Der geplante vierspurige Ausbau der B12 im Allgäu könnte auf der Kippe stehen: Laut Dokumenten des Bundesverkehrsministeriums droht neuen Straßen- und Schienenbauprojekten vorläufig das Aus - weil dem Bund das Geld fehlt. Im Allgäu würde es die Bundesstraße zwischen Kempten und Buchloe treffen. Konkret geht es laut den Dokumenten, die unserer Redaktion vorliegen, um den Abschnitt zwischen Untergermaringen und Buchloe. Dieser Teil der Strecke ist bereits sehr weit in der Planung: Von der Regierung von Schwaben liegt ein Planfeststellungsbeschluss, also eine Baugenehmigung, vor. So reagiert das Allgäu auf das Dokument des Ministeriums:
Das sagt Stefan Bosse (CSU), Oberbürgermeister von Kaufbeuren und Vorsitzender des schwäbischen Städtetags: Die Überlegung, größere Verkehrsprojekte zu verschieben, komme für ihn nicht sehr überraschend. Der Bund habe gewaltige Finanzlücken. Also mache er, was jeder machen würde: Er konzentriert sich auf die wichtigsten Ausgaben, alles andere müsse eben warten. Bosse geht aber davon aus, dass es nicht das endgültige Aus für den B12-Ausbau bedeutet, sondern dass das Projekt nur verschoben werde, bis der Bund wieder Geld dafür habe. Und ob es im Allgäu überhaupt zu einer Verzögerung kommen würde, ist aus seiner Sicht auch fraglich: Da gegen den ersten Bauabschnitt derzeit geklagt wird und die Ausbau-Gegner angekündigt haben, bis vor die höchste Instanz zu ziehen, könne sich ein Baubeginn sowieso noch lange hinziehen. Und bis dahin habe der Bund vielleicht das Geld für das Projekt wieder übrig. Bosse hofft, dass der B12-Ausbau in dieser Zeit weitergeplant werden kann, damit die Arbeiten beginnen können, sobald die Finanzierung gesichert ist. Denn allein schon für die Verkehrssicherheit sei der Ausbau wichtig.
Das sagt Bernhard Pohl (FW), Kaufbeurer Landtagsabgeordneter und Erster Stellvertretender Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im bayerischen Landtag: „Ich habe gedacht, dass in dieser Bundesregierung ein Funken Wirtschaftsverstand eingekehrt ist.“ Da der Verkehr eine Lebensader für die Wirtschaft sei, dürfe man daran nicht sparen. Das Allgäu sei auf den Ausbau der B12 angewiesen, darin steckten bereits jahrelange Planung und sehr viel Arbeit. „In der Vergangenheit haben wir mit den Verkehrsministern keine guten Erfahrungen gemacht. Will man da jetzt noch einen drauf setzen?“ Sollte der B12-Ausbau in Frage gestellt werden, werde es „massiven Ärger und Widerstand geben. Das dürften sich das Allgäu und der Freistaat nicht bieten lassen“.
Das sagt Mechthilde Wittmann (CSU), Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Oberallgäu, der auch Kempten und den Landkreis Lindau umfasst: „Wir kämpfen“, sagt Wittmann, die Mitglied im Haushaltsausschuss ist. Von einem Aus für den Ausbau der B12 will sie aber nicht reden: Im Raum stehe, dass das Projekt erstmal nicht finanziert werden könne. Allerdings laufen ständig Gespräche dazu, sagt Wittmann. Das Problem seien gestiegene Baukosten, die viele Vorhaben in Deutschland unter Druck setzten - eben auch den Ausbau der B12. Außerdem gebe es Unstimmigkeiten mit dem Koalitionspartner SPD rund um diese Fragen. „Wir sind mit Nachdruck dabei, Lösungen zu finden“, sagt Wittmann. Für sie sei der Ausbau der B12 ein Herzensanliegen, dieser sei aus wirtschaftlicher Sicht und mit Blick auf den Tourismus wichtig.
Das sagen die Kritiker des Ausbaus: Einer der Gegner ist der Bund Naturschutz. Thomas Frey, Regionalreferent für Schwaben, sagt nun zu der möglichen Streichliste: „Das Problem bei unserer Straßenplanung, bei der Neubauplanung, ist die Maßlosigkeit. Die B12 sei breiter geplant als die A7 oder die A96, das koste viel Geld. „Angesichts der knappen Kassen wäre es sinnvoll, zu überlegen, wo ist ein Bedarf an Verbesserungen und wie kann man diese ohne Maximalplanungen umsetzen“, sagt Frey. Diese Lösungen seien im Regelfall deutlich günstiger. Der Bund Naturschutz und seine Unterstützer fordern schon länger einen abgespeckten Ausbau der B12.
Das sagt die Industrie: Björn Athmer ist Regionalgeschäftsführer der Industrie- und Handelskammer Schwaben (IHK). Aus Sicht der IHK müsse abgewartet werden, wie es mit dem Dokument politisch weitergeht. Im Grundsatz müsse aber festgehalten werden: „Es wäre ein falsches Signal, trotz Sondervermögens, solche Projekte zu streichen.“ Für die Wirtschaft und den Tourismus sei der Ausbau der B12 wichtig. Das Bauvorhaben müsse wie geplant umgesetzt werden, „das in Frage zu stellen ist falsch“, so Athmer.
Das sagt das Handwerk: Der Ausbau der B12 darf weder gestrichen noch verschoben werden, das fordert Hans-Peter Rauch, Präsident der Handwerkskammer Schwaben. Er fahre beinahe täglich über die Bundesstraße Richtung Augsburg. „Was ich auf dieser Straße sehe, ist grausam.“ Also müsse sie schon allein wegen der Sicherheit dringend ausgebaut werden. Aber auch aus wirtschaftlicher Sicht: Viele Handwerker aus dem Allgäu arbeiteten im Speckgürtel von Augsburg und von München und seien auf die Verbindung angewiesen. Ebenso etliche andere Allgäuer Unternehmen. „Die B12 ist eine Wahnsinns-Verkehrsader, sie gehört schon lange ausgebaut.“
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