„Wir können in manchen Bereichen nicht mehr die Versorgung bringen, die wir wollen.“ Wie viele Klinken, Pflegeheime und andere Einrichtungen leide auch die gemeinnützige GmbH „Körperbehinderte Allgäu“ enorm unter dem Fachkräftemangel im sozialen Bereich, sagt Geschäftsführer Dr. Michael Knauth.
Im Astrid-Lindgren-Haus in Kempten fehlt es an Betreuern
Im Astrid-Lindgren-Haus in Kempten, einem Förderzentrum mit dem Schwerpunkt körperliche und motorische Entwicklung, könnten einzelne Kinder vorübergehend nicht mehr betreut werden. „Uns fehlen einfach Köpfe. Wir mussten Gruppen zusammenlegen und dort, wo es möglich war, die Familien bitten, ohne unsere Unterstützung mit den Kindern zu arbeiten.“
Für Familien ist der Mangel an Betreuung eine große Belastung
Die Situation sei für alle Beteiligten schwierig, sagt Michael Knauth. Für die Familien bedeute der Personalmangel eine zusätzliche Belastung, die Kinder würden aus ihrem sozialen Umfeld gerissen und von ihren Freunden getrennt. „Und die Mitarbeiter, die da sind, müssen jene ersetzen, die fehlen. Manche müssen wochenlang durcharbeiten, das nagt an der Substanz.“
Dringend Unterstützung bräuchten aber auch die Wohngruppen, in denen etwa 80 Menschen mit Behinderung dauerhaft leben. „Wir können die Bewohner ja nicht einfach wegschicken“, sagt Knauth. Hilfe käme oft von den Angehörigen, die ihre Familienmitglieder teils übers Wochenende mit zu sich nach Hause nähmen. (Lesen Sie auch: Gelebte Inklusion in Sozialstation Füssen)
Viele offene Stellen
Personal zu finden sei schon seit Jahren schwierig, Corona habe die Situation „massiv verschärft“. Dringend gesucht werde vor allem pädagogisches Personal wie Erzieher, Heilerziehungspfleger oder Kinderpfleger. Aber auch Menschen aus dem Pflegebereich seien gefragt, genau wie Ergo- und Physiotherapeuten. Zudem gebe es Möglichkeiten für 450-Euro-Kräfte und derzeit ist eine Stelle in der Küche der Astrid-Lindgren-Schule offen. „Wir könnten gut 20 weitere Mitarbeiter in verschiedensten Bereichen beschäftigen“ sagt Knauth. Es gebe auch mehrere Ausbildungsplätze. Insgesamt betreut „Körperbehinderte Allgäu“ etwa 1300 Menschen aus der ganzen Region.
Um mehr Leute zu animieren, künftig in den Einrichtungen der „Körperbehinderten Allgäu“ zu arbeiten, wurde eine Kampagne gestartet. Mit Videos, Bildern und Interviews, die unter anderem in den Sozialen Netzwerken wie Facebook und Instagram gezeigt werden, will sich der Arbeitgeber vorstellen. „Wir wollen zeigen, wie wir hier arbeiten und dass es sich lohnt, ein Teil des Teams zu werden“, erläutert Knauth. Die Protagonisten der einzelnen Beiträge sind nicht etwa Schauspieler, sondern echte Mitarbeiter sowie Kinder und Erwachsene mit Behinderung, die beispielsweise in den Wohngruppen leben oder das Förderzentrum besuchen.
"Der perfekte Betreuer muss meine Fähigkeiten fördern"
Im Video „der perfekte Betreuer“, das auch im Kemptener Kino vor den Vorstellungen gezeigt wird, erzählen sie, was sie sich von den neuen Mitarbeitern wünschen. Und was sollen die können? „Mit mir Quatsch machen“, „mit mir auf Konzerte oder Fußballspiele gehen“, „mich trösten, wenn ich traurig bin“, „nett sein“, „mit uns Eis essen“. Und ganz wichtig: „Der perfekte Betreuer muss meine Fähigkeiten fördern.“
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