Keine Nachtsitzungen mehr – die schwarz-rote Koalition hat sich geschworen, was sich davor auch die Ampelkoalition geschworen hatte. Kompromisse sollten nicht wie unter Altkanzlerin Angela Merkel (CDU) durch Erschöpfung zustande kommen, sondern durch kluge Entscheidungen bei wachem Kopf. Doch wie die Vorgänger muss auch das Regierungsbündnis von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) bis weit nach Mitternacht tagen, weil die inhaltlichen Differenzen groß sind. Von einer „Marathonsitzung“ sprach am Donnerstag Markus Söder. Inklusive der Vorgespräche zehn Stunden saßen die Spitzen von CDU, CSU und SPD im Kanzleramt zusammen. Immerhin: Es gab konkrete Beschlüsse. Für die Bürgerinnen und Bürger hat das nun Folgen…
…bei der Jobsuche
Es soll schnell gehen. Noch im Oktober will Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas einen Gesetzentwurf zur Reform des Bürgergeldes in das Kabinett einbringen. „Es wird die neue Grundsicherung geben“, sagte Bundeskanzler Friedrich Merz am Morgen nach dem Koalitionsausschuss. „Das Thema Bürgergeld wird der Vergangenheit angehören.“ Das Thema betrifft etwa 5,5 Millionen Menschen in Deutschland, die aktuell Bürgergeld beziehen.
An zwei Punkten setzt die Koalition an. Erstens: Sie will mehr direkten Kontakt zwischen Empfängern und den Jobcentern. „Leistungsberechtigte sollen künftig verbindlich - inklusive Rechtsbehelfsbelehrung - direkt nach der Beantragung von Leistungen zu einem ersten persönlichen Gespräch eingeladen werden“, heißt es in der Beschlussfassung. Und zweitens: bei den Sanktionen. Wer nämlich diesen ersten Termin nicht wahrnimmt, bekommt einmalig eine zweite Chance. Sprich: Es wird automatisch ein zweiter Termin verordnet. Erscheint man zu diesem zweiten Datum nicht, können die Leistungen um 30 Prozent gekürzt werden für drei Monate. Verpasst man auch den dritten Termin, können sie ganz gestrichen werden.
„Wer nicht mitmacht, wird es schwer haben“, fasste Arbeitsministerin Bärbel Bas die Vorhaben zusammen. „Wir verschärfen die Sanktionen bis an die Grenze dessen, was verfassungsrechtlich zulässig ist.“ Ausgenommen sind Menschen, die beispielsweise aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht arbeiten können.
…bei den Vermögen von Bürgergeldempfängern
Änderungen gibt es auch bei den Schonvermögen. Die Karenzzeit entfällt künftig. Das Vermögen soll außerdem an die „Lebensleistung der Betroffenen“ gekoppelt werden – zum Beispiel durch Orientierung an Alter und bisherigen Beitragszeiten in der Arbeitslosenversicherung.
Die Linken kritisieren die Sozialstaatspläne der Regierung. „Diese Reform wird den Betroffenen nicht helfen und den Haushalt nicht entlasten“, sagt Linken-Chefin Ines Schwerdtner unserer Redaktion. „Die meisten Menschen im Bürgergeldbezug wollen arbeiten, können es aber aus den unterschiedlichsten Gründen nicht. Anstatt diese Menschen zu unterstützen, macht man sie zu Sündenböcken für eine verfehlte Politik.“
…bei der Rente
Konkrete Folgen spüren Bürgerinnen und Bürger auch bei der Rente. Schon am kommenden Mittwoch soll die sogenannte Aktivrente im Kabinett beschlossen werden. Ab Januar 2026 soll sie greifen. Damit können Rentnerinnen und Rentner im Alter 2000 Euro im Monat steuerfrei dazuverdienen. Sie gilt aber beim Erreichen der Regelaltersgrenze. Ausgenommen sind Gewerbetreibende, Freiberufler, Selbstständige oder Menschen, die in der Land- und Forstwirtschaft arbeiten.
…beim Autokauf
Eine Einigung, ob man das Verbrenner-Aus nun kippt oder nicht, gab es vorerst nicht. Vor allem die Union will die Regelung, wonach in der EU ab 2035 keine Neuwagen mehr mit Verbrennermotor verkauft werden dürfen, loswerden. Dafür gibt es gute Nachrichten, vor allem für Haushalte mit kleinem und mittlerem Einkommen. Für sie planen Union und SPD Anreize, die den Umstieg auf klimaneutrale Mobilität fördern sollen. Bis 2029 sind dafür drei Milliarden Euro veranschlagt.
…bei der Infrastruktur
Eine Einigung gab es auch mit Blick auf Verkehrsprojekte, deren Bau wegen der angespannten Haushaltslage unklar war. „Alles, was baureif ist, wird auch gebaut“, heißt es nun im Beschlusspapier des Koalitionsausschusses. Mit Blick auf die dafür fehlenden Gelder sagte Finanzminister Lars Klingbeil am Donnerstag: „Mal stand die Zahl 15 Milliarden im Raum. Wir haben dann im Prozess gesehen, dass sich diese Summe erheblich verringert hat.“ Drei Milliarden Euro sollen nun aus dem Sondervermögen zusätzlich zur Verfügung gestellt werden. „Baureife Projekte, planfestgestellte Projekte können jetzt angegangen werden, und zwar jetzt sofort“, sagte Klingbeil.
Was heißt das nun für die Strecke Augsburg-Ulm? „Wir begrüßen die Zusagen alle Straßen, Brücken, Schienen und Wasserstraßen sanieren und neu bauen zu können, wenn es fertige Planungen gibt“, sagt Ulrich Lange, Staatssekretär im Verkehrsministerium, unserer Redaktion. „Für dringend benötigte Aus- und Neubauvorhaben wie Ulm-Augsburg gilt es nun schnellstmöglich die Planungs- und Genehmigungsprozesse abzuschließen. Mit Blick auf Augsburg-Ulm steht dabei als nächstes die parlamentarische Befassung an, die wir schnellstmöglich einleiten werden.“
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