Haben die etablierten politischen Parteien bei dieser Bundestagswahl die letzte Chance, die Probleme in unserem Land wirklich und langfristig zu lösen?
HUBER: Viele Menschen haben das Vertrauen in die Handlungsfähigkeit der Bundesregierung verloren. Das liegt an der miserablen Performance der Ampel-Regierung, die sich drei Jahre lang nur gestritten hat. Es braucht jetzt einen grundlegenden Politikwechsel bei den Themen Wirtschaft, Migration und Innere Sicherheit. Das schaffen wir, mit Friedrich Merz als Bundeskanzler. Nach der Wahl geht es darum, das Grundvertrauen der Menschen in die Politik wieder zu stärken. Die Regierung muss handlungsfähig sein und sich um die Themen kümmern, die die Menschen bewegen.
Also die letzte Chance, den Angriff der Rechtspopulisten abzuwehren?
HUBER: Die AfD will 2029 an die Macht. Das wäre fatal und würde unserem Land schwer schaden. Die AfD will raus aus der Europäischen Union und raus aus der Nato. Der Austritt aus der Nato würde nichts anderes bedeuten, als unser Land Putin auf dem Silbertablett zu servieren. Der EU-Austritt würde Deutschland wirtschaftlich ruinieren.
Sie haben davon gesprochen, dass Vertrauen wiederhergestellt werden müsse. Hat es da Sinn, im Wahlkampf fast alles zu versprechen: mehr Netto vom Brutto, bessere Bildung und Infrastruktur, mehr Geld für die Verteidigung. Laut des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sind die Wahlversprechen der Union zu 90 Milliarden ungedeckt.
HUBER: Dem muss ich widersprechen. Während SPD und Grüne neue Schulden machen wollen, setzen wir auf Sparmaßnahmen und werden die Konjunktur ankurbeln. Wir haben in Deutschland kein Einnahmenproblem, wir müssen einfach nur bessere Prioritäten setzen. Migration, Bürgergeld und Heizgesetz kosten den Staat rund 130 Milliarden Euro im Jahr, hier besteht riesiges Einsparpotenzial. Wir hätten in Deutschland 20 Milliarden Euro mehr im Haushalt zur Verfügung, wenn wir nur die durchschnittliche wirtschaftliche Entwicklung unserer Nachbarstaaten aufweisen könnten. Durch unser Land muss ein Ruck gehen, es braucht Vorfahrt für wirtschaftliches Wachstum und Leistung. Mit niedrigeren Energiepreisen, Abbau von Bürokratie, Senkung von Unternehmenssteuern und Steuerfreiheit für Überstundenzuschläge.
Sie wollen Wachstum: Muss man den Menschen dann nicht auch ehrlicherweise sagen, dass an manchen Stellen härter gearbeitet werden muss, um wettbewerbsfähig zu bleiben?
HUBER: Ja, wir werden sicher nicht mit weniger Leistung aus dieser Wirtschaftskrise kommen. Arbeit ist nicht staatlich organisierter Diebstahl von Freizeit. Arbeit hat etwas mit gesellschaftlicher Teilhabe und Selbstverwirklichung zu tun. Deshalb muss das Bürgergeld abgeschafft werden, stattdessen braucht es eine neue Grundsicherung. Wer arbeitet, muss deutlich mehr haben als jemand, der nicht arbeitet. Die von der Ampel angeschmissene Umverteilungs-Maschinerie ist krachend gescheitert.
Was sind die drei wichtigsten Pläne der CSU, um dieses Land wieder aus der Rezession zu führen?
HUBER: Die schon erwähnte Abschaffung des Bürgergeldes, geringere Strom- und Energiekosten sowie die Steuern für Unternehmen auf 25 Prozent senken.
Auch der Bürokratie-Abbau gehört zu den großen Wahlkampf-Themen. Dabei fällt auf, dass die bürgerliche Koalition in Bayern in der Vergangenheit auch nicht viel zuwege gebracht hat.
HUBER: Bayern ist Vorbild für Deutschland beim Bürokratieabbau. In einer Regierungserklärung im vergangenen Jahr hat Markus Söder sehr konkrete Maßnahmen vorgestellt. Sie sind jetzt in der Umsetzung, zum Beispiel Erleichterungen beim Baurecht. Für jedes neue Gesetz sollen zwei alte Gesetze wegfallen, das wollen wir auch für ganz Deutschland.
Die Regierungserklärung war vergangenes Jahr, über einen Bürokratie-Abbau wird aber schon viel länger diskutiert...
HUBER: Deshalb haben wir in Bayern mit Walter Nussel einen erfolgreichen Beauftragten für Bürokratieabbau, der dafür sorgt, dass es vorangeht. Weniger Bürokratie heißt aber eben auch weniger Kontrolle für den Staat und mehr Verantwortung für die Betreffenden.
Den Kommunen macht neben der Bürokratie unter anderem auch die Integration von Geflüchteten zu schaffen. Es geht ja nicht nur um die Unterbringung, sondern auch um Plätze in Kitas und Schulen. Wie kann die Politik hier helfen?
HUBER: Es braucht eine grundlegende Wende bei der Migration. Die Migration ist uns über den Kopf gewachsen und unsere Integrationsmöglichkeiten sind begrenzt. Deshalb muss die illegale Migration gestoppt und die legale Migration begrenzt werden. Es braucht Grenzkontrollen mit Zurückweisungen an allen deutschen Außengrenzen. Das subsidiäre Recht auf Asyl muss abgeschafft und Ausreisepflichtige unmittelbar abgeschoben werden oder in Abschiebe-Gewahrsam kommen. Wer unseren Schutz missbraucht und eine Straftat begeht, muss unser Land verlassen.
