Wohnraum ist knapp - Die Wartelisten sind lang und die Mieten steigen. Auch im Allgäu suchen viele Menschen händeringend nach Wohnungen, sodass im Raum Kempten mancher Eigentümer seine Wohnungen "15- bis 20-Mal vermieten" könnte. Oft wird daher bei Neubauprojekten der Begriff "bezahlbares Wohnen" verwendet. Doch wann gilt Wohnraum im Allgäu als bezahlbar? Gibt es unbezahlbares Wohnen? Und wo liegt die Grenze? Der Versuch einer Annäherung.
.Hierzu ist zuerst vorauszusetzen, dass "bezahlbar" relativ ist. Das bedeutet: Eine Wohnung, die samt Nebenkosten 1500 Euro pro Monat kostet, ist für jemanden mit einem Nettoeinkommen von 2000 Euro im Monat nicht bezahlbar, wohingegen sie für jemanden mit einem Einkommen von 10.000 Euro pro Monat durchaus als bezahlbar gilt. Daher ziehen wir für die Annäherung das Durchschnittseinkommen heran.
Großer Unterschied zwischen Kempten und Memmingen: So viel verdienen Menschen im Allgäu im Schnitt
Das ist aber in den verschiedenen Landkreisen unterschiedlich. Auch wenn zwar klar ist, wo im Allgäu die Menschen am meisten Geld auf der hohen Kante haben, heißt das nicht, dass die Menschen im Schnitt dort auch am meisten verdienen. Die jüngsten offiziellen Daten hierzu liefert die Regionaldatenbank der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder. Darin abzulesen sind Zahlen für das Jahr 2020, die mittels einer Hochrechnung von erhobenen Zahlen aus dem Jahr 2018 gewonnen wurden. Der jüngste Stand der Berechnungen stammt aus dem Jahr 2021.
Darin werden folgende verfügbare Einkommen (Netto) pro Einwohner angegeben:
- Kempten: 22.964 Euro/Jahr (1913,66 Euro/Monat)
- Memmingen: 27.753 Euro/Jahr (2312,75 Euro/Monat)
- Kaufbeuren: 24.796 Euro/Jahr (2066,33 Euro/Monat)
- Ostallgäu: 24.693 Euro/Jahr (2057,75 Euro/Monat)
- Unterallgäu: 25.600 Euro/Jahr (2133,33 Euro/Monat)
- Oberallgäu: 25.426 Euro/Jahr (2118,83 Euro/Monat)
Aus der Statistik wird ersichtlich, dass es schon beim Durchschnitt einige Unterschiede zwischen den einzelnen Kreisen und kreisfreien Städten gibt.
Wie viel sollte man für seine Miete maximal ausgeben? Das rät eine Bank
Als nächstes stellt sich die Frage: Welchen Teil seines monatlichen Gehalts sollte man maximal für die Miete ausgeben? Die Volks- und Raiffeisenbanken raten dazu, mit der Warmmiete zu rechnen. Natürlich gibt es hier Abweichungen je nach Verbrauch der Mieter. Allerdings sollten sich die Abschlagszahlungen auch immer an den Verbrauch anpassen.
Nimmt man also die Warmmiete gibt die VR-Bank eine Faustregel an die Hand: Die 30er-Regel. Die besagt, dass die (Warm-)Miete nicht mehr als 30 Prozent des monatlichen Nettogehalts, also des verfügbaren Monatseinkommens, ausmachen sollte. Die Regel lässt individuelle Faktoren wie mögliche Zins- und Dividendeneinnahmen aus Geldanlagen oder individuelle Ausgaben außer Acht. Das Ergebnis sollte daher als Orientierungswert dienen.
Für das Allgäu ergeben sich dadurch folgende Mietbeträge, die man in den jeweiligen Städten und Kreisen im Schnitt maximal für eine Wohnung zahlen sollte, damit sie - rein rechnerisch - als bezahlbar gilt:
- Kempten: 574,01 Euro/Monat
- Memmingen: 693,83 Euro/Monat
- Kaufbeuren: 619,90 Euro/Monat
- Ostallgäu: 617,33 Euro/Monat
- Unterallgäu: 640,00 Euro/Monat
- Oberallgäu: 635,65 Euro/Monat
Mehrere Faktoren bestimmen die Höhe der Miete im Allgäu
Nun gibt es bei Wohnungen mehrere Faktoren die die Miethöhe beeinflussen. Zum einen natürlich die Lage. Also liegt die Wohnung in der Nähe zur Innenstadt, hat man von dort eine gute Aussicht, ist Naherholung nur wenige Gehminuten entfernt. Das lässt sich kaum erfassen, da auch die Einschätzung einer Lage subjektiv ist - also viele Menschen die Lage einer Wohnung anders bewerten. Während für den einen wichtiger ist, dass er zu Fuß zum nächsten Club gehen kann, ist es für andere beispielsweise wichtig, möglichst weit weg von ebendiesen zu sein.
