Die geheimnisvollen Rauhnächte zwischen Weihnachten und Dreikönigstag öffnen Tore in eine Welt, wo Geister, Dämonen, aber auch unsere Ahnen beheimatet sind, sagt die Legende. Dahinter stecke etwas Geheimnisvolles und Magisches, erläutert Petra Heinzelmann aus Durach.
Und auch viel Aberglaube, sagen Kreisheimatpfleger Albert Wechs aus Bad Hindelang und seine Kollegin Ingrid Müller (Altusried). Laut Heimatforscher Siegbert Eckel aus Immenstadt stammen die Rauhnächte „aus der Zeit des vorchristlichen Mittwinterfestes und Totenkultes“.
„Die zwölf heiligen Nächte sind die beste Zeit zum Räuchern, um Platz für Neues zu schaffen“, lässt Heinzelmann wissen. Dazu bringt die Oberallgäuerin, die auch Räucher-Kurse gibt, heimische Kräuter oder Harze zum Glühen und verteilt die Rauchschwaden mit einer Feder. „Manche räuchern ihre Wohnung, um sie zu segnen und zu schützen, andere orakeln im Hinblick auf das neue Jahr.“

Das Räuchern sei auch im Oberallgäu verbreitet und werde immer beliebter als besonderes Mittel zwischen mystischem Erleben und religiösem Ritual, berichtet Heinzelmann. Früher hätten viele Bewohner ihre Ställe geräuchert, nicht wissend, dass sie damals Bakterien abgetötet und Tiere desinfiziert hätten. Heute werde ein Raum energetisch gereinigt. „Zum Beispiel dann, wenn darin gestritten wurde und man danach für eine angenehme Atmosphäre sorgen will“, sagt Heinzelmann. Die Wirkung sei ähnlich der, als würde man ein Zimmer lüften. Die ätherischen Öle der Kräuter wirkten auf das Gehirn und damit auch auf die Empfindungen des Menschen, sagt die Räucher-Expertin. Sie benutzt häufig Weihrauch oder Myrrhe, aber auch Schafgarbe, Salbei oder Beifuß.
Während der Rauhnächte sei möglichst nicht gearbeitet, sondern gefeiert worden und die Zeit in der Familie verbracht worden. Deuten und orakeln sei zwischen Weihnachten bis zum 6. Januar üblich gewesen, erklärt Heinzelmann.
Jede Nacht stehe für einen Monat im Jahr. Die erste Rauhnacht für den Januar, die zweite für den Februar und so weiter. Alles habe in den Rauhnächten eine Bedeutung gehabt. Das Wetter, das Essen, „ob gestritten wurde oder ob es friedlich zuging“, sagt die Duracherin. Weil nach dem Glauben der Menschen damals die Rauhnächte das ganze kommende Jahr in sich bargen, „sind die zwölf Tage und Nächte vorsichtig und wachsam begangen worden“. Das Bleigießen an Silvester erinnere an das Deuten der Zukunft, ans Orakeln in den Rauhnächten.
Im Gegensatz zu Oberbayern seien die Rauhnächte im Oberallgäu nicht verbreitet gewesen, berichtet Kreisheimatpfleger Wechs. Das Räuchern der Ställe und Wohnungen in der Region vor hunderten von Jahren habe nichts mit den Rauhnächten zu tun. „Das war ein christlicher Brauch, bei dem man Weihrauch und Weihwasser verwendet hat. Auf kleinen landwirtschaftlichen Höfen werde der Brauch immer noch gepflegt, um Unheil vom Stall abzuwenden. Tradition im Oberallgäu hätten dagegen die wohl nach dem Ersten Weltkrieg entstandenen Funkenfeuer, um den Winter auszutreiben und die bösen Geister zu verjagen.
Wechs Kollegin Ingrid Müller, Kreisheimatpflegerin im nördlichen Landkreis, spricht von einer „Renaissance des Räuchern hier in der Region“. Die Rituale der Rauhnächte seien vor allem auf den Aberglauben zurückzuführen. „An den zwölf Tagen wurde zum Beispiel keine Wäsche aufgehängt, weil die Menschen davon überzeugt waren, dass das Unglück in der Familie zur Folge hätte“, erzählt Müller.
Furcht und Schrecken
Heimatforscher Eckel hat herausgefunden, dass „ein Heer verstorbener Seelen durch die langsam kürzer werdenden Nächte brauste, an den Fensterläden und Türen rüttelte und die Menschen in Furcht und Schrecken versetzte“. In die Zeit der Rauhnächte fielen auch die „Klopfersdäg“ bzw. „Klopfersnächt“. So hießen früher die drei Donnerstage im Advent. Die Schuljugend und auch ärmere Erwachsene zogen an diesen Tagen von Haus zu Haus, sangen oder riefen zur Türe oder zum Fenster hinein einen altüberlieferten Spruch, klopften dazu an die Türen bzw. Fensterläden und erbaten kleine Geschenke wie Äpfel, Nüsse oder Geld.