Flutwellen, schnell steigender Wasserpegel: Um diese Gefahren für Canyoning-Teilnehmer in der Starzlachklamm zu reduzieren, könnte Technik helfen. Dieser Ansicht ist der ehemalige Skihochtourenführer Lothar Radermacher aus Sonthofen im Oberallgäu, der sich gut in der Klamm auskennt. Sie liegt gleich neben Sonthofen.
Dort war im September 2022 eine Frau gestorben. Sie hatte an einer geführten Canyoningtour teilgenommen, bei der sich Menschen durch die Klamm bewegen – etwa kletternd, springend, rutschend, schwimmend. Eine Flutwelle soll einen Teil der Gruppe plötzlich erfasst haben. Die Frau wurde am nächsten Tag tot aufgefunden.
Unglück in der Starzlachklamm: Ofenwaldsperre 22 Meter hoch, 60 Meter breit
Die Voraussetzungen seien gut, in der Starzlachklamm Messtechnik einzurichten, sagt Radermacher. Zum Beispiel an der Ofenwaldsperre. Das 22 Meter hohe und knapp 60 Meter breite Bauwerk steht an der südlichen Seite des Grünten. Es wurde Anfang der 1960er-Jahre gebaut, um den Ort Winkel und auch Sonthofen vor Hochwasser der Starzlach zu schützen. Laut Wasserwirtschaftsamt Kempten (WWA) hatte es dort nämlich in den 1950er-Jahren vermehrt Hochwasser gegeben.
Nördlich der Sperrmauer, also entgegen der Fließrichtung der Starzlach, gebe es weitere Möglichkeiten, Messtechnik einzurichten, sagt Radermacher. Dort gebe es eine Art Becken, in denen sich bereits Wasser sammele, wenn die Starzlach steige. Sensoren könnten Canyoningführern etwa aufs Handy melden, wenn der Pegel plötzlich steige.
Es gibt bereits Technik, die den Pegel misst
An der Sperrmauer selbst gibt es bereits Messtechnik, sagt David Kempter, stellvertretender Leiter des WWA. Sie zeigt an, wie hoch das Wasser an dem Bauwerk steht. Allerdings werden die Daten nur alle 15 Minuten aktualisiert. Da das Wasser sehr schnell steigen kann, etwa durch eine Gewitterzelle, könne dieser Rhythmus als Warnung für Canyoningführer eventuell nicht ausreichen.
Dem WWA genügen diese Angaben aber: Für den Hochwasserschutz seien sie ausreichend. Wenn Veranstalter von Canyoningtouren selbst weitere Technik anbringen wollten, wäre das zumindest aus Sicht der Behörde kein Problem. In dieser Sache führe der Verband Allgäuer Outdoorunternehmen (VAO) mit dem WWA auch bereits Gespräche, wie uns ein Sprecher mitteilte. Zu diesem Verband gehören auch Veranstalter, die in der Klamm Canyoningtouren anbieten.
Flutwelle kann durch Öffnung in Sperrmauer entstehen
Wenn es eine Sperrmauer gibt, die Wasser der Starzlach bis zu einer gewissen Menge zurückhalten kann, wie können da Flutwellen in der Klamm entstehen? Durch die Öffnung am Fuß der Mauer, sagt David Kempter. Sie kann nicht verschlossen werden: Das Wasser müsse immer fließen, damit das Bauwerk nicht so schnell überlaufen kann. Wenn dort nun plötzlich mehr Wasser durchdrücke, könne schon eine Flutwelle entstehen. Die Mauer sei auch nicht dafür gebaut worden, dass Besucher trockenen Fußes durch die Klamm gehen können, sondern um die Orte vor Hochwasser zu schützen.
Derzeit werde das Bauwerk vom WWA überprüft. Das müsse regelmäßig gemacht werden, sagt Kempter. Unter anderem auf seine Standfestigkeit. Aber auch darauf, ob es noch für die Wassermassen reicht, die durch Starkregen entstehen können. Wegen des Klimawandels nehmen solche Wetterereignisse zu. Ein Ergebnis dieser Untersuchung könnte deshalb eventuell sein, dass die Sperrmauer vergrößert werden muss.
Wie es rechtlich nach dem Unglück weitergeht
Unterdessen läuft die rechtliche Klärung des tödlichen Unglücks in der Starzlachklamm weiter. Gegen zwei Guides wird wegen des Verdachts der fahrlässigen Körperverletzung ermittelt, gegen zwei weitere wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung. Ob gegen sie Anklage erhoben wird, soll in diesen Tagen entschieden werden.