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Bahn in der Krise: Hohe Verluste und drängende Entscheidungen – der neue Minister steht vor gewaltigen Herausforderungen!

Kommentar

Zu teuer, rote Zahlen, miese Stimmung – die Bahn braucht beherzte Beschlüsse

Christian Grimm
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    Totes Gleis? Die Deutsche Bahn ist eine Großbaustelle.  Der neue Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) muss anpacken.
    Totes Gleis? Die Deutsche Bahn ist eine Großbaustelle. Der neue Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) muss anpacken. Foto: Patrick Pleul, dpa

    Das schlimme Zugunglück von Riedlingen ist der nächste Schlag für die Bahn, die ohnehin schwer gebeutelt ist. Wäre sie kein Staatsunternehmen, sondern der freien Konkurrenz in der Privatwirtschaft ausgesetzt, wäre sie wohl längst bankrott. Im ersten Halbjahr hat der Schienenkonzern wieder einen Verlust eingefahren, wie die vor der Bekanntgabe der Halbjahreszahlen an diesem am Donnerstag bereits durchgesickerten Zahlen zeigen. Immerhin war der Fehlbetrag geringer als in den ersten sechs Monaten 2024.

    Die Bilanz des Unternehmens ist seit fünf Jahren rot. Sicher hat das Corona-Virus zu einem beträchtlichen Teil Schuld an der Misere, aber die Pandemie ist längst vorbei. Die Probleme des Unternehmens sind turmhoch, wie die Konzernzentrale am Potsdamer Platz in Berlin.

    Die Stimmung bei der Bahn ist auf dem Tiefpunkt

    Ein Auszug aus dem Katalog der Pleiten, Pech und Pannen: Im Juni kam fast jeder zweite Zug im Fernverkehr (43 Prozent) zu spät. Laut einer neuen Umfrage (Yougov) finden zwei Drittel, dass die Fahrkarten zu teuer sind. Die Stimmung unter den Mitarbeitern ist auf dem Tiefpunkt, wie der Vorsitzende der Eisenbahnergewerkschaft EVG, Martin Burkert, sagt. Die vollständige Inbetriebnahme des Stuttgarter Tiefbahnhofs („Stuttgart 21“) verschiebt sich auf 2027 ein weiteres Mal nach hinten.

    Unternehmensintern ist der Güterverkehr das größte Sorgenkind des Konzerns. Die zuständige Cargo-Vorständin Sigrid Nikutta hat nur noch bis Ende 2026 Zeit, um das Blatt des Dauerverlustbringers zu wenden. Ansonsten wird die EU das Segment schließen, weil eine dauerhafte Querfinanzierung mit dem Wettbewerbsrecht unvereinbar ist.

    Kurzum: Der Zustand der Bahn ist katastrophal. Der neue Verkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) darf dem Schlingern nicht länger zusehen. Er hat sich einen detaillierten Bericht erstellen lassen, wo die Probleme liegen und will sie nach der Sommerpause anpacken. Im Güterverkehr wird es ohne harte Einschnitte nicht gehen. Selbst das Dichtmachen des Bereichs wird gedanklich durchgespielt. Die Kehrseite wären mehrere zehntausend Lkw mehr auf Deutschlands Straßen – pro Tag. Die Schiene wird auch zum Transport von Panzern und Kriegsmaterial gebraucht, was dem russischen Angriff auf die Ukraine wieder sicherheitsrelevant ist. Die Abwägung ist kompliziert.

    Bahnchef Lutz steht zur Disposition

    Schnieder muss auch entscheiden, ob er mit Bahnchef Richard Lutz weitermacht. Seine Leistung ist durchwachsen. Seit Jahren verfehlt er eigene Ziele bei Wirtschaftlichkeit und Pünktlichkeit. Bei der Heim-Europameisterschaft im vergangenen Jahr blamierte das Gleis-Chaos die Nation. Die angekündigte Verbesserung des Baustellenmanagements hat die Verspätungen nicht reduziert. Die Generalsanierung des Korridors zwischen Frankfurt und Mannheim hat hingegen funktioniert. Die Verkehrspolitiker von CDU und CSU sind jedenfalls keine Fans von ihm.

    Egal ob Richard Lutz bleibt oder nicht, der Bahnchef ist nicht die einzige Spitzenpersonalie, um die sich Schnieder kümmern muss. Der Bahn-Konzern mit seinem Gewimmel an Tochterfirmen gönnt sich in den verschiedenen Segmenten eine hohe Zahl an Unter-Vorständen, die alle etwas zu sagen haben. Der frühere Bahnchef Österreichs, Christian Kern (gleichzeitig Ex-Kanzler der Alpenrepublik), brachte es auf den Punkt. Vor der erfolgreichen Sanierung seien bei den ÖBB zu viele Sub-Chefs rumgelaufen, die ihm alle gesagt hätten, was nicht gehe. Über die Straffung der Bahnverwaltung wird seit Jahren diskutiert, passiert ist wenig. Da sollte der Verkehrsminister eine Schlankheitskur verordnen.

    Um Geld und Personalressourcen zu sparen und die Zuverlässigkeit der Flotte zu erhöhen, kann die Ausdünnung des Fahrplans in der Nacht kein Tabu sein. Anders als in den zurückliegenden drei Jahrzehnten erhält die Bahn enorme Summen, um sie in Schuss zu bringen. Die Gelder dürfen nicht in einem aufgeblähten Betrieb versickern.

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