Die Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassen in Bayern (ARGE) hat in den vergangenen zehn Jahren zwei Kündigungen gegen Betreiber von Altenheimen im Freistaat ausgesprochen. "Eine Kündigung des Versorgungsvertrages gilt als letztes Mittel der möglichen vertragsrechtlichen Maßnahmen", sagte eine Sprecherin der ARGE auf Anfrage.
In der vergangenen Woche war bekannt geworden, dass die ARGE der in die Schlagzeilen geratenen Seniorenresidenz Schliersee außerordentlich zum 31. August kündigen will.
Altersheim Schliersee: Verdacht auf Körperverletzungsdelikte bei 88 Bewohnern
Vorangegangen waren Recherchen des Bayerischen Rundfunks, dass die Staatsanwaltschaft München II wegen Verdachts auf Körperverletzungsdelikte bei 88 Bewohnern des Heimes ermittelt. Einige seien verwahrlost und unterernährt gewesen, sagte eine Sprecherin der Anklagebehörde damals. Zudem würden 17 Todesfälle untersucht. Dabei geht es auch um die Frage, ob eine Corona-Infektion oder Unterernährung ursächlich für den Tod der Menschen waren.
Heimleitung weist Vorwürfe zurück
Die aktuelle Heimleitung weist alle Vorwürfe zurück. Nach Angaben des Leiters Robert Jekel wurden im "wesentlichen Dokumentationsmängel beanstandet". "Echte Pflegemängel", so Jekel, seien bei der Kontrolle nicht festgestellt worden. Jekel hatte die Stelle nach eigenen Angaben erst nach Beginn der Ermittlungen angetreten. In dem Heim hatte es 2019 einen Betreiberwechsel gegeben, laut Landratsamt richteten sich Vorwürfe teils gegen einen vorangegangenen Betreiber.
Die nun angestrebte Kündigung begründet die ARGE "mit der Verletzung der gesetzlichen und vertraglichen Verpflichtungen - nachgewiesen durch die wiederholt festgestellten schwerwiegenden Risiken und Defizite bei den Qualitätsprüfungen durch den MDK Bayern".
Der Medizinische Dienst (MDK) prüft für die Kranken- und Pflegeversicherungen im Auftrag der ARGE einmal im Jahr die Qualität und Versorgung in Pflegeheimen. "Werden dabei schwerwiegende Mängel festgestellt, beispielsweise bei der Behandlungspflege, im Bereich der Hygiene oder Personalmangel, so werden diese in Maßnahmenbescheiden erfasst", sagte eine ARGE-Sprecherin. "Das Pflegeheim muss dazu Stellung nehmen und wird aufgefordert, die Defizite zeitnah zu beheben." Helfe das auch nicht, werde dann in einer allerletzten Konsequenz die Kündigung ausgesprochen.
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