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Verteidigung: Kompromisstöne bei erster Wehrdienst-Beratung im Bundestag

Verteidigung

Kompromisstöne bei erster Wehrdienst-Beratung im Bundestag

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    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wirbt im Bundestag für sein Wehrdienstmodell, zeigt sich aber offen für Kompromissvorschläge.
    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) wirbt im Bundestag für sein Wehrdienstmodell, zeigt sich aber offen für Kompromissvorschläge. Foto: Christoph Soeder/dpa

    Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius hat im Bundestag für das geplante neue Wehrdienstgesetz geworben. Der SPD-Politiker zeigte sich nach heftigem Streit über das Thema bei der ersten Beratung im Parlament aber auch zu Kompromissen bereit. Andere Politiker der schwarz-roten Koalition signalisierten ebenfalls Kompromissbereitschaft und versicherten, dass in den Beratungen im Bundestag eine Lösung gefunden werde.

    Die Pläne des Ministers für einen neuen Wehrdienst, die das Bundeskabinett bereits gebilligt hatte, waren auf Widerstand besonders in der Unionsfraktion gestoßen. Alles weniger als eine «leidenschaftliche, offene, auch hitzige Debatte», wäre für ihn aber auch eine Enttäuschung gewesen, meinte Pistorius. «Dieses Thema verdient eine ehrliche und offene Debatte, weil es das Leben vieler, vieler Menschen betrifft.»

    Was, wenn sich nicht genug Freiwillige melden?

    Der Streit dreht sich vor allem darum, welche Mechanismen greifen sollen, wenn sich nicht, wie durch das Gesetz beabsichtigt, genügend Freiwillige für die Bundeswehr finden und ob künftig alle jungen Männer wieder gemustert werden sollen. Pistorius sprach sich erneut dafür aus.

    Fachpolitiker von Union und SPD hatten stattdessen vorgeschlagen, junge Männer per Losverfahren zur Musterung und wenn nötig später auch per Zufallsauswahl für einen Pflichtdienst heranzuziehen, wenn die Freiwilligenzahlen zu gering bleiben. Der Verteidigungsminister zeigte sich offen für andere Vorschläge: «Ich finde das okay, ich bin offen dafür, das parlamentarische Verfahren ist genau dafür da, das zu diskutieren.»

    Röttgen: Gleiche Chance, gleiches Risiko

    Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen (CDU), der an der Erarbeitung des Los-Vorschlags beteiligt war, verteidigte diesen. Wenn es die militärische Aufgabe sei, aus einem Jahrgang mit mehreren 100.000 Männern für den militärisch notwendigen Bedarf einige 10.000 zu ermitteln, stelle sich die Frage der Wehrgerechtigkeit, die der Bundestag beantworten müsse. Diese Frage sei im Gesetzentwurf bisher nicht beantwortet. «Nach dem Zufallsverfahren trifft jeden Mann die gleiche Chance, das gleiche Risiko», sagte er. In dieser Gleichheit liege die Fairness.

    Man sei aber offen für andere Vorschläge, betonte auch Röttgen. Die SPD-Verteidigungspolitikerin Siemtje Möller, die ebenfalls an den Alternativvorschlägen zu Pistorius' Gesetzentwurf beteiligt war, sagte, man werde eine für alle Seiten tragfähige Lösung finden.

    Opposition spricht von Schlamassel

    Grünen-Fraktionschefin Katharina Dröge sprach von einem Schlamassel. «Keiner weiß, wie es jetzt weitergeht», sagte sie. Die Linken-Abgeordnete Desiree Becker kritisierte die Bundesregierung: «Sie schüren Angst und Unsicherheit bei den jungen Menschen.» Sie stellte in Zweifel, dass die Bundeswehr wirklich 80.000 zusätzliche Soldaten brauche. Die AfD kritisierte die Pläne ebenfalls. Die Partei ist allerdings selbst gerade unentschieden: Sie ist laut ihrem Grundsatzprogramm eigentlich für eine Wiedereinsetzung der Wehrpflicht, fordert das aber aktuell nicht offensiv ein, da es vor allem in den eigenen ostdeutschen Landesverbänden Widerstand dagegen gibt.

    «Wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen»

    Einig ist sich die Koalition darin, dass die Bundeswehr deutlich größer werden soll. Heute sind es etwa 183.000 aktive Soldatinnen und Soldaten, 260.000 sollen es in den nächsten Jahren werden. Auch die Reserve soll wachsen. Begründet wird dies mit einer veränderten Bedrohungslage in Europa angesichts des russischen Angriffs auf die Ukraine.

    Bundeskanzler Friedrich Merz wiederholte am Morgen in einer Regierungserklärung im Bundestag, man wolle die Bundeswehr zur «stärksten konventionellen Armee in der Europäischen Union machen» und fügte hinzu: «Uns leitet dabei ein klarer Grundsatz: Wir wollen uns verteidigen können, damit wir uns nicht verteidigen müssen.»

    Beratungen, Expertenanhörung, Beschluss

    Die strittigen Fragen im Gesetzentwurf sollen nun im üblichen parlamentarischen Verfahren geklärt werden. Wie bei jedem Gesetzgebungsverfahren sind Expertenanhörungen und weitere Ausschussberatungen geplant, bis der Bundestag am Ende über einen voraussichtlich geänderten Gesetzentwurf abstimmt. Anschließend ist noch der Bundesrat am Zug. Erklärtes Ziel ist weiterhin, dass das Wehrdienstgesetz zum 1. Januar in Kraft tritt.

    Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen (CDU) verteidigt den Vorschlag für ein Zufallsverfahren zur möglichen Auswahl von Wehrdienstleistenden.
    Unionsfraktionsvize Norbert Röttgen (CDU) verteidigt den Vorschlag für ein Zufallsverfahren zur möglichen Auswahl von Wehrdienstleistenden. Foto: Christoph Soeder/dpa
    Bundeskanzler Friedrich Merz: Die Bundeswehr soll die «stärkste konventionelle Armee» in der EU werden.
    Bundeskanzler Friedrich Merz: Die Bundeswehr soll die «stärkste konventionelle Armee» in der EU werden. Foto: Michael Kappeler/dpa
    Fragebogen, Musterung, höhere Bezahlung, Zuschuss zum Führerschein – ob über das neue Wehrdienstgesetz ab 2026 genügend Freiwillige gewonnen werden können, ist die große Frage.
    Fragebogen, Musterung, höhere Bezahlung, Zuschuss zum Führerschein – ob über das neue Wehrdienstgesetz ab 2026 genügend Freiwillige gewonnen werden können, ist die große Frage. Foto: Stefan Sauer/dpa-Zentralbild/dpa
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