Die Pflege nimmt im Leben vieler Menschen einen immer größeren Stellenwert ein. Denn nicht nur steigt die Zahl pflegebedürftiger Menschen laut dem Statistischen Bundesamt Jahr für Jahr an, auch die Pflege zu Hause und durch Angehörige gewinnt gegenüber der vollstationären Pflege immer mehr an Bedeutung. Der Pflegestatistik 2023 zufolge werden von den knapp 5,7 Millionen Menschen mit einem Pflegegrad von 1 bis 5 fast 86 Prozent alleine durch Angehörige oder zusammen mit einem ambulanten Pflegedienst versorgt.
Trotzdem ist die Sorge um fehlende Pflegekräfte nicht nur in Pflegeheimen, sondern auch in Krankenhäusern und weiteren Einrichtungen sowie bei Pflegediensten schon heute groß. Einer Vorausberechnung des Statistischen Bundesamtes aus dem Jahr 2024 zufolge könnten bis 2049 zwischen 280.000 bis 690.000 Pflegekräfte fehlen. Auch eine aktuelle Studie des Prognos Instituts zur „Pflegelandschaft Deutschland“, die am 17. April 2025 veröffentlicht wurde, warnt vor einer Überlastung des Pflegesystems bis zum Jahr 2045. Der Studie zufolge sind bestimmte Regionen stärker von der Personalnot betroffen als andere. Welche das sind, lesen Sie hier.
Personalnot in der Pflege: Warum fehlen bis 2045 mehr Pflegekräfte?
Immer mehr alte und weniger junge Menschen: Der demografische Wandel wird in den kommenden Jahren für immer größere Herausforderungen in der Pflege sorgen und „den Fachkräftemangel in Zukunft weiter verschärfen“, erklärt das Prognos Institut. Dabei gebe es große regionale Unterschiede – in der Altersstruktur der Bevölkerung und im Angebot an Pflegekräften. Diese Entwicklung von Bedarf und Angebot hat das Institut im Bereich der Altenpflege untersucht und bis 2045 berechnet.
Den Studienautoren zufolge wird die Zahl pflegebedürftiger Menschen in den nächsten 20 Jahren auf über 6,4 Millionen steigen. Damit wird sich auch die Pflegequote – sie gibt an, wie viele Pflegebedürftige es je 1000 Einwohner gibt – erhöhen: von 60 auf 77 deutschlandweit. Bereits heute ist die Pflegequote in einigen Städten und Landkreisen höher als in anderen. In Freising (Bayern) liegt sie derzeit etwa bei 29 und in Prignitz (Thüringen) bei 111. Hier ist also auch der Pflegebedarf schon jetzt deutlich höher. „Überdurchschnittlich hoch sind die Pflegequoten insbesondere in den neuen Bundesländern, aber auch im Saarland sowie in weiten Teilen Niedersachsens, Hessens oder Nordrhein-Westfalens“, heißt es in der Studie. Da hier der Anteil älterer Menschen höher ist, gibt es auch eine höhere Pflegebedürftigkeit. Dagegen liege die Pflegequote in Bayern und Baden-Württemberg mit wenigen Ausnahmen unter dem Bundesdurchschnitt.
Welchen Einfluss hat die Pflegequote aber auf den Personalbedarf und -mangel bis 2045? In Regionen mit einer niedrigen Pflegequote wird der Bedarf an Pflegekräften aufgrund der alternden Bevölkerung besonders stark ansteigen, erklären die Studienautoren. In Regionen, in denen die Pflegequote schon heute höher ist, „wird der Personalbedarf weniger stark steigen, da der demografische Wandel weniger ausgeprägt wirkt“. In diesen Regionen arbeiten aktuell aufgrund des höheren Bedarfs bereits deutlich mehr Altenpflegerinnen und Altenpfleger.
Etwa 25 Prozent der Beschäftigten in der Altenpflege sind laut der Prognos-Studie aber älter als 55 Jahre. Sie werden in den nächsten Jahren in den Ruhestand gehen. In der Folge wird „das Angebot an Arbeitskräften in der Altenpflege in Deutschland im Zeitraum von 2021 bis 2045 um 4 Prozent zurückgehen“. Das würde bedeuten, dass bis 2045 insgesamt 35 Prozent des Bedarfs in der Altenpflege nicht vom Arbeitskräfteangebot gedeckt werden könnten.
Übrigens: In Österreich wird Pflege zur Schwerarbeit und Pflegerinnen und Pfleger dürfen daher früher in Rente gehen. Dadurch soll die Attraktivität für Jobs in der Pflege gesteigert werden.
Pflegenotstand in Deutschland: Hier könnten bald die meisten Pflegekräfte fehlen
Nicht überall wird die Personalnot in der Pflege bis 2045 gleich groß sein. Besonders viele Pflegekräfte werden in Mecklenburg-Vorpommern fehlen: „Kein Bundesland ist stärker vom wachsenden Fachkräftemangel betroffen“, heißt es in der Studie. Hier wird der Mangel auf über 42 Prozent des Personalbedarfs steigen. Aber auch in Bayern dürfte es kritisch werden. 14 der 20 Landkreise und Städte mit dem größten Fachkräftemangel liegen im Freistaat. In Bayern wird der Mangel bis 2045 laut der Studie auf etwa 40 Prozent steigen.
Weniger problematisch zeigt sich die Vorausberechnung in den Stadtstaaten Berlin (24 Prozent), Hamburg (25 Prozent) und Bremen (27 Prozent). Aber auch in Sachsen (29 Prozent), Sachsen-Anhalt (33 Prozent) und Thüringen (34 Prozent) liegt der erwartete Fachkräftemangel unter dem Bundesdurchschnitt.
Insgesamt zeigt sich den Studienautoren zufolge, dass das Problem in Großstädten wesentlich geringer ausfallen wird als in ländlicheren Regionen. Die demografische Entwicklung in größeren Städten führe nämlich dazu, dass der Personalbedarf in der Altenpflege langsamer steige als in kleinen Städten oder ländlichen Kreisen.
Pflegenotstand bekämpfen: Was könnte Deutschland gegen den Fachkräftemangel tun?
Die Studienautoren warnen nicht nur vor einer kritischen Entwicklung in der Pflege, sondern bieten auch Lösungsansätze. Demnach könnten vier „gezielte Maßnahmen“ eine flächendeckende Pflegeversorgung sicherstellen:
- Ausbildung und Gewinnung von zusätzlichen Pflegekräften
- Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland
- Verbesserung von Beruf und Familie und Ausbau der Kinderbetreuungsangebote
- Interdisziplinäre Pflegeausbildung für mehr Flexibilität bei Personalengpässen
Übrigens: Im April wurde ein neuer Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst ausgehandelt. Das betrifft auch einige Pflegekräfte und Auszubildende in der Pflege. Sie können sich jetzt über mehr Gehalt und bessere Arbeitsbedingungen freuen.
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