Auch aus der Ukraine kommen Flüchtlinge zu uns. Friedrich Merz, der Kanzlerkandidat der Union, möchte das Land zum Beispiel mit Taurus-Marschflugkörpern unterstützen. Was sagen Sie den Menschen, die Angst davor haben, dass die Nato dann zu einer echten Kriegspartei werden könnte?
HUBER: Das wird nicht passieren. Friedrich Merz wird besonnen und in enger Abstimmung mit unseren Partnern handeln. Russlands Angriffskrieg, der Nahost-Konflikt und die Drohungen Chinas gegen Taiwan sind ein Angriff auf die westliche Welt. Das erinnert durchaus an den Kalten Krieg. Den damaligen Wettlauf der Systeme konnte der Westen gewinnen, weil wir wirtschaftlich, technologisch und militärisch der Stärkere waren. Wir müssen wirtschaftlich wieder stark werden, um uns selbst verteidigen zu können. Deutschland muss für seine eigene Sicherheit sorgen.
Klimapolitik ist für die Menschen weiter ein wichtiges Thema. Die Staatsregierung hat sich eben vom Ziel verabschiedet, den Freistaat bis 2040 klimaneutral zu machen. Handeln Sie da an den Bedürfnissen der Menschen vorbei?
HUBER: Im Gegenteil, wir machen Klimapolitik mit den Menschen, statt gegen sie. Wir wollen keinen Klimaschutz mit der Brechstange. Sie sehen ja an der Klimapolitik von Robert Habeck im Bund, wie das scheitert. Klima- und Wirtschaftspolitik müssen Hand in Hand gehen. Es ist absurd, wenn Robert Habeck sich für einen geringeren CO2-Ausstoß feiern lässt und verschweigt, dass die sinkende Produktion in der Industrie der Grund dafür ist. Hier entsteht ein Wohlstandsverlust, der gerade die arbeitende Bevölkerung trifft. Das wird die Akzeptanz für Klimaschutz nicht erhöhen.
Aber was hat sich entscheidend verändert seit der Zeit, als Söder das Ziel 2040 ausgegeben hat?
HUBER: Drei Jahre Ampel haben das Land zurückgeworfen. Es braucht wirtschaftliche Stärke und ideologiefreie Energiepolitik, um Klimaneutralität zu erreichen. Es ist absurd, dass Robert Habeck die Transformation fordert, gleichzeitig CO2-neutrale Kernkraftwerke abschaltet und andererseits auf dreckige Kohleverstromung setzt. Ohne die Kernkraft können wir die ehrgeizigen Klimaziele nicht erreichen, ohne unserer Wirtschaft zu schaden. Gerade die energieintensive Industrie braucht Grundlastfähigkeit und kann doch ihre Produktion nicht danach ausrichten, wie verfügbar der Strom aus Wind und Sonne gerade ist. Die größte Volkswirtschaft Europas kann doch nicht vom Wetterbericht abhängig sein.
Noch zu einem regionalpolitischen Thema: Die CSU tritt für einen starken ländlichen Raum ein, doch auf den Dörfern bricht immer mehr Infrastruktur weg: Gasthäuser, Bank- und Postfilialen schließen. Sind Sie hier machtlos?
HUBER: Bayern handelt. Denken Sie an Behördenverlagerungen, Außenstellen von Hochschulen, den Breitband-Ausbau oder die Hilfe für die Kommunen bei der Ausweitung der Kinderbetreuung. Der Freistaat hat hier insbesondere mit der Hightech-Agenda von Markus Söder wirkungsvolle Gegenmaßnahmen gestartet. Bei der Mobilität sagen wir Ja zum Auto und zum Verbrenner, denn gerade im ländlichen Raum brauchen Sie das Auto.
In diesem Bundestagswahlkampf betont die CSU die Geschlossenheit innerhalb der Union. Ist Ihnen bewusst, dass Söders ständige Absagen an eine schwarz-grüne Koalition manchen in der CDU nerven?
HUBER: Die Frage ist doch, mit wem der dringend nötige Politikwechsel möglich ist. Nehmen Sie als Beispiel das Thema Migration. Bei entscheidenden Themen wie Grenzkontrollen, Zurückweisungen oder der Bezahlkarte für Asylbewerber gibt es keine Schnittmengen zwischen der Union und den Grünen. Die Menschen haben nach drei Jahren Ampel genug von einer Regierung, die nicht zusammenpasst. Deshalb ist eine Koalition mit den Grünen für uns ausgeschlossen.
Dann bleibt als Koalitionspartner wohl nur noch die SPD. Wie wollen Sie mit den Sozialdemokraten beispielsweise eine Einigung beim Bürgergeld hinbekommen?
HUBER: Für uns ist entscheidend, selbst möglich stark zu werden, um den Politikwechsel zu erreichen. Und die SPD wird nach der Wahl eine andere sein. Olaf Scholz wird nach der Wahl keine Rolle mehr spielen. Sie sehen auch schon an manchen Äußerungen von SPD-Vertretern zu Bürgergeld oder Migration, dass sie sich auf uns zu bewegen. Klar ist aber auch, es braucht eine starke CDU/CSU, um den Politikwechsel zu schaffen. Wir wollen Deutschland wieder in Ordnung und das Land auf Vordermann bringen.
Zur Person
CSU-Politiker Martin Huber sitzt seit dem Jahr 2013 im Landtag. Im Mai 2022 übernahm er das Amt des CSU-Generalsekretärs. Der Oberbayer ist 47 Jahre alt. Das Interview haben wir bei einem Besuch Hubers in unserer Kemptener Redaktion geführt.
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