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Kanzlerschaft von FPÖ-Chef Herbert Kickl wird wahrscheinlicher

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FPÖ-Chef Kickl steht kurz vor der Ziellinie

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    Herbert Kickl, Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), zeigt den Daumen nach oben, als er in einem Wahllokal ankommt, um seine Stimme bei der Nationalratswahl abzugeben.
    Herbert Kickl, Vorsitzender der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ), zeigt den Daumen nach oben, als er in einem Wahllokal ankommt, um seine Stimme bei der Nationalratswahl abzugeben. Foto: Helmut Fohringer, dpa

    Er sei ein „Sicherheitsrisiko“, mit ihm sei „kein Staat zu machen“, er sei der „Zerstörer“, habe als damaliger Innenminister den österreichischen Verfassungsschutz „zerschlagen“ – so sprachen in den vergangene Monaten führende ÖVP-Politiker über den Mann, der die vergangenen Nationalratswahlen deutlich gewonnen hatte. Jetzt steht Herbert Kickl, den der baldige Ex-Kanzler und Ex-Chef der ÖVP, Karl Nehammer, als Rechtsextremen bezeichnet hat, unmittelbar vor dem Erreichen seines großen Ziels: Bundeskanzler einer von seiner FPÖ geführten Regierung zu werden. Am Sonntag folgte nach zwei chaotischen Tagen der vorläufig letzte Akt eines politischen Umwälzungsprozesses, der Österreich wohl in Kürze eine rechtsextreme Regierung bringen wird.

    Am frühen Nachmittag trat Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen vor die Kameras: Er habe mit zahlreichen Politikern gesprochen, und ihm sei klar, dass in der ÖVP „jene Stimmen immer leiser werden“, die Herbert Kickl als Bundeskanzler ausschließen würden. Und so habe er, Van der Bellen, diesen kurzerhand angerufen – und Herbert Kickl für Montag, 11 Uhr vormittags, zu einem persönlichen Gespräch zu sich in die Hofburg eingeladen. Im Handumdrehen war damit Van der Bellens Veto-Ansage gegen Kickl als möglichen Bundeskanzler Geschichte: Die ÖVP hatte Fakten geschaffen, dem Präsidenten blieb nur mehr, das Gesicht zu wahren.

    FPÖ-Chef Herbert Kickl wird den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten

    Herbert Kickl wird den Auftrag zur Regierungsbildung erhalten – und die Konservativen werden mit ihm verhandeln. Das sagte am Sonntagnachmittag, kurz nach Van der Bellens Auftritt, der neue Mann an der ÖVP-Spitze: Christian Stocker, bisher ÖVP-Generalsekretär und ab sofort geschäftsführender Parteichef – vorerst nur „interimistisch“. Dahin sind damit die monatelangen, stereotyp wiederholten Beteuerungen von Stocker und vielen weiteren ÖVP-Spitzenpolitikern, mit Kickl sicher keine Regierung bilden zu wollen. Jetzt sei eben alles anders, sagte Stocker auf die Fragen der Journalisten, ob er, ob die ÖVP zu ihrem Wort stehe. Immerhin hätten sich im Wahlkampf alle Parteien so manche Grauslichkeit vorgeworfen, auch Kickl sei ja „nicht zimperlich gewesen“, und der SPÖ-Chef Andreas Babler auch nicht. Man habe lange genug versucht, eine Regierung ohne die FPÖ zu bilden – und jetzt müsse man eben mit Kickl reden.

    Verantwortlich für den raschen Schwenk in der ÖVP sind vor allem Wirtschaftstreibende und Industrielle – sie waren es dem Vernehmen nach, die nach dem Verhandlungs-Ausstieg der liberalen NEOS am Freitagmorgen dem mit dem Rücken zur Wand stehenden Karl Nehammer klargemacht hatten, was nun zu geschehen habe. Dass man lieber mit Kickl und als Juniorpartner der extremen Rechten regieren will als sich mit Liberalen und Sozialdemokraten mühsam auf einen Kompromiss zu einigen, daraus hatten Vertreter von Wirtschaftsbund und auch der Industriellenvereinigung direkt nach der Nationalratswahl kein Hehl gemacht.

    Gibt sich Kickl mit ÖVP-Mann Stocker als Verhandlungspartner zufrieden?

    Und so wurde Nehammer kurzerhand das Pouvoir entzogen, Nehammer zog sich zurück – in den Stunden des Samstagabends wurde bereits ein ÖVP-Mann aus Oberösterreich als neuer Parteichef gehandelt. Dort, in Oberösterreich, koaliert die ÖVP bereits seit Jahren mit der FPÖ. Dass der Mann – Wolfgang Hattmannsdorfer – als mutmaßliche Wunschkandidat der in Oberösterreich besonders starken Wirtschafts- und Industriefraktion der ÖVP dann doch nicht zum Zug kam, kann als interne Machtdemonstration der niederösterreichischen Landespartei unter Johanna Mikl-Leitner gesehen werden. Stocker kommt wie Karl Nehammer aus der niederösterreichischen ÖVP. Mit ihm an der Parteispitze behält Mikl-Leitner in der ÖVP im Hintergrund weiter die Fäden in der Hand.

    Offen bleibt, ob FPÖ-Chef Kickl sich mit Stocker als kleinerem Verhandlungspartner zufriedengeben wird. Der FPÖ-Chef, der sich gerne in NS-Rhetorik als kommender „Volkskanzler“ bezeichnet, blieb auch am Sonntag erstaunlich ruhig. Nur in sozialen Medien äußerte sich Kickl schriftlich: Langsam, war dort zwischen den Zeilen zu lesen, bewege sich doch alles in die richtige, in seine Richtung.

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