Bei den jüngsten Grabungen im Archäologischen Park Cambodunum (APC) bestätigten sich die bisherigen Vermutungen der Wissenschaftler: Unter den Steinmauern des ersten römischen Forums von Kemptens Vorgängerstadt Cambodunum hat es offenbar ein Forum aus Holz gegeben. Dies dürfte den Beginn der römischen Stadt auf dem Ufer oberhalb der Iller markiert haben. Bisher wurde angenommen, dass die Römer die Stadt um die Zeitenwende herum planmäßig angelegt haben. Nun datiert Grabungsleiter Salvatore Ortisi, Archäologie-Professor an der Universität München, die römischen Anfänge noch etwas früher. „Ich denke, dass die Stadt etwa ab dem Jahr fünf vor Christi Geburt entstanden ist“, sagte er am Ende der Grabungen.
Ortisi war mit etlichen Studierenden der Ludwig-Maximilians-Universität angerückt. Wie in den vergangenen Jahren gruben sie sich mit Schaufeln und Hacken gezielt in die Tiefe, geschützt durch ein Zelt. Auch dieses Mal nahmen sie – wie schon im Jahr 2024 – das erste steinerne Forum ins Visier, das laut Professor Ortisi wohl um das Jahr 20 herum gebaut wurde. Dazu legten sie auf der Rückseite des Forums, an der Schnittstelle zur einstigen Wohnbebauung, Mauern frei und sammelten die Funde in Kisten, etwa Tonscherben und Knochen, um sie später in München auszuwerten.
Das erste Forum von Cambodunum aus Holz ist abgebrannt
Bei den Grabungen bestätigte sich, dass es vor dem ersten steinernen Forum ein aus Holz errichtetes Forum gegeben haben muss. Als Beleg dafür gilt laut Ortisi die Konstruktion von tiefer liegenden Mauern, in denen offensichtlich einst Holzbalken eingesetzt waren. Wie groß dieser erste zentrale Platz von Cambodunum war, ist allerdings offen. „Die Funde zeigen aber, dass es nicht viel kleiner war als das Steinforum.“
Ortisi zufolge ist das erste hölzerne Forum abgebrannt, das haben verkohlte Balken gezeigt, die bereits im vergangenen Jahr gefunden wurden. Vermutlich habe es sich um ein Unglück gehandelt, sagt der Archäologe über die Brandursache. Der Zeitpunkt könne nicht genau datiert werden.
Offenbar kooperierten die hier lebenden Kelten mit den römischen Eroberern
Immer klarer ist hingegen für den Archäologie-Professor aus München, dass die Römer Cambodunum schon ein paar Jahre vor Christi Geburt im Zuge des Urbanisierungs-Programms des Kaisers Augustus (63 vor Christus bis 14 nach Christus) zu bauen begannen. Die Römer eroberten das Gebiet in unserer Region ab dem Jahr 15 vor Christus, als Tiberius mit seinem Heer an den Bodensee bei Bregenz gekommen war. Für den Aufbau der Verwaltung in den neuen Städten waren zentrale Orte nötig – wie Cambodunum. Die bis dahin hier lebenden Kelten leisteten keinen großen Widerstand, glaubt Ortisi. Seiner Ansicht nach kooperierten die an der Iller lebenden Estionen mit den Eroberern aus dem Süden. Darauf deute unter anderem die schnelle Errichtung Camdodunums hin. „Für den Bau der Stadt floss viel Geld aus Rom“, sagt Ortisi. Weil sie so früh planmäßig angelegt war, reklamierte Kempten vor einigen Wochen den Titel, noch vor Trier älteste Stadt Deutschlands zu sein, für sich.
Glücklich über die Grabungsergebnisse zeigt sich Kemptens Stadtarchäologin Maike Sieler. „Das war eine sehr erfolgreiche Kampagne.“ Sie habe nicht nur den Blick auf die Anfänge geschärft, sondern auch das Wissen über die spätere Phase der Stadt erweitert. Überraschend seien nämlich Belege dafür gefunden worden, dass auch Ende des zweiten Jahrhunderts noch öffentliche Bauten errichtet worden sind. Ein Beleg dafür, dass Cambodunum eine große Bedeutung hatte, obwohl die Stadt nicht mehr Sitz des römischen Statthalters war.
Einmal mehr wurde die dreiwöchige „Schaugrabung“ ihrem Namen gerecht: Immer wieder schauten Interessierte vorbei und ließen sich informieren. Im Sommer nächsten Jahres rücken die Münchner Archäologen wieder an, um weiterzugraben.
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