Für den Richtspruch war Zimmerermeister Erwin Dellwitz zuständig.
Bild: Christian Rudnik
Für den Richtspruch war Zimmerermeister Erwin Dellwitz zuständig.
Bild: Christian Rudnik
Knapp 100 Gäste kamen zum Richtfest des Pflegeheims ins Fuchstal, das wegen einer falsch eingebauten Treppe in der Vergangenheit für Schlagzeilen gesorgt hatte. Die Eröffnung des Hauses mit Platz für 92 Bewohner und einem Investitionsvolumen von 20 Millionen Euro ist für Sommer 2024 geplant. Unsere Redaktion hat das Richtfest zum Anlass genommen, um mit Pajam Rais-Parsi, Koordinator für Seniorenarbeit am Landratsamt Landsberg, über die aktuelle Situation, die weitere Entwicklung und ein wohl nicht zu lösendes Problem zu sprechen.
Dass ein Pflegeheim, wie es derzeit in Fuchstal entsteht, benötigt wird, daran gebe es keinen Zweifel, sagt der Koordinator. Ob dies aber auch ein langfristiges Modell für die Zukunft ist, dahinter setzt er ein Fragezeichen. Rais-Parsi erwartet, dass der Trend in Zukunft eher zu kleineren, wohnortnahen Betreuungseinheiten geht. Der Fachmann sagt: „Es gibt aktuell zu wenig Plätze in der stationären Pflege. Rein rechnerisch fehlen rund 400 im Landkreis. Allerdings gibt es Betten, die nicht belegt werden können, weil das Personal fehlt.“ Das Problem lasse sich auch durch mehr Auszubildende und Anwerbung im Ausland nicht lösen. Dies habe eine Studie vergangenes Jahr für den Großraum München gezeigt.
Der Landkreis Landsberg arbeitet derzeit an einem Konzept zum Thema Pflege. „Ich kann dazu zum jetzigen Zeitpunkt aber noch nichts öffentlich sagen“, so der Koordinator. Ganz grundsätzlich sei aber in der Pflege eine schärfere Abtrennung der Aufgaben nötig – je nach Qualifikation des Personals. Zu oft müsse Fachpersonal Aufgaben erledigen, die nicht zu dessen Kernkompetenz gehörten. „Für Tätigkeiten wie das Waschen der Pflegebedürftigen kann man sicher neues Personal gewinnen und einsetzen.“ Auch bürgerschaftliches Engagement werde künftig eine größere Rolle spielen.
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Die aktuelle Situation im Kreis Landsberg bewertet er in der Tagespflege als „okay“, in der ambulanten Pflege gebe es teils Probleme, einen Dienstleister zu finden und im stationären Bereich gebe es vor allem im Norden einen Mangel, betrachte man nur den Landkreis Landsberg ohne Angebote angrenzender Landkreise.
Fuchstals Bürgermeister Erwin Karg sieht in dem Projekt an der Josef-Schöner-Straße eine sinnvolle Ergänzung für die Menschen und die Schließung einer Lücke. „Wir haben bereits mobile Pflegedienste, Tageseinrichtungen und eine Kurzzeitpflege. Das Heim ergänzt das Angebot richtig gut.“ Schon jetzt würden die Angebote von Personen aus umliegenden Gemeinden genutzt, das werde auch beim Pflegeheim so sein, ist Karg überzeugt.
Auch wenn es im Fuchstal zur Notwendigkeit der Einrichtung und dem Standort durchaus unterschiedliche Meinungen gebe, sei er froh über die Entscheidung. „Es ist am Ortsrand, aber dennoch zentral, weil sich dort Schule und Kindergarten befinden und die Einkaufsmöglichkeiten in der Nähe sind. Dort spielt sich das Leben ab.“ Zudem könne das Gebäude ans örtliche Nahwärmenetz angeschlossen werden. Auch hätten der Sozialverband VdK und das Landratsamt ihm im Austausch stets signalisiert, dass das Pflegeheim benötigt werde.
Als Betreiber der Einrichtung war zunächst das Unternehmen Pichlmayr vorgesehen, nun ist es die WH Care Betriebsgesellschaft Bayern. Sowohl hinter dem Betreiber WH Care als auch hinter Pichlmayr steht derselbe Eigentümer, erklärt Investor Erlbau auf Nachfrage unserer Redaktion. „Es handelt sich hier um eine strategische Entscheidung.“ Kapitalanleger können ein Pflegeappartement erwerben und monatliche Mieteinnahmen, unabhängig von der Belegung, erhalten, informiert das Unternehmen.
Jedes Stockwerk verfügt über einen zentralen Wohn- und Küchenbereich und einen Beschäftigungsraum, wo sich die Bewohner und Bewohnerinnen tagsüber aufhalten. Sie werden aktiv in die Alltagsabläufe eingebunden. Die 87 barrierefreien Pflegeappartements, davon fünf Doppelzimmer, bestehen aus einem Wohn-/Schlafraum und einem Bad mit WC. Im Erdgeschoss befinden sich neben dem Speiseraum mit Sonnenterrasse ein Andachtsraum sowie ein Friseur.
Im Dachgeschoss entstehen laut Investor, die ERL Immobiliengruppe aus Deggendorf, sechs barrierefreie Wohnungen und 13 Personalwohnungen. Die barrierefreien Zwei-Zimmer-Appartements verfügen über Wohnflächen von 48 bis 71 Quadratmetern, die Ein- bis Drei-Zimmer-Personalwohnungen über 39 bis 78 Quadratmeter. Diese seien ein Vorteil bei der Personalgewinnung und „ein großer Pluspunkt aufgrund der kurzen Wege“, informiert Erlbau.
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