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Söder im Interview nach Ampel-Aus: „Diese Regierung hat keine Legitimation mehr“

Interview

Söder nach dem Ampel-Aus: „Diese Regierung hat keine Legitimation mehr“

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    Markus Söder ist bereit, die Schuldenbremse zu lösen. Doch dafür stellt der CSU-Chef Bedingungen.
    Markus Söder ist bereit, die Schuldenbremse zu lösen. Doch dafür stellt der CSU-Chef Bedingungen. Foto: Felix Hörhager, dpa (Archivbild)

    Herr Söder, Sie sprechen heute im Bundestag. Der Anlass ist das vorzeitige Aus der Ampel. Sie haben öfter schon Neuwahlen gefordert – nun steht der Termin. Ist also alles gut?
    MARKUS SÖDER: Man wusste bei Olaf Scholz wieder einmal nicht, woran man ist: Erst hat er sich auf den 15. Januar als Zeitpunkt für die Vertrauensfrage festgelegt. Dann konnte es vielleicht der Dezember werden. Dann sollten es die Fraktionsvorsitzenden klären. Es ist gut, dass auf unseren Druck hin jetzt endlich Klarheit herrscht. Denn unser Land kann es sich nicht leisten, führungslos zu sein. Die Menschen verdienen eine handlungsfähige Regierung, die Orientierung gibt und die echten Probleme anpackt – und das möglichst schnell.

    Was werden Sie Olaf Scholz heute sagen?
    SÖDER: Lassen Sie sich überraschen. Aber wir werden die Defizite der Ampel und das unwürdige Schauspiel am Schluss deutlich benennen. Es war höchste Zeit für diese Regierung, den Weg endlich freizumachen. Seit dem Eingeständnis des Scheiterns hatte sie keine Legitimation mehr.

    Werden Sie auch eine Botschaft haben, die nach vorne weist?
    SÖDER: Wir müssen Deutschland wieder auf Vordermann bringen. Die Menschen sind verunsichert. Die Wirtschaft steckt durch die gescheiterte Politik der Grünen in der Rezession. Industrien beginnen abzuwandern. Der neue Präsident in den USA wird zusätzliche Herausforderungen für uns bringen. Zudem haben wir eine schwierige sicherheitspolitische Lage. Es ist kein Zufall, dass man sich in Moskau über all diese Entwicklungen offenkundig freut. Deshalb muss Deutschland wieder stark und stabil werden – und das gelingt nur mit einer Union als stärkster Kraft in der Regierung. Es geht jetzt um das Land, um den Wohlstand der Menschen und damit auch um die Demokratie.

    Haben Scholz und die SPD nicht recht, dass man einige Dinge jetzt noch vor Weihnachten schnell umsetzen muss: Industriestrompreis, mehr Kindergeld, mehr Geld für die Bundeswehr – das sind ja Forderungen auch in Ihrem Sinne. Kann man das noch gemeinsam auf den Weg bringen?
    SÖDER: Wir sind konstruktiv. Aber es können nur Vorschläge ins Parlament eingebracht werden, die eine klare Mehrheit finden. Strittige Punkte ergeben keinen Sinn. Das würde auch gegen den Geist eines geordneten Übergangs verstoßen.

    Die Ampelregierung um Olaf Scholz (Mitte) war für Markus Söder (rechts) ein beliebtes Angriffsziel.
    Die Ampelregierung um Olaf Scholz (Mitte) war für Markus Söder (rechts) ein beliebtes Angriffsziel. Foto: picture alliance/dpa

    Haben wir das richtig verstanden – Dinge wie die Kindergelderhöhung wären machbar, die umstrittene Krankenhaus-Reform dagegen nicht?
    SÖDER: Zum Thema Geld: Allein fürs Bürgergeld müssen in diesem Jahr noch einmal elf Milliarden Euro zusätzlich aufgebracht werden. Das ist dann insgesamt mehr als für die gesamte Bundeswehr. Die Richtung ist einfach grundlegend falsch. Und Falsches wird nicht verlängert. Ich warne auch davor, im Parlament Mehrheiten mit Stimmen der Linken oder der AfD zu suchen. Das würde nur das Vertrauen in die Demokratie beschädigen.

    Ist der Schutz des Bundesverfassungsgerichtes, indem man etwa Anzahl und Amtszeit der Richterinnen und Richter in der Verfassung verankert, nicht auch ein Punkt, der vor der Wahl geklärt werden müsste?
    SÖDER: Das werden wir sehen.

