Allgäuer Politiker wollen den auf Jahre gestrichenen Fernverkehr der Bahn in die Region nicht hinnehmen. Die Oberbürgermeister Thomas Kiechle (Kempten) und Stefan Bosse (Kaufbeuren) sowie die Landrätinnen Indra Baier-Müller (Oberallgäu) und Rita Zinnecker (Ostallgäu) fordern, die Fernverkehrsverbindungen ab 4. November wieder aufzunehmen. Zudem wollen sie eine schriftliche Zusage, dass diese täglichen Verbindungen über das Jahr 2027 hinaus gesichert sind.
Wegen eines massiven Kabelschadens im Stellwerk Oberstdorf lässt sich im dortigen Bahnhof nur eines von fünf Gleisen nutzen. Deshalb gibt es nach Abschluss der Bahnbaustelle bei Sonthofen Anfang November weiter Einschränkungen im Nahverkehr zwischen Sonthofen und Oberstdorf. Die zwei täglichen Intercitys aus Hamburg und Stuttgart sind ganz gestrichen.
Dabei hatte DB Fernverkehr erst Ende Juli eine Fernverkehrslok eingeweiht, die mit dem Schriftzug „Allgäuer Hochalpen“ Werbung für eine nachhaltige touristische Anreise macht. Das Bergmotiv trägt den Slogan „Natürlich Urlaub mit Bahn & Bus – Naturschutzgebiet Allgäuer Hochalpen“.
Gestrichene Intercitys ins Allgäu: Politiker üben harsche Kritik
Daran erinnern die Politiker, die auch an der Spitze von Allgäu GmbH, Tourismusverband Allgäu/Bayerisch-Schwaben und Regionalem Planungsverband Allgäu stehen, jetzt den DB-Konzernbevollmächtigten Heiko Büttner. Das Schreiben erhielten zudem mehrere Minister sowie alle Allgäuer Land- und Bundestagsabgeordneten. Die ersatzlose Einstellung des Fernverkehrs für mehrere Jahre sei "nicht akzeptabel".
Das Allgäu als größte Tourismusregion (13,3 Millionen Übernachtungen) in Deutschland sei am schlechtesten an den Fernverkehr angebunden, schreiben die Oberallgäuer Landrätin und die Mitunterzeichner. Die Insel Sylt (4,5 Millionen Gästeübernachtungen) habe bis zu vier IC-Direktverbindungen pro Tag, Rügen (sieben Millionen Übernachtungen) sogar neun. Die umsteigefreie Erreichbarkeit sei ein wesentlicher Standortfaktor. Nötig seien Übergangslösungen, die sicherstellen, dass das Allgäu aus Richtung Nordrhein-Westfalen und Hamburg ohne Umstieg erreichbar ist.
Das südliche Oberallgäu ein Verspätungsschwerpunkt in Bayern
Zum Zustand der Bahn schreiben die Politiker: "Leider gehören ständig neu auftretende Langsamfahrstellen und Sperrungen zum Alltag der Bahn im Allgäu." Zwischen 2018 und 2021 gab es demnach allein an den alten Stellwerken in Kempten, Fischen und Oberstdorf 343 Störungen im Zusammenhang mit der Leit-/Sicherungstechnik oder Bahnübergängen. Das südliche Oberallgäu sei ein Verspätungsschwerpunkt in Bayern. Dazu kämen Ausfallquoten von teilweise über zehn Prozent.
Weiter fordern die Politiker, dass die zuständige "DB InfraGo" eine ergänzende stündliche Expressbusverbindung zwischen Immenstadt und Oberstdorf finanziert. Allein aus Sonthofen, Blaichach und Immenstadt pendelten täglich über 1000 Beschäftigte nach Oberstdorf.