Wer derbleckt wird, darf nicht beleidigt sein. So lautet in Bayern die eiserne Grundregel in der Starkbierzeit ab Aschermittwoch. Und egal, ob Politiker, Königliche Hoheit oder Unternehmer: Bei der traditionellen Fastenrede von Walter Sirch im Schneiderhanser in Schwangau bekam jetzt wieder jeder sein Fett weg. Ganz besonders erwischte es heuer den Halblecher Bauunternehmer Franz Schichtl. „Ich hab’ gehört, du machst den Jagdschein“, sagte Sirch. Und fügte in Anspielung auf dessen Leibesfülle an: „Da müssen die Hochsitze in Buching aber ganz schön verstärkt werden.“
Der Saal im Schneiderhanser johlte. Und auch der Verschmähte rang sich zu einem Lachen durch. So ist's eben der Brauch in der Starkbiertzeit in Bayern. Deftig und derb, aber nie unter der Gürtellinie.
Starkbieranstich im Schneiderhanser: Füssen bekommt wieder eine mit
Dass dabei vor allem die Großkopferten was abbekommen, gehört dazu. Schon ein Klassiker sind dabei Sirchs Pointen über die Finanzmisere der Stadt Füssen. An Bürgermeister Max Eichstetter gerichtet sagte er: „Du schaust ja schon ganz eingefallen aus, so sehr nagst du am Hungertuch.“
Ganz anders sei es da in Schwangau, wo die Vorzimmerdame im Rathaus das entscheide, wofür es in Füssen aus Geldmangel einen Stadtratsbeschluss braucht. „Aber Max, du hast es natürlich nicht leicht, an dem Projekt Füssen zu entschulden, sind schon Generationen vor dir gescheitert“, sagte Sirch. „Seit den Römern.“

Beim Schwangauer Rathaus-Chef Rinke tat er sich schwerer, überhaupt was Negatives zu finden, wie er gestand. Dann mussten es halt Versprecher sein. Etwa, als der Bürgermeister beim Bundeswehrappell vergangenes Jahr als „Herr Reinke“ vorgestellt wurde. Oder wie Innenminister Joachim Herrmann kürzlich bei einem Besuch mehrfach betonte, wie gut es ihm in Schongau gefalle.
Wie gewohnt gut informiert nahm der Sulzschneider Sirch aber auch das Geschehen in der Region aufs Korn. So etwa die Razzia auf dem Tegelberghaus wegen Schwarzarbeit. „Hätte man das nicht verrechnen können, schließlich hat der ehemalige Wirt doch dort mal einen Mörder geschnappt“, fragte er.

Für Spott sorgt auch der Siebensteinbrunnen in Füssen
Zur Sprache kam natürlich auch der Siebensteinbrunnen in Füssen. Dieser hat inzwischen zweifelhafte Bekanntheit erlangt. Monatelang nur eingeschränkt oder gar nicht in Betrieb, stellte sich jetzt heraus, dass hunderttausende Liter Wasser dort einfach im Boden versickerten. „Das ist doch ein Garantiefall“, sagte Sirch und schlug vor, die Sparkasse als damalige Geschenkgeberin solle die Kosten übernehmen. „Geld genug habt's ihr doch im Gegensatz zu Füssen.“
Spott gab es auch für die Tegelbergbahn, die den Winter-Saisonstart einmal mehr zu Weihnachten verpasst habe und erst am 28. Dezember mit den Schleppliften startete, als der Schnee schon wieder taute. „Dafür habt's ihr jetzt die höchst gelegene Schulglocke Hollands“, sagte Sirch. Dabei spielte er auf das neu geschaffene Magnus-Marterl am Tegelberg an. Dort hängt eine Glocke, die früher in Dänemark schlug. Ein paar Kilometer nördlich zwar, als Sirch es in seiner Rede gesagt hatte. Aber so genau geht es beim Derblecken ja nicht.

Walter Sirch kann auch über sich selbst lachen
Elementar ist dabei natürlich auch, über sich selbst lachen zu können. Und Sirch machte diesmal durchaus auch Scherze auf eigene Kosten. Zum neuen Polizeichef Daniel Solcher, der mit seiner Nichte verheiratet ist, sagte Sirch: „Gell, du weißt schon, in Füssen krieg ich frei nie irgendwelche Strafzettel.“
Und zum eingangs derbleckten Franz Schichtl sagte er: „Vielleicht komm’ ich mal mit auf die Jagd, dann müssen sie die Hochsitze aber ganz bestimmt baulich verstärken.“
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