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Dachser Spedition in Memmingen: Standort ausgezeichnet - für die Förderung von Mitarbeitern mit Behinderung

Logistikkonzern Dachser

Dachser ausgezeichnet: Standort in Memmingen fördert Mitarbeiter mit Behinderung

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    Nelia Onischenko und Patrick Fackler arbeiten bei Dachser in Memmingen. Ihre Jobs wurden wegen ihrer körperlichen Beschwerden angepasst.
    Nelia Onischenko und Patrick Fackler arbeiten bei Dachser in Memmingen. Ihre Jobs wurden wegen ihrer körperlichen Beschwerden angepasst.

    Am Arbeitsplatz von Nelia Onischenko hat es um die zwei Grad Celsius. Denn in dem Memminger Lager des Logistikkonzerns Dachser werden Lebensmittel deponiert. Onischenko trägt deshalb Mütze, Winterjacke und Handschuhe. So machen das auch ihre Kollegen, die zwischen den vielen Hochregalen mit ihren Staplern umherfahren und Waren sortieren. Auch Onischenko steht auf einem Stapler. Dabei sieht sie aus wie jeder andere in der Halle. Doch unter ihrer dicken Latzhose plagen sie Rückenschmerzen. „Die Bandscheibe“, sagt die 61-Jährige. Zeitweise konnte sie nicht mehr arbeiten. Jede Erschütterung auf dem Stapler bereitete ihr Schmerzen.

    Heute, nach einer Krankheitsphase, geht das allerdings wieder. Zusammen mit ihren Chefs hat Onischenko eine scheinbar einfache Lösung gefunden: Sie trägt eine Art Nierengurt, der ihren Rücken stabilisiert. „Ich bewege mich jetzt ohne Angst“, sagt sie. Ihre Arbeitszeit hat sie verkürzt.

    Bei Dachser in Memmingen kämpfen 7,5 Prozent der Mitarbeiter mit Handicap

    Onischenko gehört zu 62 Mitarbeitern bei Dachser in Memmingen, die ein Handicap haben. Das sind 7,5 Prozent der gesamten Belegschaft, die an dem Standort rund 850 Mitarbeiter zählt. Damit liegt das Unternehmen mit seiner Größe über der gesetzlich geforderten Quote von fünf Prozent.

    Gemeint sind damit Menschen, die ihre Jobs nicht so ausführen können wie andere. Die meisten von ihnen haben einen Grad der Behinderung zwischen 30 und 100 Prozent. „Darunter sind Fälle von Mitarbeitern mit Herzinfarkten, Tumoren oder einer schweren Diabetes“, sagt Niederlassungsleiter Thomas Henkel.

    Bei dem Konzern sollen solche Einschränkungen aber kein Grund sein, den Beruf wechseln zu müssen, sagt Henkel. Es gebe mehrere Werte, die bei Dachser gelebt werden. Einer davon heiße: „Weltoffenheit und Respekt.“ Und das gelte für jeden, egal welcher Nationalität – ob mit oder ohne körperliche Beschwerden. Das Unternehmen halte das für seine „soziale Verantwortung“. Für die Angestellten mit Einschränkung, wie Henkel sie nennt, gebe es zwei Mitarbeiter, die sich speziell um sie kümmern. Eine Stelle davon ist in Vollzeit damit beauftragt. Obwohl das für das Unternehmen ein Aufwand sei, lohne es sich, ist Henkel überzeugt.

    Bayerisches Familienministerium zeichnet Dachser Niederlassung in Memmingen aus

    Für sein Engagement für Mitarbeiter mit Behinderungen hat der Standort Memmingen nun einen Preis erhalten. Als einziger im Allgäu. Das bayerische Arbeitsministerium schreibt zusammen mit dem Behinderten-Beauftragten der Staatsregierung alle zwei Jahre die Auszeichnung „JobErfolg – Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz“ aus. Dachser in Memmingen hat sich zum ersten Mal in der Kategorie „Privatwirtschaft“ beworben und gleich abgeräumt.

    Am Mittwochnachmittag wurde die Urkunde in München von Familienministerin Ulrike Scharf (CSU) übergeben. Eine achtköpfige Delegation aus Memmingen reiste an.

    Unter ihnen war auch Lkw-Fahrer Patrick Fackler. Er leidet an Krebs. Vor seiner Diagnose und einer Operation ist er mit den Dachser-Lkw mehrere hunderte Kilometer pro Tag gefahren. In drei Schichten: Tag-, Spät- und viele Jahre lang Nachtschicht. Das geht heute nicht mehr. Dass sein Arbeitgeber ihn nicht hängen ließ, war „meine Rettung“, sagt er. Fackler fährt heute Kurzstrecken, ist alle paar Stunden zurück im Werk. Schwer heben kann er nicht mehr. Dank einer automatisierten Be- und Entladestation sowohl bei Dachser als auch bei bestimmten Kunden muss der 43-Jährige das auch nicht. Er fährt jetzt eine Runde mit täglich 210 Kilometern. Und das auf einer Strecke, die trotz seiner Krankheit machbar ist.

    Inklusion ist, wenn Mitarbeiter trotz körperlicher Beschwerden im Unternehmen bleiben können

    Niederlassungsleiter Henkel sagt zu diesem Fall: „Das ist Inklusion. Für jeden Mitarbeiter mit Einschränkungen den richtigen Einsatzort finden.“ So würden etwa Schichtmodelle angepasst. Der Standort profitiere von einer hohen Betriebszugehörigkeit. Bei den betroffenen Mitarbeitern sei es deshalb häufig der Fall gewesen, dass sie während ihrer Zeit bei Dachser erkrankt sind. Andere werden mit Handicap eingestellt. Von ihren Kollegen fühlen sie sich voll unterstützt.

    Der am Mittwoch verliehene Preis lobt „beispielgebendes Engagement von bayerischen Arbeitgebern“ bei der Beschäftigung von chronisch Erkrankten und Menschen mit Behinderung, heißt es beim Ministerium. Damit sollen Firmen ermutigt werden, Betroffene einzustellen.

    Dachser in Memmingen: Vorbild für andere?

    Henkel hofft ebenso, dass es ein Ansporn für andere Unternehmen ist. Er sagt, die Auszeichnung sei nicht nur für die Niederlassung eine hohe Anerkennung. Sondern auch für die Betroffenen, die sich mit ihren Beschwerden auseinandergesetzt haben und im Unternehmen geblieben sind.

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