Der Countdown läuft: Am 25. Oktober wird es rund 30 Sekunden dauern und die beiden Beton-Kühltürme sind für immer Geschichte. Die RWE als Betreiber des ehemaligen Kernkraftwerks und der Landkreis Günzburg stecken mitten in den Vorbereitungen für das größte Ereignis des Jahres in der Region. Was müssen Zuschauerinnen und Zuschauer an diesem Tag beachten und wie läuft die Sprengung ab? Alle Fragen und Antworten gibt es hier.
Wann ist die Sprengung genau und fallen beide Türme gleichzeitig?
Das Niederlegen – so heißt die Sprengung in der Fachsprache – der beiden Kühltürme des stillgelegten Kernkraftwerks wird am Samstag, 25. Oktober, ab 12 Uhr passieren. Zuerst fällt Block B, 15 Sekunden später Block C in sich zusammen. Die Uhrzeit steht fest. Nur in nicht geplanten Fällen, etwa falls ein starkes Gewitter aufzieht oder Demonstranten die Sprengung verhindern wollen, kann sich die Uhrzeit verzögern.
Wie läuft die Sprengung ab?
Ulrike Matthes, Sprengingenieurin der Thüringer Sprenggesellschaft, hat an diesem Tag das Kommando. Die Methode der Sprengung nennt sich Kipp-Kollaps-Sprengung. Das bedeutet: Der Kühlturm kippt an und kollabiert dann. Die beiden Beton-Bauwerke fallen also nicht der Länge nach, sondern kontrolliert in sich selbst ein. „So ein massives Bauwerk auf so geringer Fläche niederzuführen, ist ein sehr sicheres Verfahren“, erklärt Matthes. Mehr als 60 Kühltürme wurden deutschlandweit bereits so gesprengt, 20 davon von Matthes und ihrem Team.
Die beiden Türme werden zwar in einem Zündvorgang gesprengt, fallen aber zeitversetzt. Der Kühlturm steht auf sogenannten V-förmigen Stützen. „Wir nehmen diesem Kühlturm 50 Prozent seiner Beinchen weg“, erklärt Matthes bildlich. Das heißt, die eine Hälfte der unteren Stützen wird gesprengt, so wird die Fallrichtung vorgegeben und der Betonturm kippt nach vorn. Gleichzeitig wird aber auch im unteren Ring des Turms, der Kühlturmschale, gesprengt.
Dafür werden mehrere Löcher vorher gebohrt, in die das mit einem Zünder versehene Sprengmaterial kommt. Die geladene Stütze wird dann verdämmt und ausgeschäumt, damit sich die Ladung nicht verschiebt, zentrisch drinsitzt, und auch kein Wasser hereinkommen kann. Wichtig: Mit dem Sprengstoff wird kein Eisen gesprengt, sondern der Beton knickt weg, sodass das Eisen blank ist und knicken kann. „Wir haben nur einen Versuch“, so Matthes. Doch dafür hat sie Erfahrungswerte für die optimale Menge an Sprengstoff.
Pro Kühlturm gehen 28.000 Tonnen Material nieder, insgesamt also 56.000 Tonnen Beton. Dieser wird übrigens im Anschluss zu Recycling-Schotter aufbereitet und in Zusammenarbeit mit einem Aufbereitungsunternehmen vermarktet.

Was ist das für ein Sprengstoff und ist das gefährlich, wenn man in der Nähe steht?
Es handelt sich um einen gelatinösen Sprengstoff, der in Patronen in die Bohrungen kommt. Außerdem nutzt man so wenig Sprengstoff wie möglich, damit auch möglichst geringer Sprengstreuflug entsteht. Gegen diesen aufgewirbelten Staub werden primäre Schutzmaßnahmen umgesetzt. Das sind etwa mehrlagige Vliesvorhänge mit Maschendraht drumherum. Die werden mittels Spanngurten an den Stützen angebracht. Bei der Sprengung der Kühlturmschale kommen Sprengschutzmatten zum Einsatz. Die wiegen laut der Sprengingenieurin 1,3 Tonnen und schirmen den Streuflug ab.
Anhand eines Fotos von der Niederlegung der Türme in Grafenrheinfeld vor einem Jahr erklärt Ulrike Matthes, dass man keinerlei Einschläge außerhalb eines zehn Meter Radius sieht. Zur Veranschaulichung wurde eine Wand zehn Meter vom Kühlturm mit mehreren Containern aufgebaut. An diesen Containern sieht man nicht einmal einen Steinschlag. „Das heißt: Unsere Schutzmaßnahmen funktionieren wirklich sehr gut.“
Außerdem werden noch staubbindende Maßnahmen getroffen. Dafür werden voraussichtlich auch in Gundremmingen um die beiden Klötze herum Wasserpools aufgestellt. Darunter verläuft eine Sprengschnur. Wird die gezündet, fliegt die Wassermasse einmal in die Luft und kommt geballt wieder herunter.
