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Pflegekrise in Deutschland: Sind mehr ausländische Fachkräfte die Lösung?

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Pflegekrise in Deutschland: Sind mehr ausländische Fachkräfte die Lösung?

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    In der Pflege herrscht Personalmangel. Könnten Fachkräfte aus dem Ausland die Lösung sein?
    In der Pflege herrscht Personalmangel. Könnten Fachkräfte aus dem Ausland die Lösung sein? Foto: Angelika Warmuth, picture alliance, dpa (Symbolbild)

    Die Gesellschaft wird immer älter. Das wirkt sich auch auf die Zahl pflegebedürftiger Menschen aus. Hochrechnungen des Statistischen Bundesamtes zeigen allein durch den demografischen Wandel einen deutlichen Anstieg in den kommenden Jahren. Bis 2055 könnte die Zahl um 37 Prozent steigen – das würde über 6,7 Millionen Pflegebedürftige bedeuten. Gleichzeitig wird die Personalnot in der Pflege immer größer. Bis 2049 könnten zwischen 280.000 und 690.000 Pflegekräfte fehlen. Laut dem Deutschen Pflegehilfswerk werden sogar schon bis 2030 rund 300.000 zusätzliche Pflegekräfte benötigt.

    Denn schon jetzt halten sich Pflegebedürftige und Pflegekräfte nicht die Waage. So hat etwa der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenkassen (GKV) für 2023 einen sprunghaften Anstieg der Pflegefälle festgestellt. Im Vergleich zu den Vorjahren war die Zahl neuer Fälle um elf Prozent gestiegen. Zeitgleich haben Auswertungen verschiedener Krankenkassen gezeigt, dass Pflegekräfte im Jahr 2023 noch nie so häufig krankheitsbedingt ausgefallen sind. Im April 2024 hat der Personalmangel in einem Berliner Pflegeheim sogar für einen Polizeieinsatz gesorgt

    Die Lage ist prekär. Wie der Deutschlandfunk mit Bezug auf eine Befragung des Evangelischen Verbands für Altenpflege (DEVAP) berichtet, mussten 2023 aufgrund des akuten Personalmangels vier von fünf Pflegeeinrichtungen ihr Angebot einschränken. 72 Prozent der Pflegeheime konnten nicht mehr den vollen Leistungsumfang erbringen und 89 Prozent der ambulanten Pflegedienste lehnten Neukunden ab. Für viele pflegebedürftige Menschen bedeutet das, dass sie unversorgt bleiben. Damit steigt auch der Druck auf pflegende Angehörige.

    Um die Herausforderungen des Fachkräftemangels in der Pflege - aktuell und in den kommenden Jahren - meistern zu können, hat Sachsens Sozialministerin Petra Köpping (SPD) schon im September 2024 einen klaren Lösungsansatz vorgestellt. Sie will den Fokus stärker auf Pflegekräfte aus dem Ausland setzen. Eine Auswertung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) vom 15. Oktober 2024 zeigt, dass das Beschäftigungswachstum in der Pflege schon jetzt „ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen wird“.

    Sozialministern mit klarer Forderung: Lösung für den Personalmangel in der Pflege?

    Die Lösung für den Personalmangel in der Pflege sieht Sachsens Sozialministerin in Pflegefachkräften aus dem Ausland. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur (dpa) sagte Köpping: „Die pflegerische Versorgung der Menschen in Sachsen wird absehbar nur mit Unterstützung ausländischer Pflegekräfte abzusichern sein. Wir brauchen sie dringend.“ Im Vergleich zu 2021 liege der Mehrbedarf bis 2035 in dem Bundesland bei mindestens 5000 Pflegekräften. Geht es nach der SPD-Ministerin, sollten viele davon aus dem Ausland angeworben werden.

    Ganz neu ist der Ansatz allerdings nicht und wird zum Teil auch schon umgesetzt - nicht nur in Sachsen, sondern deutschlandweit. So berichtet die dpa für das Bundesland etwa von sogenannten Welcome Centern als wichtige Anlaufstelle für berufliche Integration sowie von Pilotprojekten zur Ausbildung internationaler Pflegekräfte.

    Ähnliche Projekte gibt es auf Bundesebene bereits etwas länger. Laut der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) bringt etwa ein gemeinsames Programm von der Zentralen Auslands- und Fachvermittlung (ZAV), der Bundesagentur für Arbeit und dem GIZ gut ausgebildete Pflegekräfte aus dem Ausland nach Deutschland. Dabei wird dem GIZ zufolge ausschließlich mit Ländern zusammengearbeitet, die ein Überangebot an qualifizierten Pflegekräften haben und nicht vor denselben Problemen stehen wie Deutschland. Seit dem Beginn des Programms „Triple Win“ im Jahr 2013 wurden über 6200 Fachkräfte vermittelt, mehr als 5300 haben bereits ihre Arbeit in Deutschland in etwa 200 Einrichtungen aufgenommen. Zudem gibt es in Deutschland auch das Gütesiegel „Faire Anwerbung Pflege Deutschland“, das vom Bundesgesundheitsministerium in Auftrag gegeben wurde und von Arbeitgebern sowie Vermittlungsagenturen beantragt werden kann.

    Bundesweit betrachtet, lag der Anteil von Pflegekräften aus dem Ausland im Jahr 2023 laut Statista bei rund 16 Prozent. Geht es nach Sachsens Sozialministerin Petra Köpping muss diese Zahl wohl noch weiter steigen, um gegen den Fachkräftemangel in der Pflege ankommen zu können. Die neuen Zahlen und Prognosen des IAB dürften die Ministerin also freuen.

    Pflege in Deutschland: Pflegekräfte aus dem Ausland sichern den Nachwuchs

    Der demografische Wandel in Deutschland wirkt sich nicht nur auf die Zahl der pflegebedürftigen Menschen aus. Laut der Auswertung des IAB sorgt er auch dafür, dass viele Pflegekräfte bald das Rentenalter erreichen und aus dem Berufsleben ausscheiden werden. Der Nachwuchs aus Deutschland fehlt, wird aber – das zeigt die Studie – durch die stark wachsende Zahl ausländischer Pflegekräfte ausgeglichen.

    Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Pflege lag demnach im Juni 2023 bei knapp 1,7 Millionen. Das entspricht ab 2013 einem Anstieg um 26 Prozent. Im vergangenen Jahr kam bereits jede sechste Pflegekraft aus dem Ausland. In der Krankenpflege entspricht das laut dem IAB einem Anstieg um 256 Prozent oder einem Plus von rund 109.000 Pflegekräften innerhalb von zehn Jahren. In der Altenpflege liegt das Wachstum bei 273 Prozent oder einem Plus von fast 87.000 Pflegekräften.

    So hat sich der Anteil ausländischer Pflegekräfte von 2013 bis 2023 in der Pflege entwickelt:

    2013Anstieg2023
    Krankenpflege4,9 Prozent+ 9,6 Prozent14,5 Prozent
    Altenpflege6,9 Prozent+ 12 Prozent18,9 Prozent

    Genau wie Petra Köpping sieht auch IAB-Forscherin Doris Wiethölter Fachkräfte aus dem Ausland als die Zukunft der Pflege an. Ob der Bedarf an Pflegekräften gedeckt werden kann, hänge von erleichterten Zuwanderungsregeln, schnellerer beruflicher Anerkennung und einer besseren Willkommenskultur ab.

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