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Gundremmingen soll nach Sprengung der Kühltürme Energiestandort bleiben

Gundremmingen

Das Ende der Kühltürme ist bald besiegelt – doch der Energiestandort Gundremmingen bleibt

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    Mit 161 Metern Höhe sind die beiden Betonklötze ein Hingucker im Landkreis Günzburg.
    Mit 161 Metern Höhe sind die beiden Betonklötze ein Hingucker im Landkreis Günzburg. Foto: Ulrich Wagner

    Wer auf der A8 in Richtung Günzburg unterwegs ist, sieht sie (noch) emporragen: die beiden Kühltürme des bereits abgeschalteten Kernkraftwerks in Gundremmingen. Inzwischen werden diese nur noch für Einsatzübungen genutzt, etwa, als zuletzt die Alpine Einsatzgruppe Allgäu des Polizeipräsidiums Schwaben Süd/West auf dem Gelände der Rückbauanlage trainierte. In knapp zwei Monaten wird sich der Blick auf Gundremmingen nicht nur von der A8 aus wesentlich verändern. Am Samstag, 25. Oktober, mittags um 12 Uhr, sollen die Kühltürme gesprengt werden. Der Konzern RWE, Eigentümer und Betreiber des ehemaligen Kernkraftwerks, das offiziell nur noch die Rückbauanlage Gundremmingen ist, hat den Termin am Mittwoch bestätigt.

    Die Sprengung der Türme ist sicherlich der markanteste Moment beim Rückbau des früheren Kernkraftwerks. Schließlich ist es von außen das einzig sichtbare Ereignis. Doch hinter den dicken Wänden und den Sicherheitszäunen macht der Eigentümer schon länger das, was der Gesetzgeber verlangt: Er demontiert die Anlage, die 1984 ans Netz ging und seit 2021 abgeschaltet ist, in vielen einzelnen Schritten.

    1976 begann der Bau der beiden 1344-Megawatt-Blöcke B und C am Standort Gundremmingen

    1976 begann der Bau der beiden 1344-Megawatt-Blöcke B und C am Standort Gundremmingen im bayerisch-schwäbischen Landkreis Günzburg. Nach achtjähriger Bauzeit produzierte die Anlage laut Angaben des Betreibers jährlich rund 20 Milliarden Kilowattstunden Strom. Die Doppelblockanlage war eine wesentliche Säule der Energieversorgung in Süddeutschland und lieferte etwa ein Viertel des in Bayern insgesamt erzeugten Stroms. Damit sollte Schluss sein.

    2023 stieg Deutschland final aus der Produktion von Atomenergie aus. Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 waren bundesweit die letzten drei aktiven Anlagen, sie gingen allesamt im April vom Netz. Block C in Gundremmingen war bereits Ende 2021, genauer gesagt, am Silvesterabend um 20 Uhr abgeschaltet worden. Die diensthabende Schichtmannschaft trennte damals den Generator von Block C vom Stromnetz. Kurz darauf schaltet sie den Reaktor nach den Regelungen im Atomgesetz endgültig ab. Für Atomkraftgegner war es eine Jubelstunde, für die Befürworter reiner Irrsinn. Diese Spaltung hält sich bis heute. Block B war bereits 2017 abgeschaltet worden.

    Peter Tausend, der in Gundremmingen für die Rückbauanlage zuständig ist, sagte vor wenigen Monaten auf Nachfrage, dass insgesamt 2,8 Milliarden Euro für den Rückbau zur Verfügung stehen. Die Sprengung der Kühltürme wird vielleicht nur ein rund 30 Sekunden langes Ereignis werden – so lange dauerte es zumindest, bis die beiden Kühltürme des ehemaligen AKWs im unterfränkischen Grafenrheinfeld vor rund einem Jahr fielen –, und es ist auch nur eine Etappe in einem sehr langen Prozess. Nach Angaben des Bayerischen Umweltministeriums sind für den Rückbau bis zum Ende der atomrechtlichen Überwachung der Anlage 15 bis 20 Jahre veranschlagt. Die RWE Nuclear GmbH plant mit Mitte beziehungsweise Ende der 30er Jahre als Abbauziel. Die RWE Nuclear GmbH ist die 100-prozentige Tochter der RWE AG und bündelt die Kernenergiesparte des RWE-Konzerns. Sie kümmern sich um Stilllegung und den gesetzlich vorgeschriebenen Abbau der Rückbauanlagen Biblis, Emsland, Gundremmingen, Lingen und Mülheim-Kärlich sowie die fachgerechte Verpackung von radioaktiven Abfällen und die Nutzung von Wertstoffen aus dem Rückbau.

    Ende Oktober werden nach der Sprengung der Kühltürme von Gundremmingen 11.000 Tonnen Schutt anfallen

    Rund 1,8 Millionen Tonnen Material müssen voraussichtlich alleine in Gundremmingen für den Rückbau bewegt werden, der größte Teil davon geht, wie Tausend es nennt, in den Kreislauf über, wird also konventioneller Abfall. Nur der kleinste Anteil, 0,6 Prozent, wird am Ende in einem sogenannten Konrad-Container verstaut. Für dieses Material entsteht auf dem Kraftwerksgelände ein Logistikgebäude, das noch dieses Jahr fertig werden soll. „Diese Lagerkapazitäten brauchen wir, um künftig den Schacht Konrad beliefern zu können“, sagte Tausend. In dem stillgelegten Eisenerz-Bergwerk bei Salzgitter werden schwach- und mittelradioaktive Abfälle eingebracht.

    Die 11.000 Tonnen Schutt, die im Oktober anfallen, wenn die beiden Kühltürme gesprengt werden, möchten die Betreiber als Untergrund für ein neues Vorhaben auf dem alten Kraftwerksgelände nutzen: Ein Batteriespeicher, der mit einer maximalen Stundenleistung von etwa 400 Megawatt zu den größten in Deutschland zählen soll und mit Abstand der größte in Süddeutschland sein wird. Energie wird in Gundremmingen nämlich weiterhin erzeugt – auch wenn sich die Gundremminger von ihren charakteristischen Türmen trennen müssen. Der geplante Batteriegroßspeicher soll dazu beitragen, schwankende Einspeisungen aus Solar- und Windkraftanlagen, auch in Kombination mit konventionellen Kraftwerken, auszugleichen und das Netz zu stabilisieren. Rund 700 Megawattstunden an elektrischer Energie können gespeichert werden. In dem neuen Sondergebiet Energieerzeugung werden außerdem Planungen für ein Gas-Spitzenlastkraftwerk, auch Peaker genannt, verfolgt. Laut RWE soll dieses frühestens 2027 in Betrieb gehen und auch mit Wasserstoff betrieben werden können. (mit rjk)

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