„Das Buch braucht ihr heute nicht, nur das iPad.“ Mit diesen Worten beginnt Lehrerin Maria Schönrock den Geschichtsunterricht der 6b an der Grund- und Mittelschule Memmingen-Amendingen. Die Tablet-Klasse ist Teil des Pilotversuchs „Digitale Schule der Zukunft“ des Bayerischen Kultusministeriums. Nach dessen Angaben beteiligen sich im aktuellen Schuljahr bayernweit 250 Lernstätten – elf davon im Allgäu – an dem Projekt, bei dem die Schüler den Umgang mit den Geräten im Unterricht lernen.
Lehrkräfte können Aufgaben individuell versenden
Von Kreide und Schiefertafel ist bei den Buben und Mädchen der 6b also keine Spur. Ihre Lehrerin nutzt die Tablets, um individuell Aufgaben zu versenden. Genau da könne die neue Unterrichtsform punkten, sagt Schönrock. „Wir arbeiten viel differenzierter. Kinder mit anderen Muttersprachen, die noch nicht so gut deutsch sprechen, nutzen das Gerät zum Beispiel als digitales Wörterbuch.“
Und das kommt gut an. „Ich habe da richtig Bock drauf“, sagt Siebtklässler Luis über das Lernen mit dem Tablet. Auch Laureta erkennt Vorteile: „Wenn wir nicht mehr so viele Bücher tragen müssen, werden die Rucksäcke leichter.“ Als etwas gewöhnungsbedürftig beschreibt hingegen Chiara den Umgang mit den neuen Geräten, die die Kinder auch privat nutzen dürfen – Programme zum Kinderschutz blockieren dabei nicht altersgerechte Webseiten. „Es fühlt sich schon etwas komisch an, mit dem Stift auf dem Bildschirm zu schreiben“, sagt sie. Gänzlich auf Hefte zu verzichten, würde ihr schwerfallen – allerdings muss sie das auch nicht. Denn: Ziel sei ein ausgewogenes Verhältnis zwischen technischem Fortschritt und Bewährtem, sagt Sebastian Münsch, medienpädagogischer Berater des Landratsamts Unterallgäu. Schulhefte und Tablets Seite an Seite. „Das bedeutet auch nicht, dass der Unterricht ohne Tablet schlecht ist“, betont Münsch. Vielmehr gehe es darum, Schülern und Lehrkräften neue Möglichkeiten zu zeigen, sie aber auch für die Risiken der Digitalisierung zu sensibilisieren.
Befürchtung, dass Schüler mehr schummeln
„Mir macht der rasante technische Fortschritt etwas Angst“, sagt Simone Fleischmann, Präsidentin des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbands (BLLV). So könnte es sein, dass die Schüler Tests auf den Tablets schreiben und statt der Kinder Programme computergenerierte Antworten auf die Prüfungsfragen liefern. Das werfe bei Lehrkräften laut Fleischmann zunehmend die Frage auf: „Wie sollen wir das bewerten?“ Gleichzeitig sei es aber unumgänglich, die neuen Optionen wahrzunehmen.
So sieht das auch der Memminger Schulleiter Robert Hackenberg. Derzeit gibt es vier sogenannte Tablet-Klassen an seiner Schule. „Kommendes Jahr dürfen es gerne doppelt so viele sein.“
Das Digitalisierungsprojekt in Zahlen
- Bayernweit machen derzeit insgesamt 250 Schulen beim Pilotversuch der „Digitalen Schule der Zukunft“ mit - elf davon im Allgäu, wie zum Beispiel in Memmingen, Kaufbeuren, Oberstaufen oder Kempten.
- Laut Kultusministerium fördert der Freistaat Bayern jede teilnehmende Klasse mit 400 Euro.
- Zudem wird jedes Tablet mit maximal 300 Euro bezuschusst. Insgesamt sind für das Projekt 16 Millionen Euro vorgesehen.