Gut eine Woche nach dem tödlichen Unfall in Kaufbeuren-Neugablonz ist der mutmaßliche Verursacher gefasst. Der 21-Jährige wurde in Polen verhaftet und wartet nun auf seine Auslieferung nach Deutschland, wo ihm wohl in einigen Monaten der Prozess gemacht wird. Im Raum steht dabei der Verdacht des Mordes und damit eine mögliche lebenslange Freiheitsstrafe. Warum ist das so? Hier Fragen und Antworten.
Wegen was wird bei einem tödlichen Verkehrsunfall ermittelt?
Wenn ein Mensch bei einem Verkehrsunfall ums Leben kommt, kann das rechtlich unterschiedlich bewertet werden. So könnte der oder die Schuldige vom Gericht unter anderem wegen
- fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB)
- Totschlag (§ 212 StGB)
- Gefährdung des Straßenverkehrs mit Todesfolge (§315c StGB)
- verbotenem Kraftfahrzeugrennen mit Todesfolge (§ 315d Abs. 5 StGB)
- oder eben wegen Mordes (§2111 StGB) verurteilt werden.
Wer wegen Mordes verurteilt wird, muss mit einer lebenslangen Freiheitsstrafe rechnen. Das sind also mindestens 15 Jahre hinter Gittern, in der Regel deutlich länger.
Wann wird ein Unfallverursacher wegen Mordes verurteilt?
Damit ein Autofahrer nach einem Unfall wegen Mordes verurteilt wird, muss ein sogenanntes Mordmerkmal vorliegen. Diese Mordmerkmale sind im Strafgesetzbuch definiert. Mörder ist demnach zum Beispiel, wer
- heimtückisch
- mit gemeingefährlichen Mitteln
- zur Verdeckung einer Straftat
- aus niedrigen Beweggründen
vorsätzlich getötet hat.
In den vergangenen Jahren stieg die Zahl der Fälle, in denen Gerichte tödliche Unfälle als Mord bewertet haben. Hier kamen die Richter etwa zum Schluss, dass Unfallopfer die tödliche Gefahr nicht erkennen konnten (Heimtücke), das Auto als gemeingefährliches Mittel missbraucht wurde, oder der Todesfahrer aus niedrigen Beweggründen handelte, zum Beispiel, weil er unbedingt schneller sein wollte als ein anderer Autofahrer.
Entscheidend für eine Verurteilung wegen Mordes ist immer auch, ob bei dem verantwortlichen Fahrer oder der Fahrerin ein sogenannter Tötungsvorsatz vorlag. Vorsatz heißt nicht gleich, dass der Unfallfahrer wirklich mit Absicht gehandelt hat. Aber das Gericht muss zum Schluss kommen, dass der Beschuldigte bei seiner Fahrt den Tod eines anderen zumindest billigend in Kauf genommen hat.
Im Fall des tödlichen Unfalls in Kaufbeuren argumentiert die Staatsanwaltschaft genau so. Man habe den Verdacht, dass „der Beschuldigte auf Grund seiner Fahrweise einen Verkehrsunfall und damit die schwere Verletzung und den Tod anderer Verkehrsteilnehmer billigend in Kauf nahm“.
Welche Rolle spielt die Geschwindigkeit in solchen Fällen?
Wer auf deutschen Straßen rast, begeht kein Kavaliersdelikt. Das gilt vor allem für illegale Autorennen. 2017 wurde die Teilnahme an solchen Rennen in Deutschland von der Ordnungswidrigkeit zur Straftat hochgestuft. Seitdem verhängen Gerichte durchaus harte Strafen gegen Teilnehmer an illegalen Autorennen, vor allem dann, wenn Unschuldige dabei zu Tode kommen.
Übrigens gehören zu einem „Rennen“ im strafrechtlichen Sinne nicht unbedingt zwei Autofahrer, die gegeneinander „antreten“. Es reicht auch eine Person, die sich „als Kraftfahrzeugführer mit nicht angepasster Geschwindigkeit und grob verkehrswidrig und rücksichtslos fortbewegt, um eine höchstmögliche Geschwindigkeit zu erreichen“. Wenn in so einem Fall eine andere Person zu Tode kommt, stehen nach § 315d StGB bis zu zehn Jahre Gefängnis im Raum.
Das sind die härtesten Urteile der vergangenen Jahre gegen Autoraser
Juli 2025: Im Prozess um ein illegales Autorennen, bei dem ein zweijähriges Kind getötet wurde, verurteilt das Landgericht die 23 und 25 Jahre alten Angeklagten zu Gefängnisstrafen von siebeneinhalb beziehungsweise sieben Jahren. Die Verurteilten hatten sich mit ihren Autos in Hamburg-Billstedt ein Rennen geliefert. Sie waren laut Anklage mit weit über 150 km/h unterwegs, als das Auto der Familie des getöteten Kindes auf die Straße einbog - auf der Rückbank der kleine Junge und sein Zwilling in ihren Kindersitzen. Bei der Kollision starb der eine Zwilling, der andere wurde ebenso wie die Mutter schwer verletzt.
Mai 2025: Das Landgericht Gera verurteilt einen 25-Jährigen wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Der Angeklagte hatte sich mit einem Arbeitskollegen auf einer Landstraße ein Autorennen geliefert. Bei einem Überholmanöver stieß er frontal mit einem entgegenkommenden Auto zusammen, dessen Fahrerin (21) starb.
Juli 2024: Nach einem verbotenen Autorennen, bei dem zwei Kinder ums Leben kamen, wird eine 42-Jährige vom Landgericht Hannover zu lebenslanger Haft verurteilt. Ein ebenfalls angeklagter 41-Jähriger muss vier Jahre ins Gefängnis. Das Urteil fiel wegen Mordes in zwei Fällen, versuchten Mordes, gefährlicher Körperverletzung und eines illegalen Autorennens mit Todesfolge. Die beiden Angeklagten hatten sich nahe Hannover ein verbotenes Autorennen geliefert. In einer Kurve verlor die Frau die Kontrolle über ihren Wagen und stieß mit einem entgegenkommenden Wagen zusammen.
November 2023: Das Landgericht Wiesbaden verurteilt einen 25-jährigen Raser wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Der Mann war „wegen des Kicks“ mit bis zu Tempo 130 durch Wiesbaden gerast. Dann stieß er mit einem Auto zusammen, dessen Fahrer, ein junger Vater, getötet wurde.
Januar 2022: Auf dem Berliner Kurfürstendamm liefern sich zwei junge Männer mit Sportwagen ein Rennen. Sie sind mit bis zu 170km/h unterwegs, als es an einer Kreuzung zur Kollision mit dem Wagen eines 69-Jährigen kommt. Dieser stirbt. Einer der beiden Raser wird später wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt, der andere Raser nach jahrelangem Rechtsstreit wegen versuchten Mordes zu 13 Jahren Freiheitsstrafe.
März 2021: Das Landgericht München verurteilt einen Autofahrer wegen Mordes, Mordversuches, gefährlicher Körperverletzung und verbotenen Kraftfahrzeugrennens mit Todesfolge zu lebenslanger Haft. Der Mann war auf der Flucht vor einer Polizeikontrolle durch die Stadt gerast und erfasste dabei zwei 14 und 16 Jahre alte Jugendliche, die gerade die Straße überquerten. Der 14-Jährige starb, die 16-Jährige wurde schwer verletzt. (mit dpa)
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