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"Wallers letzter Gang": Regisseur führt Fans an die Drehorte des Kultfilms

Nostalgie-Trip in Isny

"Wallers letzter Gang": Regisseur führt Fans an die Drehorte des Kultfilms

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    Die Schlussszene des Kultfilms "Wallers letzter Gang"
    Die Schlussszene des Kultfilms "Wallers letzter Gang" Foto: Christian Wagner

    „Ich dachte, ich spinne: Wo ist der Bahnhof hingekommen?“ – Als Christian Wagner nach 30 Jahren wieder ins Weitnauer Tal kam, um die Drehorte seines Films „Wallers letzter Gang“ zu besuchen, kannte er sich oft nicht mehr aus. Es hatte sich viel verändert. Den abgerissenen Bahnhof Seltmans beispielsweise suchte der 57-jährige Filmemacher vergebens.

    Gedreht hatte Wagner seinen ersten abendfüllenden Kinofilm um die letzte Reise eines Streckengehers vor allem entlang der Bahnstrecke des Isny-Bähnles, das von 1909 bis 1983 zwischen Kempten und Isny verkehrte. Nun hat er ihn aufwendig digital restauriert (wir berichteten) und bringt ihn wieder in die Kinos. Mit zwei Oldtimerbussen, voll besetzt mit Film-Fans und Mitgliedern aus seinem Team besuchte Wagner markante Drehorte.

    Mit Oldtimern reisen führt Regisseur Christian Wagner seine Fans an die Drehorte
    Mit Oldtimern reisen führt Regisseur Christian Wagner seine Fans an die Drehorte Foto: Ralf Lienert

    Es ist eine Reise in eine entschleunigte Vergangenheit. Im Schneckentempo zieht der Tross, zu dem „Imme“-Motorräder und Oldtimer wie ein Adler-Trumpf aus dem Jahr 1934 gehören, vom Isnyer Kino aus Richtung Weitnauer Tal. Unter den Fahrgästen sind auch Komparsen von einst. Hubert und Gabi Müller-Hofmann aus Rettenberg mischten 1987 bei einer Faschingsball-Szene mit, die in Niedersonthofen gedreht wurde.

    „Weil kein Schnee lag, half die Feuerwehr mit Löschschaum aus“, erinnern sich die beiden. Die Kinder von Barbara und Peter Herlein aus Untermaiselstein, Korbinian (2) und Veronika (6), hatten bei einer Geburtsszene einen „Schlüsselloch-Auftritt“. „Filme machen ist ein Riesenaufwand. Ich schaue seitdem jeden Film mit anderen Augen an“, sagt Hubert Hofmann.

    Für die Außenaufnahme einer Schulhofszene mussten Komparsen und Helfer in Bad Oberdorf in mühsamer Handarbeit den Hof auskiesen – und am Ende wurde die Szene herausgeschnitten. Auch eine andere Szene wurde zwar gedreht, aber nicht verwendet: In der Pension Friedrichsruh bei Hellengerst hatte Wagner einen alten Mann entdeckt, der dort im ersten Stock mit 150 alten, voll funktionsfähigen Uhren hauste.

    Gespannt horchen die Fans den spannenden und amüsaten Erlebnissen des Filmemachers
    Gespannt horchen die Fans den spannenden und amüsaten Erlebnissen des Filmemachers Foto: Ralf Lienert

    „Das war mir am Ende aber doch zu nah dran an der Zeit-Symbolik“, erzählt er bei der Bus-Tour. Beim Halt am Hellengerster Bahnhof, der heute in Privatbesitz ist, berichtet er auch von seinen Filmrecherchen Mitte der 80er Jahre. Ein alter Steckengeher schimpfte ihn eines Tages von den Gleisen herunter – obwohl die Bahn damals schon längst nicht mehr fuhr. Und in Seltmans erinnert er sich, wie er 1987 den Westallgäuer Filmemachern Leo Hiemer und Klaus Gietinger begegnete, die hier für ihren Film „Schön war die Zeit“ die Zelte aufgeschlagen hatten.

    Bei Produktionsleiter Jürgen Tröster liefen die Fäden zusammen. Keine leichte Aufgabe, denn Wagner sei ein Regisseur, der alles penibel umsetzen will – „bis ins kleinste Detail“. Eine traumhafte Kulisse gab für Tröster der „Adler“ in Großholzleute ab, jener denkmalgeschützte Gasthof, in dem 1958 Günter Grass vor der Gruppe 47 erste Kapitel aus seiner „Blechtrommel“ vortrug. „Hier gab es aber auch guten Rotwein“, erinnert sich Tröster.

    Wagners Film erzählt die Lebensgeschichte Wallers, die bis in die 1920er Jahre zurückreicht. Für Atmosphäre sorgen viele alte Fahrzeuge. „Ich hatte nur 2500 Mark dafür eingeplant“, sagt Wagner. „Jeder Oldtimer-Fahrer, der mitmachte, erhielt 50 Mark. Dafür musste er als Komparse fahren und für Sprit und Anreise selber aufkommen.“

    Das Angebot sprach sich herum. So bekam er für wenig Geld ein Sammelsurium an authentischen Oldtimern zusammen – wofür andere Filmemacher Unsummen ausgeben.

    "Wallers letzter Gang" ist ein echter Allgäuer Kultfilm
    "Wallers letzter Gang" ist ein echter Allgäuer Kultfilm Foto: Christian Wagner

    600.000 Mark Produktionskosten hatte Wagner eingeplant. Für einen 100-Minuten-Kinofilm extrem wenig. Erst vier Tage vor Drehbeginn kam die Zusage von der Filmförderrung, das Projekt mit 120 000 Mark zu unterstützen. „Alles war auf Kante genäht“, erzählt der Regisseur. Ohne ein tolles Team mit findigen, kreativen Menschen wäre der Film nicht machbar gewesen. Eine, die sich reinhängte, war Cornelia Beßler aus Bad Hindelang.

    „Ich war auf unzähligen Dachböden, um Requisiten herzuschaffen.“ Viel Arbeit hatte sie, sollte sie doch einen in Urlau (bei Leutkirch) gefundenen Tante-Emma-Laden mit Originalteilen bestücken. Hier holt sich der junge Waller in den 30er und 40er Jahren immer einen Mohrenkopf-Semmel. Und Schmuckstück des Ladens sollte eine alte Registrierkasse sein. „Wenn du mir eine bringst, bekommst du meinen rosaroten Ghettoblaster geschenkt“, hatte ihr Ausstatterin Myriande Heller gesagt. Und? „Ich kriegte beides“, sagt Beßler und lacht.

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