Ohne Bus wäre wohl Schluss mit dem Öffentlichen Personennahverkehr in vielen Allgäuer Städten und Gemeinden. Doch an einen Ausbau des Angebots ist aktuell nicht zu denken. Im Gegenteil: Die Unternehmen suchen weiter händeringend nach Busfahrern, um bestehende Linien bedienen zu können. So fährt die in Kaufbeuren ansässige Verkehrsgesellschaft Kirchweihtal seit Monaten in reduziertem Umfang. Ende Januar wurden Linien zusammengelegt, es entfallen Haltestellen und Verbindungen komplett. Der Fokus wurde auf den Schüler- und Pendlerverkehr gelegt.
„Mit Ach und Krach bringen wir den reduzierten Fahrplan hin“, sagt Geschäftsführer Michael Bechteler. Die Lage sei weiterhin „sehr angespannt“. Derzeit stünden nur 42 Fahrerinnen und Fahrer zur Verfügung. Zu Spitzenzeiten seien es etwa 80 gewesen. Auch beim Kemptener Verkehrsbetrieb Haslach Bus, der für die „Mobilitätsgesellschaft für den Nahverkehr im Allgäu“ (Mona) Linien fährt, sorgt die Personalknappheit seit Monaten für Sorgenfalten: „Ohne Rentner, die einspringen, könnten wir sie nicht abdecken“, sagt Senior-Chef Hans Haslach.
Ein Blick zum Bodensee: „Ein bisher nicht gekannter Mangel an Fahrpersonal hatte Ende Juli dazu geführt, dass auf verschiedenen Buslinien am Bodensee Fahrten ausfallen mussten“, heißt es bei der Bodensee-Oberschwaben Verkehrsverbund GmbH (bodo). Die gute Nachricht: Ab dem Wochenende entspanne sich die Lage etwas. Das Busunternehmen habe alle Kräfte mobilisiert, die Organisation optimiert. Verband: In Bayern fehlen rund 2000 Busfahrer
Busfahrermangel: "Am Geld kann es doch nicht liegen"
Die Branche rätselt, weshalb sich nur noch wenige junge Menschen für den Beruf begeistern. „Am Geld kann es doch eigentlich nicht liegen“, sagt ein Busfahrer in Rente, der als Minijobber weiterhin Bus fährt. Der Allgäuer rechnet vor: Als Busfahrer mit Berufserfahrung sei im Linienverkehr ein Gehalt von 2000 Euro netto (inklusive Zuschläge für Sonn- und Feiertage oder Nachtfahrten) pro Monat drin. Teils mehr. Einige Betriebe zahlten aktuell über Tarif. Im Reiseverkehr seien gut 3000 Euro netto möglich. „Obendrein kann man dann auch noch in ganz Europa herumkommen.“ Dieser Wahl-Allgäuer ist Busfahrer mit Leib und Seele
"Aha, die Alten spielen sich wieder auf"
Auch an den Ausbildungskosten von 5000 bis 10.000 Euro könne es nicht liegen: „Daran beteiligen sich die Unternehmen längst. Manche übernehmen sie sogar ganz.“ Finanzielle Hilfe sei unter bestimmten Voraussetzungen auch vom Arbeitsamt möglich, so Haslach. Dass es an Nachwuchs fehlt, hat aus Sicht des langjährigen Busfahrers vor allem einen Grund: „Niemand will mehr Verantwortung übernehmen.“ Wegen dieser Aussage will er auch nicht namentlich genannt werden. „Dann heißt es gleich: Aha, die Alten spielen sich wieder auf.“
In ihrer Not behelfen sich einige Firmen mit Fahrern aus dem Ausland. Damit folgen sie dem Beispiel der Verkehrsbetriebe Mittelrhein. Das Unternehmen hatte kürzlich überraschende Zahlen bekannt gegeben: Etwa 80 Prozent seiner Fahrer kommen inzwischen aus dem Ausland. Etwa aus Polen, Portugal, Spanien, Tschechien, sogar aus Indien. Vorteil dieses Unternehmens: Es hat Werkswohnungen für die neuen Fahrer. Allgäuer Firmen tun sich dagegen deutlich schwerer, Wohnraum zu finden.
Deshalb hoffen die meisten, dass sich die Lage in der Branche in den kommenden Monaten bessert. Hans Haslach sieht erste Anzeichen dafür: „Wenn die Wirtschaft schwächelt und die Arbeitslosenzahlen steigen, werden viele wieder die Vorteile eines sicheren Arbeitsplatzes als Busfahrer schätzen.“ In diese Richtung geht die Tendenz beispielsweise bei der Fahrschule von Bressensdorf in Sonthofen: „Das Interesse hat wieder etwas angezogen. Immer häufiger sind auch Frauen in den Kursen“, sagt eine Sprecherin.
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