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Abmahnung wegen selbst genähter Masken?

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Abmahnung wegen selbst genähter Masken?

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    Freiwillige nähen Behelfsmasken für Pflegekräfte und soziale Einrichtungen. Jetzt wird vor einer möglichen Abmahn-Industrie gewarnt.
    Freiwillige nähen Behelfsmasken für Pflegekräfte und soziale Einrichtungen. Jetzt wird vor einer möglichen Abmahn-Industrie gewarnt. Foto: Symbolfoto: Hauke-Christian Dittrich, dpa

    Sie werden zurzeit überall nachgefragt und sind Mangelware: Atemschutzmasken. Deshalb haben sich im Allgäu Freiwillige zusammengeschlossen und stellen auf eigene Faust Gesichtsmasken her. Sie spenden die selbst genähten Produkte beispielsweise an Pflegedienste. Jetzt machen Gerüchte von Abmahnungen die Runde, die Unsicherheit bei den Ehrenamtlichen ist groß. Es geht dabei um die richtige Bezeichnung für diese Masken.

    „Viele Leute sprechen uns darauf an, dass wir abgemahnt werden können“, sagt eine Näherin, die ihren Namen nicht in der Zeitung lesen möchte und eine Gruppe koordiniert. Sie sorgt sich, rechtliche Schwierigkeiten zu bekommen. Auch im Internet kursieren Berichte: Anwälte würden ehrenamtliche Näherinnen abmahnen, weil sie Atemschutzmasken herstellen.

    Carmen Fritz ist Fachanwältin für Urheber- und Medienrecht und gewerblichen Rechtsschutz in Kempten. Sie hat ebenfalls von angeblichen Abmahnungen gehört, kennt allerdings bisher keinen Fall im Allgäu. „Wichtig ist, dass man die Masken nicht Atemschutzmasken nennt“, sagt Fritz. Das Problem sei das Wort „Schutz“. Es deute daraufhin, dass es sich um ein medizinisches Produkt im Sinne eines entsprechenden Gesetzes handle. Doch das ist bei selbst genähten Masken nicht der Fall. Deshalb rät die Anwältin, alternative Bezeichnungen für die Masken zu benutzen – zum Beispiel: Mund-Nasen-Maske, Behelfsmaske oder Community-Maske. „Damit dürfen die selbst hergestellten Masken beworben werden.“ Fritz warnt davor, Masken in Zusammenhang mit Covid-19 oder dem Coronavirus zu bringen, also zu schreiben, dass die Masken vor dem Virus schützen. Das wäre irreführend und fiele unter das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb. Wer rechtlich auf der sicheren Seite sein möchte, solle – auch wenn er eigentlich privat handelt – diese Punkte beachten. Findige Juristen könnten das Nähen im Sinne einer Eigenwerbung oder als geschäftliche Handlung auslegen. Ihr Fazit: „Wenn ich auf das Wort Schutz verzichte, keine Angaben zur Wirksamkeit in Bezug auf Covid-19 mache und zwischen den Masken und dem eigenen Gewerbe kein Zusammenhang besteht, ist das Nähen und das Verschenken der Masken gar kein Problem.“ In der Regel würde die Sache ansonsten zivilrechtlich verfolgt. „Die Gegner zielen in solchen Fällen meist auf Geld ab“, sagt Fritz. Die Folgen könnten Unterlassungserklärungen mit Vertragsstrafen oder Schadensersatz-Forderungen sein.

    Auch Europaabgeordnete Ulrike Müller (Freie Wähler) warnt vor der Abmahn-Industrie und fordert die Politik auf, dieser „einen Riegel vorzuschieben“. Sie hat der Lebenshilfe Kempten kürzlich 133 waschbare Gesichtsmasken geliefert. Müller sagt: „Abmahnungen sind aktuell leider kein Aprilscherz, weil solche Masken nicht als Medizinprodukte zertifiziert sind.“ Sie weist daraufhin, dass selbst genähte Masken nur für den persönlichen Schutz zum Einsatz kommen. Deshalb bräuchten sie keine Zertifizierung. Es dürfe nicht sein, dass ehrenamtlicher Einsatz in dieser Notsituation ausgebremst werde. „Wir bezeichnen unsere Masken jetzt als Behelfsmasken“, sagt die Näherin aus dem Allgäu – und hofft nun, keine Post von einem Anwalt zu erhalten.

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