Das „Große Loch“ in Kempten ist endgültig verkauft! Zwei baden-württembergische Unternehmen wollen auf der bisherigen Skandalbaustelle ein Haus mit Studentenapartments bauen. Sie setzten sich mit ihrem Preisangebot gegen acht andere Bieter durch. Über den Kaufpreis wurde Stillschweigen vereinbart, teilte der Insolvenzverwalter des Projekts, Florian Zistler, mit. Kemptens Oberbürgermeister Thomas Kiechle war gestern die große Erleichterung über den Geschäftsabschluss anzuhören: „Ich bin erleichtert und freue mich über den Schlussstrich unter dieses lange öffentliche Ärgernis.“

„Wir lieben die Herausforderung, weil jede Immobilie etwas Besonderes ist“, umreißt das Immobilien- und Finanzunternehmen Doma aus Leonberg im Internet seine Aktivitäten. „Unsere Kernkompetenzen liegen in der Entwicklung größerer Wohnbauprojekte und komplexer Mischprojekte mit Bau- und Altlasten sowie in der Konzeption von Umnutzungsplänen.“
Diese Geschäftsbeschreibung passt zielgenau zum „Großen Loch“: Aus einer seit nahezu zehn Jahren brachliegenden Baustelle mit einer halb fertigen Tiefgarage an einer der prominentesten Stellen in Kempten ist eine lukrative Immobilie zu entwickeln. Der Partner von Doma wird die Firma Nowinta aus Leonberg sein. Diese vertreibt in ganz Deutschland Häuser mit sogenannten „Lifestyle- und Microapartments“, die zwischen 18 und 58 Quadratmeter groß sind und teilweise möbliert verkauft werden.
Es war einmal ein Großes Loch...

Was genau in Kempten geplant ist, war gestern nicht zu erfahren. Von beiden Unternehmen war niemand zu einer Stellungnahme zu erreichen. In einer schriftlichen Erklärung hieß es: „Wir freuen uns über den Zuschlag. Das Objekt hat eine Top-Lage in Kempten. Wir werden dort attraktive Studentenapartments errichten. Mit über 6.000 Studenten ist Kempten ein idealer Standort für ein solches Vorhaben.“ Ähnliche Projekte betreibt das Unternehmen in Ingolstadt, Berlin, Nürnberg und Frankfurt.
Das ist ein Feuerwerk wert
Kommentar von Peter Januschke
Gleich am ersten Arbeitstag des neuen Jahres hätten die Kemptener wieder ein Feuerwerk entzünden können: Der Schandfleck „Großes Loch“ verschwindet. Wenn das nicht eine Feier wert ist … Dabei ist es ziemlich egal, was dort entsteht – solange es kein Einzelhandel ist, der die Innenstadtgeschäfte bedroht.
Die Pläne anderer Bieter mit Hotel oder Wohn- und Geschäftsräumen wären genauso recht gewesen wie die jetzt geplanten Studentenwohnungen. Das unternehmerische Risiko der Käufer wird sich trotz des wohl erklecklichen Preises in Grenzen halten, denn in der Hochschulstadt Kempten werden viele kleine Apartments dringend gesucht. Hauptsache ist aber: Das Loch ist bald zu.
Das Konsortium hatte bereits im November Kontakt mit der Bauverwaltung aufgenommen und sich über den Bebauungsplan und technische Details erkundigt. Einen persönlichen Kontakt hatte Kiechle mit den Investoren noch nicht, „ich habe mich bislang bewusst aus dem Verfahren herausgehalten.“ Immerhin hatten sich auch mehrere heimische Bauunternehmen und Investoren für das Projekt interessiert.
"Blaues Auge" für die Stadt Kempten
Der Kaufpreis wird sofort fällig und unter verschiedene Gläubigern aufgeteilt. Die Stadt Kempten ist der größte, gefolgt von einer heimischen Privatbank. Voraussichtlich wird die Stadt nicht die um die vier Millionen Euro zurückbekommen, die sie unter anderem durch Zwangsinvestitionen in Sicherungsmaßnahmen der Baustelle ausgeben musste. Der Oberbürgermeister sprach von einem „blauen Auge“, mit dem man davonkomme. Aus seiner Sicht sei dies aber nicht tragisch, da die Ausgaben einerseits nicht zu vermeiden gewesen seien, andererseits ja dem Wohle der Kemptener Bürger dienten.
Die Stadt wartet jetzt auf eine Bauvoranfrage der Käufer. Es werde unter anderem darum gehen, ob an der verkehrträchtigen Stelle auch im Erdgeschoss Wohnungen entstehen können oder doch eine – unbedenkliche – gewerbliche Nutzung besser ist. Kiechle geht davon aus, dass die neuen Investoren den Bau „zügig“ angehen.