Wiedergeltingen

In Wiedergeltingen wird ein Telefonhäuschen zur Bücherzelle

Rammingen_Bücherzelle

Auf Initiative des Bürgervereins Wiedergeltingen wurde an der Mindelheimer Straße auf Höhe des Dorfladens eine Bücherzelle installiert. Brigitte Roth kümmert sich um Leseangebot und Erscheinungsbild der Zelle.

Bild: Regine Pätz

Auf Initiative des Bürgervereins Wiedergeltingen wurde an der Mindelheimer Straße auf Höhe des Dorfladens eine Bücherzelle installiert. Brigitte Roth kümmert sich um Leseangebot und Erscheinungsbild der Zelle.

Bild: Regine Pätz

In Wiedergeltingen gibt es eine Bücherei auf kleinstem Raum. Der Austausch funktioniert. Warum die Organisatoren manchmal trotzdem eingreifen müssen.
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Von Regine Pätz
26.11.2020 | Stand: 12:20 Uhr

Mit geübten Griffen nimmt Brigitte Roth einzelne Bücher aus dem Stapel vor sich im Regal, schiebt sie dann in passende Lücken und klopft sie gerade. Der Bücherrücken soll zu sehen sein, dann natürlich auch richtig herumgedreht, mit dem Schriftverlauf von unten nach oben. Immer wieder lässt sie dabei einen Blick über den Titel des Buches gleiten, nimmt dadurch auf, um welches Genre, welchen Autor es sich handelt.

Brigitte Roth hat eigentlich genügend zu tun, aber ihre Liebe gehört auch der Literatur

Brigitte Roth ist Zweite Vorsitzende im Wiedergeltinger Bürgerverein und Gemeinderätin. Zudem ist sie berufstätig und kümmert sich oft um ihre Enkelin. Das wären wohl Aufgaben genug, dennoch gehört ihre Liebe auch der Literatur, in diesem Falle der sogenannten Wiedergeltinger Bücherzelle.

Direkt an der Mindelheimer Straße und damit in unmittelbarer Nähe des Dorfladens steht das ausrangierte Telefonhäuschen. Seit April ist die gelbe Zelle dort auf Initiative des Bürgervereins zu finden und hat auf dem Grundstück von Winfried Doll dauerhaft Bleibe gefunden.

Seit April steht die ausrangierte Telefonzelle an der Mindelheimer Straße

Brigitte Roth schaut regelmäßig nach den Rechten, räumt auf und macht eine Bestandsaufnahme. Dadurch erkennt sie sofort, ob Gebrauch vom kostenlosen Leseangebot gemacht worden ist. Denn dann weisen die Bücherreihen Lücken auf oder zeigen sich hinzugefügte Exemplare, in Stapeln abgelegt.

Die stellvertretende Vorsitzende des Bürgervereins sorgt dabei nicht nur für ein einladendes Bild. Gleichzeitig lässt sie unpassende Druckwerke auch dezent verschwinden. Bücher von Sekten etwa oder über Verschwörungstheorien, unter dem Deckmantel der Esoterik vertrieben. Bisweilen findet sich unter den anonym abgegeben Bücherspenden auch erotische Literatur. „Feuchtgebiete“ beispielsweise, ein Roman über eine junge Frau, die sehr offen mit ihrem Körper verfährt. „Das sortiere ich dann aus“, sagt Brigitte Roth lachen. Nicht, weil sie persönlich etwas gegen diese Art Literatur hat. Gerade Kinder sollen sich freimütig am Bücherzellen-Angebot bedienen können. Da gelten dann schon bestimmte Prinzipien für die Mitglieder der Bürgerliste.

Auch ohne Erotik ist der Literatur-Querschnitt erfrischend zeitgemäß

Auch ohne Erotik ist der Literatur-Querschnitt erfrischend zeitgemäß, den Spendern sei Dank. Auch das freut die Initiatoren, denn dadurch kann ein breiter Kreis an Lesern bedient werden. Zudem sei darin eine Wertigkeit zu entdecken, die das Projekt auch verdient habe, sagt Brigitte Roth.

Denn so schön gelb gestrichen, so sauber, sah die ehemalige Telefonzelle davor nicht aus. Barbara Kugelmann, ebenfalls Gemeinderätin und im Bürgerverein vertreten, brachte die Idee mit der Telefonzelle ins Gespräch. Vereinsmitglied Karsten Lincke hat sich dann im Internet auf die Suche begeben und wurde fündig. „Allerdings sah das gute Stück jämmerlich aus“, erinnert sich Brigitte Roth. Viel Arbeit war notwendig, um sie auf den heutigen Stand zu bringen.

Auch mit der Wahl des Standortes sollte es zunächst nicht ganz so einfach sein. Im Dorf präsent sollte die Bücherzelle stehen, schnell zu finden sein. Als dann Winfried Doll auf den Bürgerverein zuging und eine Parzelle seines Grundstücks an der Mindelheimer Straße anbot, war die Erleichterung groß. Dort darf es nun bleiben – und mit ihm das Bänkchen daneben.

Die Bücherzelle bräuchte noch eine Stromleitung

Noch wird die Bücherzelle über ein Solarpaneel mit Strom versorgt, um bei einbrechender Dämmerung Licht darin zur Verfügung stellen zu können. „Das funktioniert aber leider nur bei ausreichender Sonnenbestrahlung“, bedauert Roth. Jetzt, zur beginnenden Winterzeit, bleibt das Häuschen abends dunkel. „Obwohl eigentlich jetzt Licht gebraucht werden würde.“