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Allgäuer Gitarristin Yasi Hofer: Corona-Krise "kratzt am Selbstbewusstsein“

Künstler unter Druck

Allgäuer Gitarristin Yasi Hofer: Corona-Krise "kratzt am Selbstbewusstsein“

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    Ist von der Corona-Krise negativ betroffen, verliert aber ihren Optimismus nicht: Gitarristin Yasi Hofer.
    Ist von der Corona-Krise negativ betroffen, verliert aber ihren Optimismus nicht: Gitarristin Yasi Hofer. Foto: Armin Greither

    Freischaffende Künstler und Musiker trifft die derzeitige Corona-Krise besonders hart. Da geht es der Rock-Gitarristin und Sängerin Yasi Hofer aus Kronburg nicht anders. Im Interview erzählt die 27-Jährige, wie sie mit Konzertabsagen umgeht, wie sie sich finanziell über Wasser hält und warum sie sich für den Tierschutz einsetzt.

    Frau Hofer, wie geht es Ihnen in der Corona-Krise?

    Hofer: Ich passe mich der Situation an. Im März und April wäre mein Kalender proppenvoll mit Auftritten gewesen. Jetzt habe ich auf einmal sehr viel Zeit. Wir haben Songs für ein Akustik-Album geschrieben. Sie aufzunehmen habe ich mich bisher aber nicht getraut. Wir warten, wie sich die Lage entwickelt. Ich nutze die Zeit, um weitere Songs zu schreiben. Dafür brauche ich immer ein paar Tage am Stück. Manchmal ist es schwer, Corona auszublenden und kreativ zu sein. Das kenne ich eigentlich von mir nicht. Wenn ich mal im Flow bin, dann schreibe ich und schreibe. Das funktioniert gerade nicht.

    >> Alle aktuellen Entwicklungen zur Corona-Lage im Allgäu und der Welt laufend in unserem News-Blog <<

    Beschäftigt Sie Corona sehr?

    Hofer: Eher indirekt. Ich kommuniziere mit Musikerfreunden, wann es weitergehen kann. Anfangs haben viele Veranstalter angerufen, um die Gigs zu verlegen. Die neuen Infektionszahlen schaue ich mir nicht an. Von Nachrichten versuche ich mich fernzuhalten, weil das oft die negativen Sachen sind.

    Wie finanzieren Sie sich im Moment?

    Hofer: Ich verdiene mein Geld seit etwa drei Jahren mit Musik. Die meisten Einnahmen kommen durch Konzerte und Merchandise. Jetzt ist das Einkommen fast null – auf ungewisse Zeit.

    Was bedeutet das für Sie?

    Hofer: Ich schaue mich nach Alternativen um. Vor Kurzem hatte ich mein erstes Livestreaming-Konzert mit dem Lindauer Sänger Karl Frierson im Theater in Ravensburg als Duo – natürlich auf Abstand. Das war total spannend, denn wir hatten nicht die Möglichkeit zu proben. Den Stream kann man auf Youtube anschauen. Wir haben bereits über 1000 Aufrufe und Spenden. Damit haben wir nicht gerechnet. Außerdem bekomme ich über meine Patreon-Seite (www.patreon.com/yasihofer) finanzielle Unterstützung von Fans. Im Gegenzug kriegen sie Inhalte wie Fotos und exklusive Videos.

    Müssen Sie den Gürtel enger schnallen?

    Hofer: Über Geld habe ich mir bisher keine Gedanken gemacht und gedacht, ich habe das selber in der Hand, und es liegt an mir, an Geld zu kommen. Durch Corona habe ich realisiert, dass ich das nicht mehr unter Kontrolle habe. Das Ganze ist ziemlich surreal. Es ist unangenehm, auf die Hilfe anderer Leute angewiesen zu sein. Das kratzt am Selbstbewusstsein. Ich habe Soforthilfe beantragt, lebe gerade unter meinen Verhältnissen, habe aber Geld zur Seite gelegt. Verhungern muss ich nicht gleich, aber das schöne Mikrofonset fürs Schlagzeug geht zum jetzigen Zeitpunkt nicht. Erst einmal müssen die Lebenshaltungskosten abgedeckt werden. Doch ich hatte Pläne, wollte ein Studio bauen. Ich bin zuversichtlich, dass die Krise vorbeigeht.

