Ein wenig ging es an diesem Mittwochabend in der Champions League auch darum, zu beweisen: München ist nicht Sinsheim. Und der FC Bayern ist niemals, nicht mal in der Königsklasse, die TSG Hoffenheim. Diese steile These hatte bekanntlich Bayern-Patron Uli Hoeneß angesichts der Aktivitäten der englischen Konkurrenz am Transfermarkt ausgegeben und damit sofortigen Widerspruch geerntet. Der prominenteste stammte von Karl-Heinz Rummenigge, der betonte: „Außenseiter sind wir nie.“ Und welches Spiel könnte besser dazu geeignet sein, die bajuwarische Stärke zu hinterlegen, als eine Partie gegen den FC Chelsea – also den Verein, der im Sommer innerhalb weniger Wochen mit der Conference League und der Klub-WM zwei Titel gewonnen hatte? Noch dazu steht Chelsea für alles, was sich englische Klubs an Transferaktivitäten geleistet haben: Alleine in diesem Sommer gaben die Blues 330 Millionen Euro aus und beschäftigen weiterhin genug Spieler, um zwei Profi-Kader zu füllen.
Freiheiten, von denen die Münchner Kaderplaner Max Eberl und Christoph Freund nur träumen können. Zu sehen bekamen sie dennoch eine Bayern-Mannschaft, die das Spiel über die gesamte Spieldauer bestimmte und am Ende mit 3:1 den ersten Sieg in der neuen Saison der Champions League holte. Nach einer Phase des Abtastens hatte das Team von Vincent Kompany deutlich mehr vom Spiel. Und nach einer etwas kuriosen Situation gingen die Bayern auch in Führung: Bei einem Freistoß von Joshua Kimmich stand Schiedsrichter José Maria Sanchez im Weg. Die Folge: Schiedsrichterball. Diesen spielte Kimmich schnell auf Michael Olise auf den rechten Flügel.
Weil die etatmäßigen Abwehrspieler noch im Zentrum positioniert waren, hatte der Franzose den Stürmer Joao Pedro gegen sich, dessen Stärken nicht in der Defensive liegen. Der scharfe Ball Olises sprang im Strafraum ans Knie von Trevoh Chalobah und ins Tor hinein (21.). Sechs Minuten später gab es Elfmeter für die Bayern, Moises Caicedo hatte Harry Kane im Strafraum zu Fall gebracht. Der Engländer, Mister Zuverlässig vom Punkt aus, traf zum 2:0 (27.).

Der FC Bayern dominierte das Geschehen gegen den FC Chelsea
Alles easy also? Mitnichten. Kurz nach dem zweiten Treffer wurden die Bayern eiskalt erwischt von Cole Palmer. Der englische Nationalspieler leitete einen Konter der Gäste nach einem Ballverlust von Olise ein und verwertete ihn auch. Mit einer lässigen Direktabnahme verkürzte er (29.). Der Spielstand zur Pause war etwas schmeichelhaft für die Gäste: Die Bayern hatten alleine 67 Prozent Ballbesitz.
Die zweite Hälfte begann mit einem Schreckmoment für die Bayern-Defensive: Josip Stanisic, der in den vergangenen Wochen zu einer Konstante geworden war, prallte bei einem Luftduell mit Chalobah zusammen. Der Deutsch-Kroate verletzte sich am Knie, versuchte es noch ein paar Minuten und musste dann runter. Für ihn kam Sacha Boey, der bei seinen jüngsten Einwechslungen selten überzeugt hatte.
Michael Olise hatte mehrere Chancen auf einen Treffer
Die Bayern blieben aber am Drücker und hatten durch Olise die riesige Chance zum 3:1: Kane bediente den Außenstürmer im Strafraum, doch Sanchez hielt spektakulär (60.). Nach einem Ballverlust von Chelseas Malo Gusto im Aufbauspiel kam der Ball zu Kane – und der fackelte nicht lange. Im Strafraum schob er zum 3:1 ein (63.). Der Sieg hätte noch etwa höher ausfallen können, auch wenn ein Chelsea-Treffer von Palmer wegen Abseits nicht gegeben wurde. Nicolas Jackson, Bayerns Leihspieler aus Chelsea, musste erst in der Nachspielzeit eingreifen. Nach 90 Minuten stand in München fest: Aus fußballerischer Sicht ist London weiterhin deutlich näher an München gelegen als Sinsheim. Das dürfte auch Uli Hoeneß gefallen haben.
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