. „Offizielle Stellenanzeigen findet man für solche Betriebe nicht“, sagt Mülln. Deshalb habe der verdeckte Ermittler einfach vor Ort geklingelt und sich als arbeitssuchend vorgestellt. Einige Tage darauf hatte er einen Arbeitsvertrag unterschrieben.
Mehrere Monate fertigte er vor Ort Videoaufnahmen an, die dann von den Mitarbeitern der Soko Tierschutz bis ins kleinste Detail ausgewertet wurden. „Wir fertigen Listen an, halten Rechtsbrüche und andere Probleme fest, bereiten das Material auf – einerseits für eine weitere Strafverfolgung und andererseits auch für die Kommunikation an die Öffentlichkeit.“

Dabei seien immer auch externe Experten mit im Boot, im Falle des Kissinger Kaninchenbetriebs Tierärztinnen und Forscher, die die Aufnahmen einordneten. In welcher Reihenfolge die Erkenntnisse dann an die Presse, die Staatsanwaltschaft oder die Kontrollbehörden, hier das Veterinäramt Aichach-Friedberg, gehen, sei von Fall zu Fall unterschiedlich. „Uns ist es wichtig, immer auch gut mit den Behörden zusammenzuarbeiten“, sagt Mülln.
Circa vier Wochen vor der Veröffentlichung habe man einen anonymen Hinweis an das Veterinäramt geschickt, allerdings keine Rückmeldung erhalten. „Es gab keine Rückfragen, gar nichts.“ Inzwischen liegen sowohl der Staatsanwaltschaft Augsburg als auch dem Veterinäramt alle Aufnahmen vor, die derzeit geprüft werden.
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