Die Stadt Nürnberg plant die Einführung eines 365-Euro-Jahrestickets für den öffentlichen Nahverkehr. Nürnberg nehme damit eine Vorreiterrolle ein, sagte Oberbürgermeister Marcus König (CSU) am Mittwoch.
Der Beschluss geht auf ein Bürgerbegehren zurück, das Die Linke initiiert hatte. "Das ist ein großer Erfolg. Nürnberg wird in Deutschland die erste Großstadt sein, wo das eingeführt wird", sagte Titus Schüller von der Linksfraktion im Stadtrat.
Bedürftige sollen schon 2021 ein Monatsticket für 15 Euro erhalten können. Die Kosten schätzen die Verwaltungsexperten auf 4 bis 8 Millionen Euro, mit dem 365-Euro-Jahresticket für alle ab 2023 auf 30 Millionen Euro jährlich. Der Stadtrat gab am Nachmittag dafür einstimmig grünes Licht. Ein Bürgerentscheid ist damit vom Tisch.
Die Kosten wird die Stadt nach Angaben von Bayerns Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) alleine tragen müssen. Das 365-Euro-Ticket für alle sei ein langfristiges Ziel des Freistaats. "Wenn die Stadt Nürnberg jetzt schon einen Schritt weitergehen möchte, ist aber auch klar, dass sie die Mehrkosten dafür selbst übernehmen muss."
Bereits zu Beginn des neuen Schuljahrs im Sommer gibt es für Auszubildende, Schülerinnen und Schüler ein 356-Euro-Jahresticket im Verkehrsverbund Großraum Nürnberg. Ursprünglich wollte das Bürgerbegehren ein solches Angebot für alle Fahrgäste schon zum 1. Januar 2021 im Stadtgebiet erreichen. Die Stadtverwaltung bekommt nun aber zwei Jahre mehr Zeit, um die angrenzenden Städte und Landkreise an Bord holen zu können - denn idealerweise gelte das Ticket in der gesamten Metropolregion, sagte König.
Verkehrsunternehmen halten Vorstoß für schwierig
Der Verband deutscher Verkehrsunternehmen, der deutschlandweit 560 Verkehrsunternehmen vertritt, sieht den Nürnberger Vorstoß kritisch. "Wir halten das für den falschen Weg", sagte Sprecher Lars Wagner. "Man erreicht eine Verkehrswende und eine Vielzahl neuer Kunden nicht in erster Linie über den Ticketpreis." Entscheidend sei, mehr Busse und Bahnen fahren zu lassen, den Takt zu verbessern und das Streckennetz auszubauen.
Als Beispiel dafür nannte er Wien, wo seit Ende der 1990er Jahre der öffentliche Nahverkehr ausgebaut und erst dann ein 365-Euro-Ticket eingeführt worden sei. Nur dann könnten Bus und Bahn eine echte Alternative zu Auto und Fahrrad sein, betonte Wagner.
Auch Verkehrsministerin Schreyer spricht sich für ein überlegtes Vorgehen aus. "Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie muss das vorrangige Ziel sein, die Aufrechterhaltung des Status quo im öffentlichen Personennahverkehr finanziell zu sichern", sagte sie. "Erst müssen wir ein gutes und zuverlässiges Angebot bereitstellen, dann können wir schauen, was wir beim Preis noch machen können."
Eine ähnliche Idee wie Nürnberg wurde zuletzt auch für Ober- und Ostallgäu diskutiert.