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Schwäbische Legenden: Wie Bier und ein Schwein eine Stadt retteten

Mythische Geschichten

Von Säuen, Nazi-Gold und spukenden Geistern: Kennen Sie diese schwäbischen Legenden?

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    Auch im Wald zwischen Augsburg und Horgau spielt eine bekannte schwäbische Erzählung: Demnach gelang es einem einsamen Reiter, der sich im Wald verirrt hatte, eine Räuberbande zu zerschlagen.
    Auch im Wald zwischen Augsburg und Horgau spielt eine bekannte schwäbische Erzählung: Demnach gelang es einem einsamen Reiter, der sich im Wald verirrt hatte, eine Räuberbande zu zerschlagen. Foto: Marcus Merk (Symbolbild)

    Wir schreiben das Jahr 1763. Der Siebenjährige Krieg ist zu Ende, viele Entbehrungen und Tote forderten die Schlachten in Europa. Für Georg Platzer aus Stoffenried zwischen Günzburg und Krumbach nahm der Krieg ein gutes Ende: Als Husar kämpfte er zu Pferde für die preußischen Truppen, und das so tapfer, dass er von König Friedrich II. ein Pferd geschenkt bekam. Nun machte sich der Kriegsheld auf den Weg in seine Heimat und musste dabei auch den gefürchteten Rauher Forst im Augsburger Westen durchqueren. Noch bei einem Halt in einem Augsburger Gasthaus wurde er vor dem Schwarzen Peter und seiner Räuberbande gewarnt, die im Wald ihr Unwesen trieben. Doch Platzer konnten die Schreckgeschichten nicht beeindrucken.

    Im Wald verirrte sich der Husar allerdings. Nach zwei Tagen des Umherreitens entdeckte er schließlich das Licht eines Lagerfeuers im Dunkeln und schlich sich an. Tatsächlich handelte es sich um die Bande des Schwarzen Peters, die Platzer dann im Schlaf überwältigte, den Anführer gefangen nahm und ins nahegelegene Horgau brachte, dessen Kirchenglocken er noch am Abend gehört hatte. Doch von der Dankbarkeit der Horgauer und Augsburger über seine Heldentat erfuhr Platzer zunächst nichts: Er ritt weiter nach Hause, betrübt davon, dass er sich bei seiner Reise unglücklich in die Tochter eines reichen Bauern verliebt hatte, die ihm als mittellosem Mann jedoch unerreichbar schien. Erst als Tage später eine Abordnung des Augsburger Rates ihm eine hohe Belohnung in sein Heimatdorf überbrachte, kehrte er nach Horgau zurück, heiratete seine Angebetete und kaufte von der Belohnung eine Taverne – die als Hotel noch heute von seinen Nachfahren geführt wird.

    Die Legende von der Sau in Nördlingen

    Diese Geschichte aus dem Augsburger Land kann man noch heute auf einer Gedenktafel im Biburger Wald und auf der Website des Hotels „Schwarzer Reiter“ nachlesen. Viele Teile davon sind historisch belegt. Es ist eine von vielen Legenden, die in Schwaben verbreitet sind und auch nach Jahrhunderten immer noch weitererzählt werden. In anderen geht es um angebliche Nazischätze in einer legendären Allgäuer Burg, einen royalen Hahnenkampf oder einen Schlossgeist. Eine der bekanntesten Legenden spielt in Nördlingen: Dort soll 1440 ein Schwein die Stadt gerettet haben.

    Teilen muss das Schwein sich den Ruhm mit einer Frau und dem Bierdurst ihres Mannes. Der sorgte nämlich dafür, dass die Frau abends noch einmal das Haus verließ, um Bier zu besorgen. Dabei zog ein entlaufenes Schwein an einem der Stadttore ihre Aufmerksamkeit auf sich – und sie entdeckte, dass das Stadttor nicht verschlossen war. Empört rief sie den Torwächtern zu: „So, G‘sell, so!“ – ein Ausspruch, den der Turmwächter noch heute jeden Abend vom Kirchturm in Nördlingen ruft. Wie sich herausstellte, waren die Torwächter bestochen worden, damit feindliche Truppen die Stadt nachts einnehmen konnten. Historisch belegt ist immerhin, dass 1440 zwei Torwächter wegen Verrat hingerichtet wurden. Tödlich endete auch eine Sage aus Augsburg.

