Stress, Angstzustände, Depressionen: Eine neue WHO/Europa-Studie zeigt, dass Pflegekräfte und Ärzte in Europa an der Grenze ihrer psychischen Belastbarkeit stehen oder diese bereits überschritten haben.
Pflegekräfte unter Dauerstress: Depressionen und Suizidgedanken
Für die WHO/Europa-Studie wurden Pflegekräfte und Ärzte aus der EU, Island und Norwegen befragt. Die Ergebnisse zeichnen ein dramatisches Bild:
- Suizidgedanken sind bei Ärzten und Pflegekräften doppelt so häufig wie in der Allgemeinbevölkerung
- Jede dritte medizinische Fachkraft kämpft mit Depressionen und mehr als ein Zehntel von ihnen hat schon einmal daran gedacht, sich das Leben zu nehmen oder sich selbst zu verletzen
- Überlange Schichten, befristete Verträge und Nachtarbeit erhöhen den Druck zusätzlich
- Ein Drittel aller Ärzte und Pflegekräfte erlebte im vergangenen Jahr Mobbing oder gewalttätige Drohungen am Arbeitsplatz
- 10 Prozent berichteten von körperlicher Gewalt oder sexueller Belästigung
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Trotz dieser extremen Belastung bleiben viele Fachkräfte engagiert: Drei Viertel der Ärzte und zwei Drittel der Pflegekräfte empfinden ihre Arbeit als sinnvoll. Der Studie zufolge ein Hinweis darauf, dass die Beschäftigten im Gesundheitswesen ihren Beruf mit Leib und Seele ausüben, aber gezielte Unterstützung benötigen, um ihre Arbeit erledigen und die Patienten wirksam versorgen zu können.
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Angst und Depression in der Pflege
Die enorme psychische Belastung hat laut der Studie weitreichende Folgen. Je nach Land gaben bis zu 40 Prozent der Ärzte und Pflegekräfte mit Symptomen von Depressionen an, innerhalb der vergangenen zwölf Monate krankgeschrieben gewesen zu sein. Zwischen elf Prozent und 34 Prozent denken darüber nach, ihren Arbeitsplatz aufzugeben. Ein Alarmsignal für die ohnehin angespannte Personalsituation im Gesundheitswesen.
WHO/Europa warnt: „Dieser Kompetenzverlust kann dazu führen, dass Patienten längere Wartezeiten in Kauf nehmen müssen und die Qualität der Versorgung sinkt und dass die Gesundheitssysteme wichtiges Personal verlieren. Am Ende zahlen alle den Preis.“
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So können Pflegekräfte entlastet werden
WHO/Europa empfiehlt konkrete Schritte, um den Druck zu verringern und die psychische Gesundheit zu schützen:
- Null-Toleranz gegenüber jeglicher Art von Gewalt
- Verbesserung der Vorhersehbarkeit und Flexibilität von Schichten
- Faire Handhabung von Überstunden und Aufbau einer positiven Arbeitsplatzkultur
- Bekämpfung übermäßiger Arbeitsbelastungen
- Schulung von Führungskräften und Erinnerung an ihre Verantwortung
- Erweiterung des Zugangs zu psychologischer Betreuung
- Regelmäßige Überwachung des Wohlbefindens des Gesundheitspersonals und entsprechende Berichterstattung
„Angesichts der Tatsache, dass in Europa bis 2030 wahrscheinlich fast eine Million Gesundheitsfachkräfte fehlen werden, können wir es uns nicht leisten, sie infolge von Burnout, Verzweiflung oder Gewalt zu verlieren“, erklärt Dr. Hans Henri P. Kluge, WHO-Regionaldirektor für Europa. „Ihr Wohlbefinden ist nicht nur eine moralische Verpflichtung, sondern vielmehr die Grundlage für eine sichere und qualitativ hochwertige Versorgung aller Patienten. Diese Untersuchung muss ein dringend notwendiger Weckruf sein, der zum Handeln veranlasst.“
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