Das haben weder die Fans noch die Experten erwartet: Mitten in der Saison hat Red Bull das Ruder herumgerissen. Bisher schien Oscar Piastri im McLaren wie auf Schienen auf seinen ersten Weltmeistertitel zuzusteuern. Groß ist der Vorsprung des Australiers (324 Punkte), der die WM-Wertung vor seinem Markenkollegen Lando Norris (299) anführt. Max Verstappen (255) auf Rang drei schien bis vor zwei Rennen nur noch um den Titel „best of the rest“ zu kämpfen. Mit seinen beiden Siegen in Monza und zuletzt vor knapp zwei Wochen in Baku holte Verstappen aber satte 35 Punkte auf den WM-Spitzenreiter Piastri auf. Der Niederländer ist viel zu ehrgeizig, um in den restlichen sieben WM-Läufen nur noch Schadensbegrenzung zu betreiben.
Ist es nur ein Strohfeuer oder wird die WM noch einmal spannend? Verstappen gab sich zuletzt ungewohnt zurückhaltend. Er betonte, dass es noch zu früh sei, von einem Comeback im Titelrennen zu sprechen. Es sei jedoch unbestreitbar, dass Red Bull in den vergangenen Wochen signifikante Fortschritte gemacht habe. Der neue Unterboden, der bereits in Monza zum Einsatz kam, wirkt sich offenbar auf die Stabilität des Wagens aus. Red-Bull-Teamchef Laurent Meckies hatte nach dem Baku-Triumph analysiert: „Einige der Verbesserungen haben sich in den Daten gezeigt.“
Der Kurs am kommenden Sonntag in Singapur (Start: 14 Uhr/Sky) lag den Red-Bull-Autos allerdings noch nie besonders. Der bislang letzte Sieg gelang im Jahr 2022. Verstappen hat dort noch nie gewonnen. Singapur mit seinen vielen langsamen Kurven verlangt viel Abtrieb am Auto. Das bedeutet: Um den Grip zu erhöhen, muss der Bolide mit seinen aerodynamischen Bauteilen wie Flügeln oder Spoilern an den Asphalt gepresst werden. „Das war unsere Achillesferse“, räumte Meckies ein. Doch der Rennstall wird sich Lösungen einfallen lassen. Auch vor dem Baku-Rennen galt Verstappen nicht unbedingt als Sieganwärter und schockte die Konkurrenz nach der Pole Position mit einem Start-Ziel-Sieg.
Singapur: Körperlich eines der anstrengendsten Rennen der Saison
Das Nachtrennen auf dem Stadtkurs in der Marina Bay stellt alle Fahrer vor besondere Herausforderungen. Der Große Preis von Singapur ist eines der körperlich anstrengendsten Rennen der Saison. Die hohe Luftfeuchtigkeit, die hohen Temperaturen und die Stop-and-Go-Charakteristik der Strecke, die ständiges Beschleunigen erfordert, machen es so besonders.
In der Formel-1-Pause am vergangenen Wochenende holte sich Verstappen mit einem Sieg neue Energie. Der Ausflug in die Langstrecken-Serie machte dem Niederländer Spaß. In einem Ferrari 296 GT3 düpierte der viermalige Formel-1-Weltmeister auf der Nordschleife des Nürburgrings seine Konkurrenz. Mit einem famosen Auftritt in der ersten Hälfte des Vier-Stunden-Rennens legte er den Grundstein zum späteren Erfolg seines Teams. Verstappen bleibt im Siegmodus.
Die Konkurrenten von Red Bull werden nervös
Die Nervosität bei der Konkurrenz ist gestiegen. Andrea Stella, Teamchef beim bisher dominierenden McLaren-Rennstall, sieht in Verstappen einen ernsthaften Titelkandidaten. Schließlich stehen noch sieben Grand Prix und drei Sprintrennen aus. 199 Zähler sind maximal noch zu holen. 69 Punkte beträgt der Vorsprung von Piastri auf Verstappen. Fakt ist allerdings auch, dass ein solcher Rückstand in der Geschichte der Formel bisher nicht aufgeholt werden konnte.
Das Singapur-Rennen könnte einen Fingerzeig für das Saisonfinale geben. Helmut Marko, Motorsportberater von Red Bull, meinte mit Blick auf den WM-Titel und die Chancen seines Schützlings Verstappen vor dem Singapur-Rennen: „Wenn wir dort auch gewinnen, dann überlege ich auch noch mal...“
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