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Serie „Nachtschicht“: Unterwegs mit den Buchloer Gleisbauern bei Vorbereitungen an der Strecke Augsburg-Ulm.

„Nachtschicht“ am Bahngleis

Wenn nachts die Funken fliegen: Unterwegs mit Buchloer Gleisbauern

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    Funkenflug begleitet die Gleisbauer der Firma Spitzke.
    Funkenflug begleitet die Gleisbauer der Firma Spitzke. Foto: Johannes Füssel

    Funken fliegen durch die Nacht und erhellen sie dabei für wenige Augenblicke. In der Luft liegt der unverkennbare Geruch von verbranntem Metall. Plötzlich blinkt die Signalanlage an der Strecke und ihr markantes Geheule warnt die siebenköpfige Mannschaft von Spitzke: Ein Zug kommt. Das wird in dieser Nacht noch mehrmals passieren.

    Auf rund sieben Kilometern wird die Bahnstrecke bei Dinkelscherben erneuert. Und für den Buchloer Trupp bedeutet das unter anderem: Gleise auftrennen und „aufschottern“.

    Alle arbeiten in T-Shirts, obwohl es nur 17 Grad sind in dieser Nacht

    Kurz vor Mitternacht. Gleich ist erst einmal Pause angesagt für das Team rund um Polier Jörg Wobst. Denn für ihn und seine Männer begann die erste Nachtschicht auf der Baustelle schon um 19 Uhr. Und der Job ist anstrengend. Zwar sind es nur rund 17 Grad in der Nacht. Aber die Arbeit ist körperlich anstrengend – und es ist warm durch den Funkenflug. Alle tragen T-Shirts, denn es wird „geflext“. Und wo Späne fliegen und Funken die Nacht erhellen, ist auch Wärme. Zusätzlich strahlt das Gleisbett noch von der Tageshitze. „Kalt ist uns definitiv nicht“, sagt Andre Hahn. Mit 22 Jahren ist er der Jüngste im Team. Der Älteste hingegen ist kurz vor der Rente.

    Die Signalanlage ist jetzt schon länger still geblieben. Es liegt daran, dass inzwischen auch weniger Züge fahren. Während die Ersten durchatmen – gerade haben sie noch am Gleis selbst gearbeitet –, sind die anderen unterwegs. „Sie parken die Wagen um“, so Wobst, der gerade aus seinem Bagger ausgestiegen ist. Mehrere hundert Meter hat sich die Mannschaft bereits vorgearbeitet; dabei die Schienen getrennt und den Schotter hergerichtet.

    Der Zweiwegebagger von Jörg Wobst ist mit Strahlern ausgestattet. Später wird er den Kollegen damit beim Gleisetrennen leuchten.
    Der Zweiwegebagger von Jörg Wobst ist mit Strahlern ausgestattet. Später wird er den Kollegen damit beim Gleisetrennen leuchten. Foto: Johannes Füssel

    Es ist bereits 22 Uhr. An der Bahnlinie zwischen Kutzenhausen nach Dinkelscherben wird gearbeitet. Flutlicht der Bagger erhellen die junge Nacht. Stachelbeeren wachsen wie an vielen Gleisen und machen den Weg zusätzlich zum Gefälle beschwerlich. Währenddessen zieht Wobst mit seinem Bagger die Schottersteine hoch. Denn durch den regelmäßigen Bahnverkehr verteilen sich die Steine. Dabei wird der alte Schotter dann auf Fremdstoffe gesiebt, mit neuem aufbereitet und wieder gleichmäßig verteilt. „Wir nennen das ‚aufschottern‘, damit später dann unsere Maschine alles perfekt aufnehmen kann“, erklärt Wobst.

    Auch der Polier packt mit an

    Als Polier führt er die Mannschaft, die einige hundert Meter weiter vorne Gleise auftrennt. Ein anderes Teammitglied ist ebenfalls mit dem sogenannten Zweiwegebagger unterwegs und schottert ebenfalls auf. Eigentlich müsste Wobst nicht auf dem Bagger sitzen als Polier. „Aber es geht so schneller“, sagt er. Sobald er mit seinem Abschnitt fertig ist, wird er zum Rest des Teams dazustoßen – allein schon deshalb, damit er mit den Lichtern des Baggers leuchten kann.

    Die Gleisbauer wechseln sich beim Auftrennen der Schienen ab. Einerseits sind die Sägen schwer. Aber auch die Hitze macht zu schaffen – obwohl es in der Nacht kühl ist.
    Die Gleisbauer wechseln sich beim Auftrennen der Schienen ab. Einerseits sind die Sägen schwer. Aber auch die Hitze macht zu schaffen – obwohl es in der Nacht kühl ist. Foto: Johannes Füssel

    Während Wobst und sein Team fleißig am Arbeiten sind, patrouillieren drei weitere Männer entlang der Strecke. Sie tragen anders als die Gleisbauer keine orangen Sicherheitswesten, sondern gelbe. Ihr Job: aufpassen, dass die Signalanlage immer funktioniert. So ist ihr markantes Geheule lauter als die verwendeten Maschinen. „Marder beißen gerne mal die Drähte durch“, erklärt Hendrik Breitenbau, einer der Sicherheitsleute. „Oder wütende Anwohner sprühen Bauschaum in die Signalanlage, weil sie das Alarmsignal stört“, sagt er. Alles sei schon mal vorgekommen. Dabei steht das unter Strafe. „Fünf Jahre Haft drohen für diese Art von Eingriff in den Bahnverkehr“, erklärt Breitenbau.

    Die Gleisbauer sind weiter bei der Arbeit. Alle 180 Meter müssen sie die Schienen trennen. Eine Tätigkeit, die tagsüber nicht möglich wäre. „Durch die Hitze des Tages dehnt sich das Eisen aus“, erklärt Wobst. Die Gleise stehen dadurch unter Spannung. So bleibt nur die Nacht dafür. Der Bagger von Wobst ist inzwischen dabei und leuchtet die Arbeitsstelle aus. Mit der Schaufel wird der Funkenflug in die angrenzenden trockenen Felder verhindert.

    Die Baggerschaufel dient als Schild, um den Funkenflug ins trockene Weizenfeld zu verringern.
    Die Baggerschaufel dient als Schild, um den Funkenflug ins trockene Weizenfeld zu verringern. Foto: Johannes Füssel

    Mit den Sägen werden fünf Zentimeter Eisen entfernt, jeweils pro Schiene. Mehrere Minuten vergehen. Als letzten Schritt werden die Schienen festgemacht. Damit kann der Bagger ebenfalls weiterfahren, aber auch die schweren Fahrzeuge für den Gleisaustausch können noch ungehindert rollen. Zunächst ist Pause für das Team angesagt. Eine gute Stunde machen sie immer Pause, so Wobst. Jetzt fliegen auch vorerst keine Funken mehr durch die Nacht.

    Unsere Serie: Nachtschicht

    In unserer Serie „Nachtschicht“ begleiten wir Menschen in Buchloe bei ihrer Arbeit, wenn andere schon Feierabend haben – sei es beim Einkauf in der Großmarkthalle, bei der Koordinierung des Bahnverkehrs im Stellwerk oder unterwegs mit dem Milchsammelwagen. Dieses Mal: durch die Nacht mit Gleisbauern.

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