Zum anderen ist da auch die Ausstattung und der Standard der Wohnung. In einem unsanierten Altbau aus den 1960er-Jahren wird man für eine Wohnung deutlich weniger Miete zahlen, als in einem Neubau in gleicher Lage und mit gleicher Größe.
Welchen Wert man aber vergleichen kann, ist die Wohnfläche. Und auch hier gibt es rechtliche Orientierungswerte, die besagen, wie viel Wohnraum für eine Person angemessen ist - und was nicht. So schreibt das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr in einem Merkblatt zur Mietwohnraumförderung aus dem September 2023 folgendes:
"Die angemessene Wohnfläche beträgt höchstens
Wohnungstyp | Haushaltsgröße | Wohnfläche |
Ein-Zimmer-Wohnung | Eine Person | 40 m² |
Zwei-Zimmer-Wohnung | Eine Person | 50 m² |
Zwei-Zimmer-Wohnung | Zwei Personen | 55 m² |
Drei-Zimmer-Wohnung | Zwei Personen | 65 m² |
Drei-Zimmer-Wohnung | Drei oder vier Personen | 75 m² |
Vier-Zimmer-Wohnung | Vier Personen | 90 m² |
Für jeden weiteren Haushaltsangehörigen kann die Wohnfläche bis zu 15 m² mehr betragen; in diesen Fällen sind Wohnungstypen mit einer höheren Zimmerzahl zulässig. Die Wohnfläche einer Wohnung muss mindestens 35 m² betragen."
Nun sind die Quadratmeterpreise im Allgäu in den vergangenen zehn Jahren teils deutlich gestiegen. Wie viel teurer das Wohnen in Ihrem Landkreis seit 2012 wurde und welche Quadratmeterpreise (nettokalt) man 2022 dort im Schnitt entrichten musste, zeugt diese Grafik:
Ist meine Wohnung "bezahlbar"?
Um das herauszufinden, muss man die obenstehenden Werte zusammenführen und auf die eigene Situation anpassen. Das heißt:
- Verdiene ich mehr oder weniger als der Durchschnitt in meinem Kreis? Je nachdem darf die Wohnung mehr oder weniger kosten. (Es gilt die 30er-Regel)
- Ist meine Wohnung angemessen groß für meinen Haushalt? Wenn größer, dann darf sie auch mehr kosten.
- Dann spielen noch die Faktoren Zustand des Hauses (Neubau/Altbau, saniert/unsaniert), sowie Lage (Innenstadtnah, Bergblick o.ä.) eine Rolle. Dafür kann man sich beim herausgerechneten Wert nach oben oder nach unten orientieren.
Einige Beispiele:
- Beispiel: Eine alleinstehende Frau (Netto-Einkommen 3.000 Euro/Monat) lebt in einem Zwei-Zimmer-Loft in der Innenstadt von Kempten mit Blick über die Stadt. Das Loft ist ein Neubau und die Grundfläche beträgt 50m². Dann gilt die Warmmiete für diesen individuellen Fall bis etwa 1000 Euro als bezahlbar.
- Beispiel: Wenn ein Paar mit einem Kind in einer mittelwertigen Drei-Zimmer-Wohnung mit 65 m² in Memmingen lebt, sollten sie für ihre monatliche Warmmiete nicht mehr als 693,83 Euro ausgeben müssen, sofern nur einer der beiden ein festes Einkommen hat. Arbeiten beide Erwachsenen, darf die Wohnung bis zu 1387,65 Euro pro Monat kosten.
- Beispiel: Ein Pärchen mit einem Alleinverdiener (2500 Euro netto/Monat) im Oberallgäu, das in einer Drei-Zimmer-Wohnung auf 65m² lebt, wohnt "bezahlbar" sofern die Wohnung nicht mehr als 750 Euro an Warmmiete pro Monat kostet - und die Wohnung angemessen ist. Wenn das Paar also in einer 100m²-Neubau -Wohnung mit Bergblick und Terrasse wohnt, müssen sie damit rechnen, dass die Wohnung für sie nicht mehr bezahlbar ist.