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Baby in Immenstadt ausgesetzt: Was jetzt folgt

Polizei ermittelt

Baby vor Krankenhaus in Immenstadt ausgesetzt - es ist nicht der erste Fall

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    Im Windfang der Notaufnahme fand eine Mitarbeiterin des Krankenhauses in Immenstadt das erst 30 Minuten alte Baby. Wo Findelkinder untergebracht werden, entscheiden die Behörden. Dabei spielen beispielsweise Jugendämter und Familiengerichte eine Rolle.
    Im Windfang der Notaufnahme fand eine Mitarbeiterin des Krankenhauses in Immenstadt das erst 30 Minuten alte Baby. Wo Findelkinder untergebracht werden, entscheiden die Behörden. Dabei spielen beispielsweise Jugendämter und Familiengerichte eine Rolle. Foto: Ralf Lienert

    Vor dem Immenstädter Krankenhaus ist am Dienstagmorgen ein Neugeborenes ausgesetzt worden. Eine Pflegekraft fand den kleinen Buben gegen 6.30 Uhr im Windfang der Notaufnahme, sagte Kliniksprecherin Kirsten Boos auf Nachfrage unserer Redaktion: „Dem Kind geht es gut.“ Es sei in Handtücher eingewickelt gewesen und sofort medizinisch versorgt worden. Als es aufgefunden wurde, war das Neugeborene erst 30 Minuten alt. Es liegt inzwischen in der Kemptener Kinderklinik. Über die Eltern war laut Boos zunächst nichts bekannt. Die Kriminalpolizei ermittelt, äußerte sich aber nicht zu den näheren Umständen.

    Generell werde in solchen Fällen die Umgebung abgesucht, erläutert Polizeisprecherin Isabel Schreck. Auch die Kleidung oder Gegenstände, die bei einem ausgesetzten Kind gefunden werden, könnten bei der Suche nach der Familie helfen. Um die Mutter zu finden, frage die Polizei teils auch in umliegenden Krankenhäusern nach, ob dort Frauen mit Geburtsverletzungen behandelt wurden.

    "Aussetzung" ist strafbar - Welche Strafe droht?

    „Aussetzung ist ein Straftatbestand“, sagt Schreck. Wer einen Menschen in einer hilflosen Lage im Stich lasse und in Kauf nehme, dass dieser stirbt oder gesundheitliche Schäden davonträgt, dem drohe eine Haftstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren. Noch höher könne das Strafmaß ausfallen, wenn es sich um das eigene Kind oder einen Menschen handelt, für dessen Betreuung man verantwortlich ist. „Dann geht es in der Regel um eine Strafe zwischen einem und zehn Jahren.“

    Noch ist unklar, wer das Kind in Immenstadt vor der Klinik ausgesetzt hat. Ist es aus medizinischer Sicht überhaupt möglich, dass die Mutter das Baby so kurz nach der Geburt selbst im Windfang abgelegt hat? „Wenn sie entsprechend voller Adrenalin war und die Kurve nach der Geburt nicht abgeflacht ist, weil sie fest entschlossen war, das Kind abzugeben, kann die Mutter es durchaus selbst dort hingebracht haben“, sagt eine Allgäuer Hebamme.

    Baby vor Krankenhaus in Immenstadt ausgesetzt: Bereits der zweite Fall in Immenstadt

    Im August 2009 war es in Immenstadt bereits zu einem ähnlichen Vorfall gekommen. Damals hatte eine 21-Jährige ihr neugeborenes Baby in einem Gebüsch nahe des Krankenhauses ausgesetzt. Etwa eine Stunde später entdeckten zwei Jugendliche es beim Zeitungsaustragen – sie hatten ein Wimmern gehört. Das Neugeborene blieb unverletzt. Der Bub kam zunächst in eine Pflegefamilie. Erst einen Monat nach der Tat fand die Polizei die Mutter. Sie gab an, nichts von der Schwangerschaft gewusst zu haben und völlig überfordert gewesen zu sein. Nachdem sich ihre psychische Lage stabilisiert hatte, bekam sie das Kind vom Jugendamt zurück. „Es ist schön, dass ich ihn jetzt bei mir habe“, sagte die Frau damals vor Gericht. Das Urteil: eine dreimonatige Bewährungsstrafe und 120 Stunden gemeinnützige Arbeit.

    Wenn Babys aufgefunden werden, müsse zuerst die Polizei informiert werden, teilt das Landratsamt Oberallgäu mit. Später kommen weitere Stellen wie das Jugendamt oder das Familiengericht ins Spiel, um einen Vormund zu bestellen. Kann das Baby die Klinik verlassen, dann werde es in einer stationären Einrichtung oder einer Pflegefamilie untergebracht, die dafür vom Jugendamt ausgebildet ist. Die Beratungsstelle für Schwangere Donum Vitae hat einen solchen Fall noch nie erlebt – auch nicht in ihrer Außenstelle in Immenstadt, sagt Sozialpädagogin Michaela Rock. Seit 2016 gibt es die Stelle mit Sitz im Ostallgäu. Mütter, die ihr Kind nach der Geburt nicht behalten können, hätten mehrere Optionen. Beispielsweise gebe es die „vertrauliche Geburt“. Frauen können so ihr Kind gebären, ohne im Krankenhaus ihren Namen zu nennen.

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