    Blicken wir auf den bevorstehenden Wahlkampf. Die Grünen machen sich schon Sorgen, dass er schmutzig wird. Wie sehen Sie das?
    SÖDER: Das unschöne Beispiel für eine Schlammschlacht hat soeben die Ampel geliefert. Wir werden mit Argumenten für uns werben, nicht mit Verunglimpfungen. Wir werden aber auch Klartext reden. Zum Beispiel, dass es lächerlich ist, wenn bei einer Partei mit neun oder zehn Prozent wie den Grünen sich Robert Habeck per Video zum Kanzlerkandidaten ausruft. Vor allem aber werden wir sagen, was wir wollen: Mit Steuersenkungen die Wirtschaft ankurbeln und eine Migrationswende, die ihren Namen verdient. Außerdem braucht es eine Nutzung der Kernkraft. Nur so wird es uns gelingen, die Energiekosten zu senken und unsere ehrgeizigen Klimaziele zu erreichen. Was wir nicht wollen: ein unsinniges Heizgesetz, das ausufernde Bürgergeld oder eine Krankenhausreform, die komplett zu Lasten des ländlichen Raumes geht.

    Die beiden letztgenannten Punkte sind Projekte der SPD. Diese haben Sie als Partner für eine Koalition nach der Wahl auserkoren. Wie soll das funktionieren?
    SÖDER: Rechnerisch geht es nach den derzeitigen Umfragen nur mit der SPD. Mit den Grünen oder der FDP reicht es nicht annähernd. Und zu viele Partner machen eine Koalition nicht stabiler, das haben wir bei der Ampel gesehen. Auch mit der SPD würde es nicht leicht. Aber der Großteil ihrer Politik geht auf das Konto von Olaf Scholz. Er wird nach dieser Wahl aber nicht mehr Kanzler sein.

    Wechseln wir zum weltweit wichtigsten politischen Ereignis der vergangenen Woche. Was bedeutet die erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten für die bayerische Wirtschaft?
    SÖDER: Trump wird uns in jeder Hinsicht mehr abverlangen. Er wird uns sicherheitspolitisch mehr fordern, deshalb brauchen wir mehr Geld für die Bundeswehr. Das Zwei-Prozent-Ziel, das Deutschland gerade so schafft, reicht nicht. Wir brauchen auf Dauer drei Prozent und eine Wehrpflicht. Wirtschaftlich müssen wir uns auf höhere Zölle und US-Subventionen einstellen, um Firmen aus Deutschland abzuwerben. Deswegen brauchen wir niedrigere Steuern und günstigere Energiepreise für Unternehmen. So wichtig die erneuerbaren Energien sind, mit ihnen allein werden wir das nicht hinbekommen.

    Das Regierungs-Aus in Berlin, der Präsidenten-Wechsel in Washington und all die anderen Herausforderungen: Sie wollen wirklich als Ministerpräsident in München bleiben?
    SÖDER: Die Menschen in Bayern wollen, dass ich Ministerpräsident bleibe und das Land beschütze. Das bleibt meine Aufgabe. Gleichzeitig ist es bayerischen Ministerpräsidenten von Strauß über Stoiber bis hin zu Seehofer immer gelungen, Deutschland voranzubringen. Das will ich auch, wenn wir die Wahl gewinnen. Das entscheidende Gremium in Berlin wird der Koalitionsausschuss sein. Dort sitzt die Macht – und dort werde ich als Parteivorsitzender mitwirken, zum Wohle Deutschlands und Bayerns.

    Eine der großen Herausforderungen in der Bundespolitik wird die finanzielle Lage sein. Ob nun Bundeswehr oder Infrastruktur - benötigt wurden und benötigt werden zig Milliarden. Da drängt sich die Frage auf: Wie lange kann Deutschland sich die Schuldenbremse noch leisten, die Sie bislang immer verteidigt haben?
    SÖDER: Die Schuldenbremse steht in der Verfassung und kann nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden. Für uns ist klar: Erst einmal müssen unsinnige Mehrausgaben gestrichen werden. Dazu gehören Bürgergeld und Heizgesetz. Hier werden Milliarden an falscher Stelle ausgegeben. Zweitens muss die Migration begrenzt werden: Sie überfordert Bund, Länder und Gemeinden finanziell und kulturell. Generell gilt: Bevor wir über die Schuldenbremse reden, muss der Länderfinanzausgleich geändert werden. Bayern hat zuletzt mehr als neun Milliarden Euro an andere Bundesländer abgeben müssen. So kann es nicht weitergehen.

    Das heißt, Sie können sich vorstellen, die Schuldenbremse zu lockern.
    SÖDER: Wenn wir über Geld reden, dann über eine Reform des gesamten Finanzausgleichs-Systems. Wir werden aber keinesfalls bei einer Aufhebung der Schuldenbremse mitmachen, um damit das Bürgergeld zu finanzieren.

    Und wie verfahren Sie dann mit Ihrem Wunsch-Partner SPD, dessen Herzensprojekt das Bürgergeld war?
    SÖDER: Das Aus für das Bürgergeld ist ein zentraler Punkt für die Union.

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