„Wir fühlen uns hier pudelwohl“, sagt Jan Eberhard aus Schwerte im Ruhrgebiet. Er sitzt gemütlich mit seiner Familie in der Lobby des Parkhotels Frank in Oberstdorf: Der Urlaub war lange gebucht. Man wartete gespannt, ob er stattfinden darf. Doch lieber stornieren? Bei Eberhards war das kein Thema: „Wir mussten nur den Anreisetag vom 29. auf den 30. Mai schieben“, sagt der Urlauber: „Dafür hängen wir einen Tag dran.“ „Die Gäste sind völlig entspannt“, resümiert Robert Frank, der mit seiner Frau Cora Bethke-Frank das Fünf-Sterne-Hotel führt, den Neustart an Pfingsten: Anreise, Abendessen, Frühstück – alles problemlos trotz Abstandsregeln, Hygieneauflagen und Beschränkungen.
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Neustart in der Corona-Krise: Der Aufwand ist höher als sonst
Im Hotel wurde einiges angepasst: Im Restaurant wird nicht jeder Tisch besetzt, auf der Terrasse stehen sie weiter auseinander. Wenn mehr Gäste kommen, müsse man die Essenszeiten möglicherweise steuern. Der Aufwand ist höher als sonst: Am Frühstücksbuffet nimmt sich der Gast sonst selbst, was er will. Jetzt wird er bedient. Servicekräfte müssen die Gäste am Tisch länger beraten. Hygiene-Vorgaben schrecken den Hotelier nicht: Auf Sauberkeit achte man ja sonst auch, sagt Frank. „Wir haben beim Material etwas umgestellt – weniger Haushaltsreiniger, mehr Desinfektionsmittel.“ Aber man hat mehr Arbeit: Der Zimmerwechsel ist aufwendiger, weil mehr ausgetauscht und desinfiziert werden muss. Tür- und Schrankgriffe, Fernbedienungen werden „spezieller“ gereinigt.
Keiner feilscht um Nachlässe
Zudem muss man sich noch mehr konzentrieren, sagt Eva Paetkow an der Rezeption. Da falle einem schon einmal ein: „Ups, ich muss ja noch die Handschuhe anziehen.“ Auch den Mindestabstand müsse man ständig im Kopf haben. „Ich hab’ mir den Start aber stressiger vorgestellt“, sagt sie: „Die Gäste sind super! Freundlich, verständnisvoll, solidarisch. Das ist richtig familiär.“ Keiner habe um Nachlässe gefeilscht. Plexiglasscheiben und Masken kennen alle von zuhause.

Michael Fecher aus Aschaffenburg, der mit seinen beiden Buben einen Vater-Sohn-Ausflug ins Parkhotel macht, sitzt lächelnd auf der Hotel-Terrasse. Kritik? Nein. Die gab’s nur zuhause von seiner Frau – mit Augenzwinkern: „Ihr müsst natürlich wieder mit die Ersten sein.“
"Im Juni/Juli haben wir Nachholbedarf. Ab August schaut’s gut aus.“
Am Samstag kamen 65 Urlauber, am Sonntag waren es schon 85 in dem 150-Betten-Hotel: Kein Vergleich mit Pfingsten in anderen Jahren. „Im Juni/Juli haben wir Nachholbedarf. Ab August schaut’s gut aus.“ Das hänge aber auch davon ab, wann man wieder ins Ausland reisen kann. „Da wird mancher noch wechseln“, vermutet Frank. Für den Winter rechnet er mit normaler Belegung. Silvester sei ausgebucht.
Entspannter Neustart und nette Gäste: Das kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Lockdown und die Beschränkungen der Branche heftig zu schaffen machen. „Wie es weiterläuft, weiß keiner. Und abgerechnet wird im Herbst“, sagt Frank, der als Vize-Präsident der Industrie- und Handelskammer Schwaben über den Tellerrand schaut. Es gebe eine „hohe Spanne zwischen Anfragen und Buchungen – das kennen wir so aus anderen Zeiten nicht.“ Je höher die Kategorie, desto geringer die Belegung: Hotels, die eine Infrastruktur bieten, die man jetzt nicht nutzen darf, haben damit mehr Probleme als Vermieter von Ferienwohnungen oder Privatquartieren. Da vermisst der Gast solche Angebot nicht. Im Parkhotel ist dagegen keine Kinderbetreuung erlaubt. Schwimmteich, Schwimmbad und Sauna sind zu.
„Das ist für viele Kollegen schwer nachvollziehbar“, sagt Frank: Warum solle man mit einer definierten Begrenzung ein Schwimmbad nicht öffnen? Er hätte von der Politik „lieber klare Ansagen mit Bedingungen als gar keine.“ „So gut und nötig die Regelungen am Anfang waren – es ist schade, dass man jetzt nicht mehr auf Eigenverantwortung setzt. Gerne mit einer gewissen Kontrolle.“
Am Pfingstwochenende wurde die erste große Ausflugswelle auch im Allgäu erwartet. Am Samstag blieb der Ansturm aus, mehr war am Sonntag los.