    In Erinnerung an die Legende von der Sau zieren zahlreiche Schweine das Nördlinger Stadtbild – auch im Design unserer Zeitung.
    In Erinnerung an die Legende von der Sau zieren zahlreiche Schweine das Nördlinger Stadtbild – auch im Design unserer Zeitung. Foto: Dieter Mack

    Wie der Teufel in Augsburg überlistet wurde

    Dort soll Bischof Narcissus den Teufel überlistet haben. Dieser hatte vom Bischof eine Seele verlangt, die der Teufel töten wollte. Nach kurzer Bedenkzeit rang Narcissus dem Teufel wiederum den Schwur ab, die von ihm bestimmte Gestalt in jedem Falle töten zu müssen. Dabei hatte er jedoch kein Menschenopfer im Sinn: In den Bergen gab es einen Brunnen, der von einem Drachen kontrolliert wurde und der alle Tiere und Menschen tötete, die von ihm trinken wollten. Dem Teufel blieb keine Wahl: Nachdem er den Bischof als Lügner beschimpft und sich darüber echauffiert hatte, seinen „Freund“ töten zu müssen, schritt er zur Tat. Und so rettete Bischof Narcissus einen Menschen vor der Mordlust des Teufels – und beseitigte zugleich das Drachenproblem. Und auch an anderer Stelle ist der Teufel Leidtragender einer Legende.

    Diese spielt zwar nicht in der Region, ist aber an kaum einer anderen Stelle so prominent wie in Augsburg. Dabei geht es um den Kampf des Erzengels Michael mit dem Teufel, bei dem der Teufel unterlegen war. Dargestellt wird dieser Kampf im Augsburger Perlachturm, wo jährlich Ende September das Turamichele-Fest gefeiert wird. Dabei stellt eine mechanische Figur nach, wie Michael auf den Teufel einsticht und ihn besiegt. Jährlich kommen vor allem Tausende Kinder zum Fest auf dem Rathausplatz und betrachten das Schauspiel in einem geschmückten Fenster des Turms. Eine wichtige Rolle spielt die Region auch in einer anderen Sage, obwohl deren eigentlicher Schauplatz nicht in Bayern ist.

    Jährlich feiert Augsburg Turamichele.
    Jährlich feiert Augsburg Turamichele. Foto: Annette Zoepf

    Der heilige Magnus von Füssen und der der Drachensee in Tirol

    Dabei geht es um die Entstehung des Drachensees, einem Bergsee in der Nähe des Fernpass‘ in Tirol. Hier soll der heilige Magnus von Füssen eine entscheidende Rolle gespielt haben: Weil er ein Bergwerk begründen wollte, schenkte er den Leuten in der Umgebung einen Laib Brot, wenn sie nach Bodenschätzen gruben. Viele folgten seinem Wunsch – eine Familie wurde dabei so reich, dass sie der Hochmut packte: Sie bauten sich auf dem Berg ein Haus und eine Kirche, um nicht mit dem gemeinen Volk beten zu müssen. Doch Haus und Kirche versanken plötzlich – und an dieser Stelle befindet sich nun der Drachensee. An Weihnachten sind die Gebäude und die Familie darin noch zu sehen, bewacht von einem Drachen, lautet die Sage, die auch in anderen Versionen überliefert ist und manchmal auch von einem ganzen versunkenen Dorf berichtet. Anlass zum Gruseln bietet auch eine Erzählung aus Nordschwaben.

    Der Geisterspuk im Schloss Dillingen

    Im Schloss in Dillingen an der Donau sitzt heute das Finanzamt, was das Gebäude nun noch nicht zu einem Ort des Schreckens macht. Allerdings soll es im Schloss angeblich spuken: Der Geist eines Arztes soll dort sein Unwesen treiben. Dabei handelt es sich um den griechischen Gelehrten Kartaphilus, der im 15. Jahrhundert als Gast des Fürtbischofs in Dillingen gewirkt haben soll. Vielen Kranken in der Region soll er geholfen haben, seine Forschung blieb jedoch vielen ein Rätsel – nur seinem Diener gestattete Kartaphilus Zutritt. Der Fürstbischof brach diese Abmachung jedoch, als von dem Arzt und seinem Diener nichts mehr zu hören war. So fand man den Arzt „mit umgedrehtem Hals und zerschmettertem Gehirn, das an den Wänden verspritzt war“, schreibt der Schrifsteller Paul Fenzl in seinem Buch „Sagen aus Bayern“. Offenbar war ein Experiment misslungen – und Kartaphilus trieb fortan in Begleitung eines schwarzen Pudels sein Unwesen als Geist im Schloss. Ein Pudel spielt auch eine Rolle in einer nicht weniger unheimlichen Geschichte aus dem Wittelsbacher Land.

