Bier und Wein trinken schon ab 14 Jahren? Damit soll nach Ansichten der Bundesländer bald Schluss sein. Einen entsprechenden Beschluss hat der Bundesrat am Freitag mit klarer Mehrheit gefasst. Nun wird sich die Bundesregierung damit beschäftigen. Die Idee für den Vorstoß stammt aus Bayern.
Es ist, ähnlich wie Autobahnen ohne Tempolimit, eine Eigenheit in der bundesdeutschen Gesetzgebung: In fast keinem anderen Land der Welt darf man so jung Alkohol trinken wie in Deutschland. 1951 beschloss der erste Deutsche Bundestag, damals unter Kanzler Konrad Adenauer, das sogenannte „Gesetz zum Schutze der Jugend in der Öffentlichkeit“, das im Jahr darauf in Kraft trat. Darin geregelt: Jugendliche unter 18 Jahren dürfen keine Spirituosen konsumieren und man darf ihnen solche auch nicht verkaufen.
Des Weiteren dürfen auch seichtere alkoholische Getränke, also Wein und Bier, nicht an Jugendliche unter 16 Jahren verabreicht werden, „wenn sich diese nicht in Begleitung eines Erziehungsberechtigten befinden“, so steht es in dem inzwischen über 70 Jahre alten Gesetz. Zwar wurde es inzwischen zum Jugendschutzgesetz umbenannt und einige Male reformiert, zuletzt 2002, die Regelungen zum Alkohol für Minderjährige blieben jedoch.
Nur in Deutschland und Nicaragua darf man schon ab 14 Jahren Alkohol trinken
Deutschland ging damit lange einen deutlich liberaleren Weg als die meisten anderen europäischen Länder. In Polen, Spanien und Italien ist Alkohol grundsätzlich erst ab 18 Jahren erlaubt. In Österreich und der Schweiz gibt es immerhin schon Wein und Bier ab 16. Eine Regelung zum begleiteten Trinken existiert noch in Frankreich, allerdings erst ab 16 Jahren. Auch in der DDR waren Bier und Wein erst ab 16 erlaubt. Außer Deutschland ist Nicaragua weltweit das einzige Land, das den Konsum von Alkohol unter Auflagen schon ab 14 Jahren erlaubt.
Nun will die Länderkammer die Regelung zum Alkoholkonsum aber auch in Deutschland verschärfen. Die Initiative dazu stammt ausgerechnet aus dem Bundesland, das dem Bier – München beweist es dieser Tage mit dem Oktoberfest – traditionell zugetan ist und in dem die meisten Brauereien stehen: dem Freistaat Bayern.
Nein zu begleitetem Trinken: Bayern bekommt Unterstützung aus Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen
Anders als frühere CSU-Politiker will die amtierende bayerische Gesundheitsministerin Judith Gerlach (CSU) den Alkoholkonsum nicht länger verharmlosen. „Es ergibt mit Blick auf unsere Präventionsziele keinen Sinn, dass Jugendliche im Alter von 14 und 15 Jahren in Bars oder Restaurants Alkohol konsumieren dürfen, wenn sie dabei von einer sorgeberechtigten Person begleitet werden“, erklärte Gerlach. Besonders für Kinder und Jugendliche bedeutete Alkoholkonsum ein erhebliches Gesundheitsrisiko. „Diese veraltete gesetzliche Legitimation verharmlost, was Alkohol bei jungen Menschen anrichten kann.“
Unterstützung bekam Gerlach dabei aus Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern, dessen Gesundheitsministerin Stefanie Drese (SPD) im Bundesrat sagte, die bestehende Regelung sei nicht mehr zeitgemäß und „konträr zu unserem modernen Jugendschutz“. Andreas Philippi, Sozialminister aus Niedersachsen, fügte hinzu, mit der Änderung des Jugendschutzgesetzes allein sei es nicht getan. „Die Gefahren des Alkohols werden durch die ständige Präsenz und Verfügbarkeit verharmlost.“ Er plädiert deshalb für weitere Maßnahmen, „wie die Preisgestaltung, die Besteuerung und die Begrenzung von Verkaufsstellen“.
Auch Brauerbund ist für die Abschaffung des begleiteten Trinkens
Auch die Industrie spricht sich für einen wirksameren Jugendschutz aus. Georg Schneider, Chef der Brauerei Schneider Weisse und Präsident des bayerischen Brauerbundes, sagte im Gespräch mit unserer Redaktion, als vierfacher Vater unterstütze er Gerlachs Vorschlag. Allerdings ließen sich Regelungen zum Jugendschutz nicht immer durchsetzen. „Wenn Eltern mit Kindern in einer Gastronomie sitzen und ein Kind einmal vom Bier des Vaters nippt, kann ich das als Gastronom ohnehin nicht verhindern“. Zwar sei die Brauer-Branche aktuell angeschlagen, deutschlandweit sinkt der Bierabsatz, die 14- und 15-Jährigen fielen da allerdings nicht ins Gewicht, so Schneider im Gespräch mit unserer Redaktion.
Mit seinem Entschluss fordert der Bundesrat die Bundesregierung nun offiziell auf, die Regelung zum begleiteten Trinken aus dem Jugendschutzgesetz zu streichen. Rechtlich bindend ist diese Forderung nicht. Ob das Gesetz tatsächlich angepasst wird, entscheidet schlussendlich die Bundesregierung, es gilt aber als wahrscheinlich. Denn auch der Bundesdrogenbeauftragte Hendrik Streeck hatte sich, ebenso wie sein Vorgänger, in der Vergangenheit mehrmals für eine Abschaffung des begleiteten Trinkens ausgesprochen.
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