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Kommentar: Warum Österreich nun eine rechtsextrem geführte Regierung droht

Kommentar

Warum Österreich nun eine rechtsextrem geführte Regierung droht

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    FPÖ-Chef Herbert Kickl anlässlich eines offiziellen Treffens nach der Wahl in der Präsidentschaftskanzlei.
    FPÖ-Chef Herbert Kickl anlässlich eines offiziellen Treffens nach der Wahl in der Präsidentschaftskanzlei. Foto: Helmut Fohringer. dpa

    Wer in diesen Stunden nach Österreich blickt, dem könnte durchaus schwindelig werden: Innerhalb der letzten 48 Stunden hat sich in der Alpenrepublik ein Chaos entfaltet, das selbst an den Maßstäben der letzten Jahre seinesgleichen sucht. Am Freitag verließen die liberalen NEOS die Regierungsverhandlungen mit der konservativen ÖVP und den Sozialdemokraten, Karl Nehammer, Noch-Bundeskanzler und ÖVP Chef Karl Nehammer und Andreas Babler, der Chef der SPÖ, versicherten noch am Freitagnachmittag dem Bundespräsidenten Alexander Van der Bellen, weiter verhandeln zu wollen – doch schon am Samstagabend ist Nehammer als ÖVP-Chef wie auch als Bundeskanzler Geschichte. Österreich erlebt die wohl schwerste politische Krise seit 1945 und das gesamte Land wie auch das europäische Ausland blickt fassungslos und kopfschüttelnd auf die Bildschirme und das schaurige Spektakel, das die österreichische Politik darbietet.

    Es hätten sich wohl „jene Kräfte in der ÖVP durchgesetzt, die sie jeher mit der FPÖ geliebäugelt“ hätten, sagte SPÖ-Chef Babler. Der Sozialdemokrat streute dem – baldigen – Ex-Bundeskanzler Nehammer Rosen, würdigte dessen Bereitschaft, in den Verhandlungen doch noch weiterzukommen, doch noch einen Kompromiss zu erzielen. Und allem Anschein dürfte Bablers Bilanz nicht fern der Realität liegen: Seit Wochen drängten in den Reihen der ÖVP vor allem Industrielle auf Koalitionsverhandlungen mit dem eigentlichen Wahlsieger vom vergangenen September, dem rechtsextremen Chef der FPÖ, Herbert Kickl. Und genau das gilt in Wien nun als das wahrscheinlichste Szenario.

    ÖVP tritt wohl in Verhandlungen mit extrem rechter FPÖ

    Schon am Sonntag wird in den Gremien der ÖVP ausgemacht werden, wie es nun weitergeht. Zu diskutieren sind zwei Szenarien. Erstens: Eine Rückkehr von Ex-Kanzler Sebastian Kurz als ÖVP-Chef. Eine solche würde für den gefallenen Star der ÖVP (Kurz arbeitet nun für den US-Tech-Milliardär Peter Thiel, der kein Hehl daraus macht, die Demokratie abschaffen zu wollen) nur dann Sinn machen, wenn es Neuwahlen geben würde. Nicht wenige in der ÖVP wollen genau das, erhoffen sich mit Kurz eine bessere Chance, die in weiten Teilen rechtsextreme FPÖ von Herbert Kickl doch noch in die Schranken zu weisen. Das Kurz-Comeback ist aber nicht nur aufgrund der verbrannten Erde, die Kurz hinterlassen hat – Stichwort Korruptionsermittlungen und -skandale – unwahrscheinlich. Zentraler ist die enorme Abneigung, die FPÖ-Chef Kickl seinem ehemaligen Kanzler entgegenbringt. Würde Kurz in Neuwahlen gegen Kickl antreten und scheitern, wäre dies Kurz‘ endgültiges politisches Aus. Also zweitens: Weil Neuwahlen für die ÖVP ein solches Risiko bergen, wird nach Nehammers Rückzug wohl flugs ein neuer ÖVP-Chef in Koalitionsverhandlungen mit den extremen Rechten treten. Entsprechende Namen kursieren am politischen Parkett in Wien schon seit dem Freitagnachmittag.

    Die Chancen auf eine pro-europäische Wende und auf eine Absage an Nationalismus, kurz, auf ein Schicksal, wie es viele Nachbarländer Österreichs erleben, sind damit wohl Geschichte. Diese Verantwortung tragen auch die Liberalen, die auch aufgrund innerer Dynamiken – und wohl auch auf Zuruf besonders harter, wirtschaftsliberaler Kräfte in den eigenen Reihen – die politische Bühne verlassen haben. Diese Bühne gehört nun jenen Kräften, die Österreich in weitaus gefährliche politische Fahrwasser steuern werden.

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