Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine mehren sich auch in Deutschland die Überflüge von Drohnen. Erst vergangene Woche wurden Flugkörper in Schleswig-Holstein gesichtet. Die Sorge vor russischer Spionage ist hoch – und die Behörden sind oft machtlos. Wie die Bundesregierung das ändern möchte.
Wie ernst ist die Bedrohungslage?
Es sei bisher bei Überflügen zwar „keine akute Gefahr“ festgestellt worden, erklärte eine Sprecherin des Innenministeriums am Montag. „Aber grundsätzlich ist es schon so, dass die Bedrohungslage, was die Drohnenüberflüge angeht, hoch ist.“ Zumal die Zahl der Fälle zunimmt. So wurden beispielsweise an Flughäfen in diesem Jahr bereits 144 Behinderungen durch Drohnen festgestellt. Im Jahr zuvor lag die Zahl im gleichen Zeitraum bei 113. Das teilte die Deutsche Flugsicherung mit.
Auch in anderen Bereichen nehmen Sichtungen zu. So sei die Zahl über militärischen Liegenschaften ab Mitte 2024 „eher rückläufig“ gewesen, erklärte eine Sprecherin des Operativen Führungskommandos der Bundeswehr auf Anfrage. „In jüngerer Vergangenheit hingegen verzeichnen wir wieder einen erneuten Anstieg.“ Grundsätzlich habe die Zahl seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine deutlich zugenommen.
Was können die Behörden gegen die Drohnen unternehmen?
Zunächst einmal gibt es unterschiedliche Zuständigkeiten. Wenn Bürger eine Drohne beispielsweise über dem Gelände eines Unternehmens melden, ist in aller Regel die Landespolizei zuständig. Kreist die Drohne über einem Flughafen, dann übernimmt die Bundespolizei. In beiden Fällen gibt es aber ein Problem: Den Beamten fehlt häufig die notwendige Ausrüstung, um Drohnen vom Himmel zu holen. Anders ist das bei der Bundeswehr. Die ist aber nur zuständig, wenn Drohnen über Liegenschaften des Militärs gesichtet werden.
Allerdings ist auch da der Einsatz streng reglementiert. Laut Luftsicherheitsgesetz dürfen die Streitkräfte lediglich „Luftfahrzeuge abdrängen, zur Landung zwingen, den Einsatz von Waffengewalt androhen oder Warnschüsse abgeben“. Ein tatsächlicher Abschuss ist nur erlaubt, wenn eine unmittelbare Gefahr von dem Flugobjekt ausgeht. Stattdessen greift man häufig auf sogenannte „Jammer“ zurück oder spezielle Netze, die die Funkverbindung zwischen Piloten und Drohne unterbrechen.
Warum wurden Abschüsse nicht schon länger vereinfacht?
Die Ampelregierung wollte mit einer Änderung des Luftsicherheitsgesetzes den Abschuss von Drohnen durch die Bundeswehr erleichtern. Wegen der vorgezogenen Bundestagswahl kam es dazu aber nicht mehr. Die Union hatte damals Bedenken. Ein Abschuss sei nur nach einem „zeitaufwändigen Beschluss der gesamten Bundesregierung“ möglich, sagte der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings (CDU), Anfang des Jahres unserer Redaktion. Der Grund: Bei einem Abschuss durch die Bundeswehr handle es sich um Amtshilfe, geregelt in Artikel 35 des Grundgesetzes. Für eine solche benötige es im Einzelfall einen Beschluss der gesamten Bundesregierung.
Was plant die aktuelle Bundesregierung?
Dobrindt will trotzdem an dem Vorhaben anknüpfen. Der Bundeswehr soll es möglich gemacht werden, im Inneren Amtshilfe zu leisten. Die Gesetzesgrundlage soll noch im Herbst auf den Weg gebracht werden, erklärte er. Eine Grundgesetzänderung sei gerade aber „kein Thema“, fügte eine Sprecherin hinzu. Auch Günter Krings geht heute davon aus, dass man Abschüsse ohne Verfassungsänderung möglich machen kann. Es brauche jetzt kurzfristig „eine klare und belastbare Rechtsgrundlage, die den Einsatz der Bundeswehr zum Schutz kritischer Infrastruktur und großer Menschenansammlungen“ ermöglicht, sagte Krings unserer Redaktion. „Unsere Verfassung schließt nur ein selbständiges Tätigwerden der Bundeswehr im Zuständigkeitsbereich der Polizei aus. Wenn die Landespolizei die Bundeswehrhilfe aber anfordert, kann sie auch ohne eine Grundgesetzänderung handeln.“
Dobrindt kündigte am Wochenende außerdem an, ein Drohnenabwehrzentrum einzurichten, „das dafür sorgt, dass die Kompetenzen von Bund und Ländern, von Bundespolizei, BKA und Landespolizei miteinander vernetzt werden“. Auch die technischen Möglichkeiten der Polizei sollen verbessert werden.
Auch Bayern arbeitet an einer besseren Ausrüstung und mehr Kompetenzen für die Polizei. Das kündigte Ministerpräsident und CSU-Chef Markus Söder am Montag nach einer Sitzung des Parteivorstands an. Danach soll es bei der Polizei spezielle Einheiten geben, die Drohnen vom Himmel holen und mit der Bundeswehr in diesem Bereich zusammenarbeiten. Die Details soll das Innenministerium ausarbeiten, die rechtlichen Grundlagen müssen Staatsregierung und Landtag schaffen. Dies geschehe in Abstimmung mit dem Bund, so Söder. „Wir wollen hier Vorreiter sein.“
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