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Seniorenresidenz Schliersee: Missstände durch Corona-Besuchsverbote verstärkt?

Patientenschützer warnen

Missstände in Senioren- und Pflegeheimen - Machen Corona-Besuchsverbote alles noch schlimmer?

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    Gegen die „Seniorenresidenz Schliersee“ ermittelt die Staatsanwaltschaft München II aktuell wegen Körperverletzungsdelikten bei 88 Bewohnern und prüft 17 Todesfälle.
    Gegen die „Seniorenresidenz Schliersee“ ermittelt die Staatsanwaltschaft München II aktuell wegen Körperverletzungsdelikten bei 88 Bewohnern und prüft 17 Todesfälle. Foto: Peter Kneffel, dpa

    Die Stiftung Patientenschutz fordert angesichts mutmaßlich massiver Vernachlässigungen von Bewohnern in einem oberbayerischen Seniorenheim gesetzliche Haftungsregelungen. Anders als bei Produkten, für die der Hersteller die Mangelfreiheit beweisen müsse, gebe es dies für Pflegeleistungen in Deutschland nicht, sagte Vorstand Eugen Brysch der Deutschen Presse-Agentur. Es fehle ein Dienstleistungshaftpflichtgesetz.

    Corona-Besuchsverbot im Seniorenheim: Werden Heime zur Blackbox?

    Brysch warnte zudem vor den Folgen von Besuchsbeschränkungen in der Pandemie. "Ohne spontane Angehörigenbesuche, Überprüfungen des Medizinischen Dienstes und Kontrollen der Heimaufsichten und Gesundheitsämter werden jetzt die 12.000 Pflegeheime vollends zur Blackbox." Die Stiftung Patientenschutz fordert seit längerem mehr Öffnungen für Pflegeheime als von Bund und Ländern beschlossen.

    In der Seniorenresidenz Schliersee sollen Bewohner über Monate völlig unzureichend betreut worden sein. Die Staatsanwaltschaft München II ermittelt wegen Verdachts auf Körperverletzungsdelikte bei 88 Bewohnern. Es habe in dem Heim verwahrloste und unterernährte Menschen gegeben, berichtete eine Sprecherin der Anklagebehörde. Geprüft werde nun, wer hierfür verantwortlich gewesen sei. Zudem würden 17 Todesfälle untersucht; es gehe zunächst darum, die Todesursache festzustellen.

    Seniorenresidenz Schliersee trotz schlimmer Vorwürfe nicht geschlossen

    Trotz der Vorwürfe wurde das Heim nicht geschlossen. Brysch sagte, der Fall in Schliersee zeige exemplarisch, wie schwer sich Aufsichtsbehörden und Staatsanwaltschaften bei Abhilfe und Aufklärung tun. "Heimbetreiber wissen das meist sehr genau. Denn es muss schon viel passieren, bis die Heimaufsichten in den Kommunen mit Teil- und Komplettschließungen drohen." Schließlich hätten die örtlichen Behörden die Folgen im Blick. "Es gilt zu klären, wo die Pflegeheimbewohner sonst unterkommen. Auch ist offen, wer die Mehrkosten für die Unterbringung trägt", sagte der Patientenschützer.

    Noch stärker wirke aber, ob die Beweise für die Missstände hieb- und stichfest sind. "Denn sonst droht Schadensersatz, der schnell in die Millionen gehen kann. Zudem verstehen es Heimbetreiber, durch schnelle Trägerwechsel die Verantwortlichkeit zu verschleiern. Genau diese Komplexität hemmt effektive Kontrolle."

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