Bioläden und Bio-Supermärkte bekommen derzeit besonders stark zu spüren, dass die Menschen ihr Geld zusammenhalten, denn viele sparen bei den Lebensmitteln. „Wir haben ein Drittel weniger Umsatz“, sagt Karolina Kreuzer, die mit ihrem Mann Thomas Leuprecht das Milchlokal in Durach (Kreis Oberallgäu) betreibt – einen Unverpackt-Laden, in dem es hauptsächlich Bio-Ware zu kaufen gibt. Die Quartalsrechnung habe sie gerade abgeschlossen. „Wir merken es an der Anzahl der Kunden und an der Größe der Einkäufe“, sagt Kreuzer. Nicht unbedingt notwendige Besorgungen wie eine Flasche Wein oder eine Schachtel Pralinen fielen derzeit weg.
Auch beim Bio-Ring Allgäu ist die Entwicklung spürbar. „Der Bio-Frühlingsmarkt in Marktoberdorf war gefühlt deutlich geringer besucht als im Jahr zuvor“, sagt Christine Räder, Geschäftsführerin des Bio-Rings. Der Bio-Markt für Saatgut im März dagegen sei auf großen Anklang gestoßen. „Die Menschen bauen verstärkt Gemüse in ihren Gärten an.“ Die Umsatzrückgänge im Bio-Handel erklärt sich Räder damit, dass die Verbraucher weniger zu den hochqualitativen Bio-Produkten von Direktvermarktern aus der Region greifen, sondern vermehrt Käse und andere Lebensmittel aus den Bio-Linien der Discounter und großen Einzelhändler kaufen. Das glaubt auch Karolina Kreuzer. Und die Zahlen bestätigen die Vermutung: Während der Umsatz der Bio-Märkte im ersten Quartal dieses Jahres um bis zu 18 Prozent sank, stieg der Absatz der Bio-Eigenmarken um neun Prozent an, ermittelte das Marktforschungsinstitut GfK.
Händlerin zieht Konsequenzen
Für kleine Händler wie Kreuzer und Leuprecht könnte der Zustand durchaus an die Existenz gehen. „Wenn man momentan von dem Laden eine Familie ernähren müsste, dann hätte man es schwer“, sagt Karolina Kreuzer. Sie und ihr Mann betreiben das Milchlokal nicht hauptberuflich. Auf die Entwicklungen am Markt muss die Allgäuerin trotzdem reagieren: „Wir haben ab Juni samstags nicht mehr geöffnet, um bei den Personalkosten zu sparen.“ Zudem müsse sie das Sortiment verkleinern.
Auch bei großen Firmen im Allgäu macht sich die aktuelle Situation bemerkbar. So verzeichnet der Legauer Naturkost-Produzent Rapunzel (Kreis Unterallgäu) einen „leichten Umsatzrückgang“, sagt Unternehmenssprecherin Eva Kiene. In den Jahren 2020 und 2021 habe die Firma allerdings besonders große Zuwächse verbucht. Auch bei Feneberg bemerkt man „starke Schwankungen“ an den Märkten. Joseph Nossol, Geschäftsführer von Denn’s Biomarkt, der mit drei Filialen in der Region vertreten ist, sagt auf Anfrage unserer Redaktion: „Die Entspannung der pandemischen Lage und die damit einhergehende Wiedereröffnung von Gastronomie und Einzelhandel spüren wir Naturkostfachhändler.“ Rapunzel-Sprecherin Kiene bestätigt: „Die Lage ist angespannt.“ Um die langfristigen Beziehungen zu den Naturkost-Fachhändlern nicht zu belasten, gebe Rapunzel nicht alle Preiserhöhungen an den Handel weiter. Die Firma trage einen Teil der Spanne selbst, sagt Kiene.
Einbußen auch für Landwirt
„Ich finde es schade, denn der Verbraucher schneidet sich ins eigene Fleisch“, sagt Bio-Bauer Benno Bönisch aus Eggenthal (Kreis Ostallgäu). Er verkauft seit den 1990er Jahren Bio-Fleisch. Heuer habe er bis Ostern Einbußen von „gut 20 Prozent“ gehabt. Das veränderte Käuferverhalten könne kleine Bio-Betriebe, die hochwertige Lebensmittel produzieren, die Existenz kosten. Vor allem wegen der hohen Energiepreise. Mittlerweile habe sich der Absatz aber wieder stabilisiert, sagt Bönisch. Dass so viele Menschen zu günstigeren Lebensmitteln greifen, kann der Bio-Bauer nur bedingt nachvollziehen: „Am Essen spart man, damit das Auto fahren kann.“
Trotz der aktuell geringeren Nachfrage sind sich Bauern, Händler und Produzenten einig: Menschen, die Bio aus Überzeugung kaufen, tun das auch weiterhin. „Zum Glück haben wir unsere Stammkunden“, sagt Karolina Kreuzer.
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