    Das ermordete Mesnerpaar aus Haunswies

    Dabei handelt es sich um den Pudel zweier Mesner, die um 1870 in der St.-Jodok-Kapelle in der Nähe des Affinger Ortsteils Haunswies lebten. Sie wurden mit einer Axt erschlagen, der Mord wurde nie aufgeklärt – und diente dem Heimatkrimi „Jodok“ als Vorlage, den der Augsburger Buchautor Arno Loeb unter dem Pseudonym Peter Garski veröffentlicht hat. Womöglich hatte sich jemand am Mesner gerächt, der nicht nur Kirchendiener, sondern auch Waldaufseher war und den möglichen Täter bei einem Vergehen im Wald erwischt haben könnte. Nach dem Mord häuften sich Berichte aus Haunswies, in denen ein Pudel mit feurigen Augen gesehen worden sein soll. In einer weiteren Anekdote aus Schwaben gelang es immerhin, Gewalt zwischen Menschen zu verhindern – allerdings auf Kosten dreier Tiere.

    In der Wallfahrtskapelle Sankt Jodok bei Haunswies wurden vor über 150 Jahren zwei Menschen getötet.
    In der Wallfahrtskapelle Sankt Jodok bei Haunswies wurden vor über 150 Jahren zwei Menschen getötet. Foto: Wolfgang Sellmeier

    Wie ein Hahnenkampf in Kempten über die Herrschaft entschied

    Einer Erzählung aus Kempten zufolge soll die Nachfolge von Karl dem Großen bei einem Hahnenkampf entschieden worden sein. Demnach sollen die Söhne Pippin, Karl der Jüngere und Ludwig bei einer Auseinandersetzung im Schloss Kempten darüber in Streit gekommen sein, wer die Herrschaft nach Karl dem Großen übernehmen sollte. Mutter Hildegard ordnete dann an, dass die Söhne sich von den örtlichen Bauern jeweils einen Hahn geben lassen sollten und diese die Nachfolge auskämpfen sollten. Ludwigs Hahn setzte sich durch – und tatsächlich folgte er unter dem Beinamen „der Fromme“ als König und Kaiser des Fränkischen Reiches seinem Vater. Ob wirklich der Hahnenkampf ausschlaggebend für die Thronfolge war, ist allerdings zweifelhaft. Tatsächlich starben die älteren Karl und Pippin noch vor ihrem Vater. Einer der bekanntesten Mythen Schwabens findet sich ebenfalls im Allgäu – und zwar an der Burg Falkenstein.

    Die Burgruine Falkenstein thront über dem Wolkenmeer. Um das Gemäuer ranken sich zahlreiche Mythen.
    Die Burgruine Falkenstein thront über dem Wolkenmeer. Um das Gemäuer ranken sich zahlreiche Mythen. Foto: Benedikt Siegert

    Das angebliche Nazi-Gold auf der Burg Falkenstein

    Die Burg bei Pfronten zog schon immer die Faszination ihrer Betrachter auf sich. Vor rund 800 Jahren erbaut und später verlassen, plante auch König Ludwig im 19. Jahrhundert, die Burg zu einem Prachtbau auszubauen. Wie viele andere seiner Vorhaben, die scheiterten oder nie zu Ende gebracht wurden, wurde aber auch dieses Vorhaben nie fertig. So prominent die höchstgelegene Burg Deutschlands auf dem Felsen über dem Vilstal steht, so sehr verleitet sie offenbar zum Fantasieren: Denn angeblich sollen die Nazis dort einen Schatz vergraben haben. Beweise, Indizien oder stichhaltige Hinweise gibt es auf einen solchen Goldschatz zwar nicht – davon lassen sich manche aber nicht beeindrucken: 2022 fuhren einige Kriminelle mit einem Bagger in Richtung der Burg hinauf und begannen dort einfach zu graben, am Steilhang, in Absturzgefahr. Gold fanden sie dort nicht – aber sich wenig später im Visier der Polizei wieder.

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