Mit einer enormen Energieleistung hat sich Vinzenz Geiger zum Sieger in der Nordischen Kombination bei Olympia 2022 in Peking gekrönt. Nach dem großen Triumph mit beeindruckender Aufholjagd sprach der 24 Jahre alte Oberstdorfer unter anderem über harte Tage, zahlreiche Nachrichten und seinen ganz besonderen Skiclub.
Sie sind mit großem Rückstand ins Rennen gegangen. Wo haben Sie die Power für die Aufholjagd hergenommen?
Vinzenz Geiger: Wenn ich das wüsste. Ich habe mich einfach extrem gut gefühlt. Ich hatte ein paar harte Tage hier. Ich bin eigentlich ohne große Hoffnungen in das Rennen reingegangen. Aber ich habe mich immer besser gefühlt und besser gefühlt und habe dann einfach die Chance ergriffen und habe einfach angegriffen.
Können Sie beschreiben, wie es Ihnen in den vergangenen Tagen ergangen ist?
Geiger: Erst einmal war es ein Riesenschock, dass meine zwei Teamkollegen (Anm. Eric Frenzel und Terence Weber) positiv getestet wurden bei der Einreise. Ich habe neben Eric im Flieger gesessen und deswegen bin ich "Close Contact" von ihm. An den ersten paar Tagen wusste ich nicht, was jetzt genau los ist. Bin ich auch positiv oder nicht? Es hat sich dann rausgestellt, dass ich top gesund bin, aber es war halt immer so ein bisschen eine Unsicherheit da. Und die zwei mussten dann ins Quarantäne-Hotel. Ich habe schon richtig mitgelitten. Klar, war es für mich auch beschissen, dass ich da in der Isolation war alleine im Hotelzimmer und mir wurde immer das Essen gebracht. Aber im Endeffekt kann ich mich glücklich schätzen, dass ich überhaupt am Start bin und nicht wie die anderen zwei immer noch im Hotelzimmer sitze.
Sie durften nicht mit ihren Teamkollegen mit dem Shuttle fahren und sind versehentlich zum Snowboard statt zur Schanze gefahren worden. Lassen Sie sich da jetzt immer hinfahren?
Geiger: Nein, meine Sprünge waren auch gar nicht so gut. Heute habe ich mich schon wieder ein bisschen erholt gehabt. Aber die letzten Tage waren schon...Normal bin ich ein ziemlich entspannter Typ, aber da war ich schon ein bisschen nervös. Es kam jeden Tag wieder etwas anderes, was ich machen muss. Dies darf ich nicht, da muss ich alleine zum Training und dann wurde ich da wieder falsch gefahren. Die Shuttles kamen nicht. Das war so eine schreckliche und so schlechte Organisation. Das hat mich dann schon wirklich genervt und auf die Palme gebracht, was mir normal nicht so schnell passiert. Aber ja: Im Endeffekt ist jetzt alles egal.
Einerseits müssen Sie auf sich achten, andererseits wollen Sie auch Ihre Kollegen in der Quarantäne unterstützen. Wie schwierig ist es, da fokussiert zu bleiben?
Geiger: Extrem schwierig. Es gibt, glaube ich, wichtigere Dinge im Leben als Sport. Das denkt man sich dann schon öfters mal, wenn man die zwei da in so einem Hotel hocken sieht jeden Tag. Da würde ich nicht tauschen wollen.
Hatten Sie schon Kontakt zu den beiden?
Geiger: Ich habe jetzt gerade nur gesehen, dass ich 239 WhatsApp-Nachrichten habe. Da sind ganz sicher die zwei auch dabei.
Wie sieht der Abend noch aus. Können Sie ein bisschen feiern im Teamhotel?
Geiger: Ich denke, ich muss erstmal mein ganzes Pressezeug machen und dann schauen wir mal, was da geht. Ein Bierchen wird auf jeden Fall drin sein. Um 0 Uhr bin ich dann erst auf dem Zimmer und dann kann ich auch zu einem anderen aufs Zimmer gehen.
Es haben vier starke Leute gefehlt. Ist das ein Olympiasieg mit Sternchen?
Geiger: Natürlich hat der Jarl Magnus Riiber, für den es mir auch echt richtig leid tut, gefehlt. Er wäre der Topfavorit gewesen und es wäre extrem schwer geworden, ihn zu schlagen, da bin ich mir sicher. Es ist sehr traurig, dass vier der besten sieben nicht dabei waren wegen Corona. Ich kann mich trotzdem über meine Goldmedaille freuen. In ein paar Jahren interessiert das keinen mehr.
Mit Blick auf die deutschen Starter. Kann man von einem Oberstdorf-Express sprechen?
Geiger: Drei Starter, dreimal SC Oberstdorf. Darauf können wir stolz sein. Es ist halt der weltbeste Skiclub. (Aufgezeichnet von Thomas Eßer, dpa)
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