    Können Sie der Krise auch positive Seiten abgewinnen?

    Hofer: Das Schöne an Corona, wenn man das mal so sagen darf, ist, was sich gerade in der Natur tut. Man hat das Gefühl, dass die Tiere viel entspannter sind. Mit den leeren Straßen und dem freien Himmel retten wir gerade ein bisschen unseren Planeten. Ich sehe Schwäne zwei Kilometer vom Fluss entfernt auf der Wiese spazieren. Außerdem sieht man Familien, die spazieren gehen. Das gab es in dem Ausmaß vorher nicht. Ich habe das Gefühl, die Leute checken gerade, für was man eigentlich lebt. Dass es schön ist, im Moment zu sein, dass es schön ist, sich Zeit für die Familie zu nehmen und nicht immer nur Arbeit, Arbeit, Arbeit und schnell, schnell, schnell machen. Ich glaube, dass die Leute weniger Stress haben. Ich habe nun Zeit für meine Hündin. Mein Schlagzeuger ist bei seinen drei Kindern zu Hause, und die Kids genießen das sehr. Wir realisieren, dass wir einander brauchen und füreinander da sind.

    Vermissen Sie die Live-Auftritte?

    Hofer: Sehr! Ich dachte immer, solange ich üben kann, bin ich glücklich genug. Mir fehlen tatsächlich auch die Menschen, die Fans. Meine Band fehlt mir, meine Musiker und das Gefühl, auf der Bühne zu stehen und Musik zu machen. Der Auftritt mit Karl Frierson gab mir ein bisschen das Gefühl von Normalität. Manche Clubs planen momentan nicht, weil sie nicht wissen, ob sie nächstes Jahr noch existieren. Viele kleinere Clubs, die nicht gefördert werden, tun sich gerade auch sehr schwer.

    Yasi Hofer übt so lange Gitarre, bis ihr die Hand weh tut.

    Nachdem die Konzerte wegfallen: Wie sieht Ihr Tag aus?

    Hofer: Mit Struktur ist es momentan schwierig. Ich plane immer nur einen Tag voraus. Am Morgen gehe ich spazieren mit den Hunden, dann nehme ich meine Gitarre in die Hand, schreibe Songs und übe. Hätte ich nicht diese Sehnenscheidenentzündung, hätte ich mich für einige Monate eingesperrt und wieder ganz intensiv geübt. So spiele ich jeden Tag zwei Stunden Gitarre, dann höre ich ein bisschen auf den Arm, und es kann sein, dass ich aufhören muss. Ich bin schon ein Arbeitstier, aber es tut mir körperlich und vom Geist her auch mal ganz gut, die Dinge geschehen zu lassen und mich einzulassen, was im Laufe des Tages so passiert.

    Sie hört sich sehr positiv an.

    Hofer: Wenn man viel Positives denkt, zieht man viel Positives an. Ich glaube, dass man mit dem Geist sein Leben in eine gewisse Richtung lenken kann.

    Neben der Musik engagieren Sie sich im Verein „Soko Tierschutz“. Was tun Sie da?

    Hofer: Ich bin seit sechs Jahren aktiv in der Recherche-Arbeit – in einem Team, das auf Suche nach Tierquälerei geht und sie aufdeckt. Bad Grönenbach war in Süddeutschland unser größter Erfolg. Wir besorgen das Material in Bild und Video. Manchmal reichen Zeugenaussagen, oder man versucht, die Polizei irgendwo hinzuschicken. Neulich haben wir dokumentiert, wie ein Tiertransporter unnötig durch die Gegend fährt. Diese Arbeit ist für mich genauso wichtig wie die Musik.

    Wie kamen Sie dazu, sich im Tierschutz zu engagieren?

    Hofer: Ich war schon immer sehr empathisch und bin mit Tieren aufgewachsen. Ich wurde vegetarisch, als ich zehn Jahre alt war. Davor habe ich mir keine Gedanken gemacht. Wenn ich bei MacDonalds Chicken McNuggets holte, habe ich die Hühner dahinter nicht gesehen. Ich habe das einfach nicht hinterfragt als Kind.

    Interview: Christian Gögler

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