5067 Kilometer über den Atlantik rudern bei bis zu zehn Meter hohen Wellen in einem acht Meter langen Boot – würden Sie das wagen? Fast jeder wird die Frage wohl mit einem klaren „Nein“ beantworten. Vier Frauen aus Hamburg sagten „Ja“. Sie nahmen am wohl härtesten Ruderrennen der Welt teil. Jetzt waren zwei von ihnen auf Einladung des Energieversorgers „Allgäuer Überlandwerk“ (AÜW) bei dessen Zukunftsforum in Kempten – um von ihren Erlebnissen zu erzählen. Und in Krisenzeiten Mut zu machen.
Hartes Programm auf See: immer wieder zwei Stunden rudern, zwei Stunden ruhen
Kräftezehrend war das Abenteuer – zwischen sieben und elf Kilo Gewicht verlor jede der Frauen bei der Fahrt, die kurz vor Weihnachten 2019 auf der Insel La Gomera startete und in Antigua endete. Das lag nicht nur daran, dass alle anfänglich seekrank waren. Alle zwei Stunden wechselten sich Stefanie Kluge, ihre Tochter Timna, Catharina Streit und Meike Ramuschkat ab – paarweise wurde zwei Stunden gerudert, dann zwei Stunden geschlafen beziehungsweise navigiert und gegessen. Rund um die Uhr. 42 Tage lang. Als sie nach diesen sechs Wochen erstmals wieder festen Boden betraten, waren sie das erste deutsche Frauenteam, das rudernd den Atlantik überquert hat.
Möglich sei das nur gewesen, weil sie „ein Team auf Augenhöhe“ gewesen seien – und alle „unglaublich diszipliniert“ waren, erzählt Catharina Streit, Jahrgang 1986. Nicht nur auf dem 16 Quadratmeter großen Boot mit seiner kleinen Kabine und immerhin einem WC, sondern bereits in der rund zweijährigen Vorbereitungszeit. An sechs Tagen pro Woche planten die berufstätigen Frauen und trainierten vor allem das Rudern – aber auch medizinisches Wissen und Navigieren wurde gepaukt. „Denn alle mussten an Bord alles können“, sagt die 1968 geborene Kluge. Die Idee zu der Tour entstand, nachdem Streit eine Dokumentation über eine britische Frauenrudermannschaft gesehen hatte. (Lesen Sie auch: Dieser Bergsteiger erklimmt die berüchtigsten Allgäuer Gipfel in nur 33 Stunden)
Vier Frauen rudern über den Atlantik: Viele "Gänsehaut-Momente" aber auch Krisen an Bord
Auf dem Meer habe es viele „Gänsehaut-Momente“ gegeben. Da landete schon mal ein Fliegender Fisch an Bord und Delfine begleiteten sie. Es gab aber auch Krisen, wenn die Kraft nachließ oder die Wellen über dem Boot zusammenschlugen und das Vorankommen enorm erschwerten.
„Wir wollen Ihnen als Entscheidern in der Region Mut auch in Krisen-Zeiten machen“, hatte AÜW-Chef Michael Lucke zur Begrüßung den knapp 200 Zuhörern vor allem aus der Allgäuer Wirtschaft zugerufen, die danach Kluge und Streit gebannt zuhörten. Was die Besucher von ihrem Projekt lernen könnten, bringen die beiden Hamburgerinnen so auf den Punkt: An sich und den Erfolg glauben, groß denken, aus Niederlagen lernen und im Team viel miteinander reden. Eben mutig sein. (Lesen Sie auch: „Ich bekam Panik, dachte, dass ich sterbe“ - Das erlebte eine Memminger Helferin in Tansania)
Catharina Streit hat die Nase übrigens noch nicht voll. Sie will nächstes Jahr den Pazifik im Ruderboot von Kalifornien bis Hawaii überqueren. Dann aber nicht mit ihren drei Freundinnen, sondern mit ihrem Schwager.