Seit Dezember bekommen Beschäftigte von TTL Süd kein Lohn mehr. Viele Filialen sind inzwischen geschlossen, darunter auch der Standort in Neu-Ulm. Am Donnerstag hat das Unternehmen mit Sitz in Heidenheim Insolvenz angemeldet. In einem Brief wandte sich der Geschäftsführer an die Beschäftigten. Firmeninsider sagen: "Das stinkt zum Himmel."
Das Unternehmen war 1974 von Heinfred Kübler gegründet worden. Ein Raumausstattungsfilialnetz wurde aufgebaut. Küblers Tochter Miriam Plambeck stieg 2013 in die Geschäftsführung ein und wurde ein Jahr später alleinige Gesellschafterin. Anfang 2022 löste sie die Filialen im Süden Deutschlands, die TTL Tapeten-Teppichboden Süd mbH, aus dem deutschlandweiten Verbund heraus.
TTL Nord distanziert sich von der Entwicklung bei TTL Süd
TTL Süd mit Sitz in Heidenheim, formell TTL OP GmbH genannt, ist nun von den finanziellen Schwierigkeiten betroffen. Nicht zu verwechseln ist die Firma mit der TTL Nord / TTM mit Sitz in Hallstadt, die in diesem Jahr 50-jähriges Bestehen feiert. TTL Nord distanziert sich in einer Mitteilung am Donnerstag ausdrücklich zu den Vorkommnissen bei TTL Süd.
TTL Süd verfügte über insgesamt 27 Standorte. Neben Neu-Ulm auch in Dillingen, Kaufbeuren, Kempten, Landsberg und Memmingen. Etwa 400 Beschäftigte waren angestellt. Im Juli vergangenen Jahres erfolgte die Übernahme durch den aktuellen Geschäftsführer Sven Lampey, der laut Registerauszug in Belgien gemeldet ist. Doch wie Insider berichten, soll den Mann so gut wie niemand in der Firma so wirklich kennen. Nicht einmal bei der Übernahme soll er anwesend gewesen sein. Er habe sich krankheitsbedingt entschuldigen lassen. Geben soll es ihn aber.
Geschäftsführer von TTL Süd schreibt Brief an die Belegschaft
Focus Online zitiert in einem Online-Bericht einen Brief des Geschäftsführers an die Belegschaft: "Schweren Herzens habe ich heute einen Antrag für ein Insolvenzverfahren für die TTL OP GmbH gestellt", soll es darin heißen. "Letztendlich reicht die Liquidität nicht aus, um die Verbindlichkeiten zu decken, was ich sehr bedaure." Für die Beschäftigten heißt das nun: "Mit diesem Schritt sind auch die rückständigen Löhne und Gehälter vollumfänglich gesichert, da die Arbeitnehmer einen Anspruch auf Insolvenzgeld für einen Zeitraum von drei Monaten haben der auch rückwirkend greift", so der Geschäftsführer.
Ein Insider nennt das eine "bodenlose Frechheit". Dem Geschäftsführer wird nachgesagt, nie einen Cent in die Firma investiert zu haben, sondern lediglich Gelder aus dem Unternehmen "rausgezogen zu haben". Dazu gehöre beispielsweise auch der Umstand, dass die Beschäftigten in den Filialen die Anweisung erhalten hätten, für von Kunden bestellte Waren eine 100-prozentige Anzahlung zu nehmen, obwohl klar gewesen sei, dass keine Ware mehr zu kriegen ist.
Polizei ermittelt gegen Heidenheimer Unternehmen wegen Betrugsverdachts
Ein Sprecher der Ulmer Polizei hat am Donnerstag auf Nachfrage unserer Redaktion mitgeteilt, dass derzeit im Rahmen eines Betrugsverfahrens bei einer Heidenheimer Firma ermittelt wird. Aus datenschutzrechtlichen Gründen aber dürfte nicht gesagt werden, um welche Firma es sich handelt. Ebenso wenig könne man Details aus laufenden Ermittlungen nennen, so der Sprecher. Laut dem Arbeitsgericht Stuttgart liegen mindestens 16 Klagen vor. Ein Sprecher der Staatsanwaltschaft in Ellwangen erklärte, dass dort noch kein Verfahren anhängig sei. Die Behörde habe aber den Hinweis bekommen, dass Anzeigen gegen das Unternehmen vorliegen.
Steffen Beck, Rechtsanwalt bei der Pluta-Kanzlei in Stuttgart, wurde zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt. "Zusammen mit meinem Team werde ich mir nun umgehend einen umfassenden Überblick über die aktuelle wirtschaftliche und finanzielle Situation verschaffen. Zudem werden wir kurzfristig Gespräche mit den Lieferanten, Vermietern und sonstigen Geschäftspartnern führen. Der Geschäftsbetrieb soll unterdessen weitergeführt werden. Außerdem gilt es, mögliche Optionen für die Zukunft zu analysieren", wird Beck in einer Mitteilung von Freitag zitiert. Er kläre derzeit, welche Filialen trotz des Insolvenzantrags geöffnet bleiben können. Die Gehälter der rund 400 Beschäftigten seien für maximal drei Monate über das Insolvenzgeld gesichert. Zudem werde zusammen mit der Bundesagentur für Arbeit die Möglichkeit einer Insolvenzgeldvorfinanzierung geprüft.
Eine für diesen Freitag anberaumte Versammlung der Belegschaft sei laut Focus Online zwischenzeitlich abgesagt worden. Eine Anfrage unserer Redaktion bei der TTL-Zentrale in Heidenheim blieb bislang unbeantwortet.
Sven Lampey steht am Ende eines Konstrukt von drei Gesellschafter-GmbHs
Hinter der insolventen TTL OP GmbH steckt laut Handelsregister ein Konstrukt von drei weiteren Gesellschafter-GmbHs, deren Sitz zum Teil in Hannover ist. Am Ende wird der 54-jährige Sven Lampey als alleiniger Gesellschafter aufgeführt, demnach gemeldet in Belgien.
Unterdessen hat sich ein Sprecher des von der Insolvenz nicht betroffenen Verbunds TTL Nord und TTM gemeldet: "Wir möchten festhalten, dass es sich hierbei ausschließlich um Märkte der TTL Tapeten-Teppichboden Süd HGmbH (jetzt TTL OP GmbH) handelt, die sich schon vor über zwei Jahren auf eigenen Wunsch aus dem Verbund TTL Nord / TTM mit Sitz in Hallstadt herausgelöst hatte. Entsprechend sind die 66 Filialen in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, die vom Verbund TTL Nord / TTM betrieben werden, in keiner Weise von den aktuellen Berichten betroffen."
Die Süd-Gesellschaft agiere seit Anfang 2022 unabhängig und habe die Geschäfte anschließend unter dem Markennamen „TTL – mein Raumausstatter“ in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz eigenständig fortgeführt, heißt es in der Klarstellung. Man könne daher auch keine Auskünfte über die aktuelle Entwicklung bei TTL Süd geben. "TTL Nord und TTM stehen, das ist der Geschäftsführung wichtig zu unterstreichen, auf einem wirtschaftlich gesunden Fundament. Abgesehen von der Namensgleichheit bestehe kein Zusammenhang zwischen den Geschäften des Verbunds und des abgespaltenen Ablegers."
TTL Nord ist es wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass uneingeschränkt gilt: "Die Märkte in Bayern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind samt der engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind jetzt und zukünftig für ihre Kunden da."