Was müssen Anwohnerinnen und Anwohner aus Gundremmingen und Umgebung wissen?
Der Landkreis Günzburg wird vor dem Termin eine Allgemeinverfügung erlassen. Darin sind die Vorgaben erklärt, wie etwa die genauen Sperrungen der Straßen verlaufen und etwa auch, welche Zonen für Drohnen tabu sind. Die Verfügung wird erst kurz vorher bekannt. Was allerdings bereits gesagt werden kann: Es wird eine Sperrzone von mehreren Hundert Metern rund um das Gelände geben. Die verläuft vorläufig von Hygstetter Hof bis zum Ortsausgang Gundremmingen (Am Hirschbach) und quer von der Donau aus bis zum Kreisverkehr an der Dr.-August-Weckesser-Straße. Wie Christoph Langer, Leiter der Abteilung Öffentliche Sicherheit und Gesundheit beim Landratsamt, erklärt, ist die Absperrzone auch an natürliche Barrieren gekoppelt. So kann die Polizei an dem Tag besser überwachen. Eine Grenze ist etwa die Donau oder der Wald unterhalb Gundremmingens. Eine genaue Karte wird es noch geben, die jetzige ist die vorläufige Sperrzone. Die Polizei wird an dem Tag Kontrollen durchführen, nicht nur auf den Wegen und Straßen, sondern auch per Wärmebildkameras von oben. So wird sichergestellt, dass sich wirklich jeder und jede an die Absperrungen hält.

Was muss ich als Zuschauer wissen? Wie groß wird der Andrang an Schaulustigen sein?
„Wir tun uns wirklich sehr schwer, das einzuschätzen“, sagt Christoph Langer. Eigentlich sei die Niederlegung ein technischer Vorgang, nicht etwa ein Konzert oder Fußballspiel. Doch man sei sich auch bewusst, dass dieses Ereignis Interesse bei vielen weckt. „Wir möchten darauf hinweisen, dass jeder, der der Meinung ist, möglichst nah heranzukommen, mit erheblichen Einschränkungen rechnen muss.“ Man werde sehen, wie das Wetter werde. Ist es neblig und regnerisch, wird man vor Ort keine gute Sicht haben.
Kann ich dann irgendwo sicher und legal parken oder stehen?
Es werden keine extra Parkflächen für den 25. Oktober ausgewiesen. Die Verantwortlichen verweisen auf Livestreams und die Übertragungen der örtlichen Medien. Tobias Bühler, Bürgermeister von Gundremmingen, sagt, dass man auf jeden Fall mit mehrstündigen Verkehrsbehinderungen an diesem Tag rechnen wird. Man sei deswegen auch auf einen Samstag gewichen, damit kein Schulbusverkehr oder Industrie beeinträchtigt wird. „Die Parkplätze des Auwald Sportzentrums sind im Sprengbereich und auch die des Infozentrums des Kernkraftwerks“, so Bühler. Auch wird man in der Gemeinde darauf achten, dass private Zufahrtsstraßen und Parkverbote in Gundremmingen freigehalten werden, sodass Rettungsdienst und Einsatzkräfte durchkommen können. Im Oktober werden die landwirtschaftlichen Flächen meist bestellt sein, das heißt, dass auch solche Flächen zum Anmieten für Zuschauerbereiche wegfallen.
Wie laut wird es und wie oft knallt es?
Die Sprengmeisterin sagt: „Man hört es definitiv, doch es sind Augenblicksmomente.“ Viele würden den zweiten lauten Knall gar nicht mehr mitbekommen, weil man durch den staunenden Blick so abgelenkt sei. Generell sind es mehrere Töne. Als Erstes wird man einen langen Ton hören, das bedeutet: Absperrung herstellen. Das ist sozusagen das Startsignal für das Team vor Ort. Dann folgen zwei kurze Töne, die bedeuten: Achtung, jetzt wird gezündet. Das bedeutet wiederum nicht, dass dann ein roter Knopf gedrückt wird, sondern die Verantwortlichen den Zündmechanismus hochfahren. Schließlich wird man einen Vergrämungsknall hören. Der ist dafür da, dass Tiere in der Nähe „verscheucht“ werden, bevor es eigentlich losgeht. Dann folgt der Knall für Kühlturm Eins, dann wenige Sekunden später Kühlturm Zwei. Mit drei kurzen Tönen wird signalisiert, dass die Sprengung beendet ist.
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