Großprojekt Bad Wörishofen

Salzgeber-Großprojekt startet - ein Park im Sinne Kneipps in Bad Wörishofen

In Bad Wörishofen entsteht ein großes Projekt im Sinne Kneipps.

In Bad Wörishofen entsteht ein großes Projekt im Sinne Kneipps.

Bild: Eva Salzgeber

In Bad Wörishofen entsteht ein großes Projekt im Sinne Kneipps.

Bild: Eva Salzgeber

Rund um das einst größte Gewächshaus Deutschlands entsteht ein Park im Sinne Kneipps. Ein „Leuchtturm für die Kneippbewegung“ sei möglich.
15.05.2023 | Stand: 09:00 Uhr

„Was hätte Pfarrer Kneipp gemacht, wenn er diese Gelegenheit bekommen hätte?“ Die Antwort auf die Frage von Eva und Sebastian Salzgeber findet man im Nordwesten der Kneippstadt auf dem ehemaligen Bauernfeind-Gelände, auch bekannt als Fuchsfarm. Dort steht das einst größte Gewächshaus Deutschlands und entsteht nun unter dem Namen „K.E.R.N.garten“ ein Projekt im Sinne des Wasserdoktors.

3,7 Hektar großes Gelände

Bei einem Spaziergang vor sechs Jahren entdeckte das Ehepaar das 3,7 Hektar große Gelände „Am Tannenbichl“, das in erster Linie durch Humusanhäufungen bis zu viereinhalb Metern Höhe, verfallenen Wirtschaftsgebäuden und einem heruntergekommenen Wohnhaus „bestach.“ Seit über 15 Jahren unbewirtschaftet, wucherten vor allem Brennnesseln, eine reichhaltige Flora und Fauna suchte man vergebens. Immer wieder kehrten Eva und Sebastian Salzgeber zu dem Gelände zurück und entwickelten dabei ein Projekt, das durch die Lehre von Sebastian Kneipp und ihrer Liebe zur Natur geprägt ist. Als Sebastian Salzgeber im Herbst 2020 erfuhr, dass das Gelände zum Verkauf angeboten wurde, fiel die Entscheidung sofort – ein Jahr später wurde der Kaufvertrag unterzeichnet und die Idee in enger Absprache mit den zuständigen Behörden umgesetzt. Entstehen soll hier ein „Kneipp Erlebnis Raum Natur“, ein öffentlich zugänglicher Naturraum mit vielfältiger Vegetation.

Die Philosophie Kneipps erleben

Der Kern- oder Leitgedanke des Konzepts ist, die Philosophie Kneipps in Bad Wörishofen wieder lebendig werden zu lassen. Für Heilpraktiker Salzgeber sind Natur und Mensch untrennbar miteinander verbunden. „Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, den Menschen den verantwortungsvollen Umgang mit der Natur wieder bewusst zu machen. Vor allem unsere Kinder müssen wieder mehr an die Natur herangeführt werden.“ In einem ersten Schritt entsteht gerade der Naturerlebnisraum. Um bösen Überraschungen vorzubeugen, wurden Bodenproben genommen. Gerüchte, dass der Boden durch Altlasten kontaminiert sei, bewahrheiteten sich aber nicht.

Sonnenblumenöl vom Gelände

Die Salzgebers ließen Humus abtragen und pflanzten Sonnenblumen, Ringelblumen, Tagetes und Ackerbohnen, um den Boden zu verbessern. Die Sonnenblumen entwickelten sich so prächtig und vor allem so zahlreich, dass sich das Ehepaar spontan entschloss, daraus Öl pressen zu lassen. Heuer wird das Gelände weiter gestaltet und Hafer, Kartoffeln und Bohnen angebaut. Durch eine sensible Bewirtschaftung soll sich das Areal zu einem wertvollen Kulturraum entwickeln. Weiter geplant sind unter anderem Naturerlebnispfade und Biotope, Wasserstellen, Kräuterbeete und ein Spielplatz mit Materialien aus der Natur.

Wald aufgeforstet

Die Salzgebers forsten den zum Gelände gehörenden Wald wieder auf. Aus dem Nutzholzwald aus reinem Fichtenbestand soll ein zukunftsfähiger Wald werden. Zukunftsfähigkeit ist auch beim Thema Energieversorgung der Maßstab. Die Salzgebers setzen ausschließlich auf regenerative Energien wie Sonne, Wind und Erdwärme. Das bestehende Holzhaus aus dem Jahr 1923 soll erhalten bleiben und den beiden ab Ende des Jahres als Wohnhaus dienen. Auch die Renovierung der Werkhalle nimmt Gestalt an und ist jetzt die großzügige Werkstatt von Sebastian Salzgeber. Das Glashaus des ehemaligen Gemüsegärtnereibetriebs soll ebenfalls eine neue Bestimmung erhalten. Es war einst mit etwa 1200 Quadratmetern das größte Gewächshaus in Deutschland.

Modell der solidarischen Landwirtschaft

Als letzten Schritt kann sich das Ehepaar die Gründung von Initiativen zur generationsübergreifenden Arbeit in der Natur ebenso vorstellen wie Therapie- und Seminarräume: „In Zusammenarbeit mit der ortsansässigen Ärztegesellschaft und den Kneipp-Organisationen kann ein Leuchtturmprojekt für die Kneippbewegung entstehen.“ Auch Platz für Tiny Houses, als Idee für ein generationsübergreifendes Wohnprojekt, wäre vorhanden. Um den langfristigen zukunftsweisenden Ausbau des Gesamtprojekts zu gewährleisten, denkt das Paar an die Gründung einer Genossenschaft nach dem Modell der solidarischen Landwirtschaft, ein bewährtes Konzept, das es in Deutschland schon mehrfach gibt. Das schließt nicht nur den Anbau von Nutzpflanzen, sondern auch Tierhaltung mit ein. „Wenn hier jemand Ziegen, Schafe oder Geflügel halten will, kann er das tun – in eigener Verantwortung.“

Zuschuss vom Amt für Ländliche Entwicklung

Deshalb auch die Gründung der Genossenschaft, um die verschiedenen Interessen in geordnete Bahnen zu lenken. Abgesehen vom Wohnhaus, das ausschließlich Salzgebers privater Nutzung dient und deshalb nicht in den Finanzierungsplan des Geländes einfließt, sind Eva und Sebastian Salzgeber mit einem sechsstelligen Betrag in Vorleistung gegangen. Für zweckgebundene Maßnahmen, die vom Amt für Ländliche Entwicklung vorgegeben werden, gibt es 75 Prozent Förderung. „Das Projekt soll und darf über mehrere Generationen wachsen und sich verändern. Unser Hauptziel ist, einen zukunftsweisenden Gedanken umzusetzen, der Natur und Mensch zusammenbringt. Profit machen wir damit nicht.“ An jedem ersten Samstagnachmittag im Monat stehen Eva und Sebastian Salzgeber auf dem Gelände für Fragen rund um das Projekt zur Verfügung.