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Erdbeben in der Türkei und in Syrien: Das sagen Betroffene aus dem Allgäu

Nach Erdbeben in der Türkei und Syrien

"Wir müssen jetzt zusammenhalten": So bangen Menschen im Allgäu um Freunde und Verwandte im Erdbebengebiet

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    Gebäude und Straßen sind nach dem Erdbeben in der Türkei zerstört.
    Gebäude und Straßen sind nach dem Erdbeben in der Türkei zerstört. Foto: Uncredited, picture alliance, dpa

    Nach der Erdbeben-Katastrophe in der Türkei und Syrien herrscht große Betroffenheit im Allgäu. Zahlreiche Hilfsaktionen laufen umgehend an und Transporter sind bereits unterwegs. In unserer Region sind viele Menschen persönlich betroffen und berichten hier über ihre Bekannten und Familien. Wie Sie helfen können, erfahren Sie hier in der Übersicht.

    Kemptener schildert die Lage im Süden der Türkei

    Verwandte des Kempteners Mehmet Odaci wohnen in der vom Erdbeben getroffenen Grenzregion zu Syrien. „Es gibt dort kein Wasser, keinen Strom, kein Essen, kein Gas“, habe er von Angehörigen erfahren. Mit einem Bruder hatte Odaci Kontakt. Dessen Bäckereibetrieb stehe mangels Versorgung still. In dem Gebiet sei es zudem schwierig, Hilfe zu erhalten, weil Ankara nicht einverstanden sei mit der Politik der Provinzleitung.

    Menschen versuchten Verschüttete zu befreien, die unter den Trümmern um Hilfe riefen. Der nächstgelegene Flughafen sei durch die Erschütterungen auf längere Sicht nicht mehr zu benutzen. So planen jetzt verschiedene Organisationen und Helfergruppen, auf eigene Faust mit dringend benötigten Gütern in die Region vorzudringen.

    Türkisch-islamischer Kulturverein in Kaufbeuren sammelt Geld und Kleidung

    Auch in Kaufbeuren ist der Schock groß. Osman Öztürk, Vorsitzender des türkisch-islamischen Kulturvereins, stehe bereits in Kontakt mit einigen Menschen aus Malatya und Sanliurfa. „Sie leben draußen im Freien, in den Gebäuden ist es nicht sicher“, sagt Öztürk, „Ich weiß von einer Familie, die zurzeit noch unter ihrem Haus verschüttet ist“ Wann die Einsatzkräfte jedoch kommen, wisse er derzeit noch nicht.

    Von Öztürks Bekannten seien alle am Leben. „Viele schlafen in ihrem Auto“, sagt er. Die Kommunikation mit ihnen sei auch nicht immer einfach: „Die Lage ist sehr schwierig, jeden Moment können weitere Häuser einstürzen.“

    Hatice Tanriverdi, die in Kaufbeuren lebt und selbst Verwandte in Adiyaman hat, erreichen schlimme Nachrichten. „Dort gibt es viele kleine Dörfer, die jetzt komplett in Trümmern liegen“, übersetzt eine Freundin, was Tanriverdi berichtet. Eine Familie, mit der sie verwandt ist, wurde von dem Erdbeben schwer getroffen. Die schwangere Mutter, der Vater und zwei Söhne, der eine zehn Jahre alt, der andere 20, seien bei dem Erdbeben gestorben. Ob die Tochter im Teenageralter überlebt, sei unklar.

    Menschen und Rettungskräfte bergen eine Person auf einer Bahre aus einem eingestürzten Gebäude. Die Türkei bekommt nach dem schweren Erdbeben Hilfe von ihren Nato-Partnern. Alliierte seien dabei, Unterstützung zu mobilisieren, schrieb Nato-Generalsekretär Stoltenberg am Montagmorgen über den Kurznachrichtendienst Twitter. +++ dpa-Bildfunk +++
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    Bei den schweren Erdbeben am Montag in der Türkei und in Syrien sind nach aktuellem Stand über 10.000 Menschen getötet worden (Stand: 8.2.2023).

    Marktoberdorfer Integrationsbeauftragter hat Kontakt zu seiner Familie

    Es ist wahnsinnig schlimm, was passiert ist“, sagt Selah Okul, Integrationsbeauftragter in Marktoberdorf. Okul hat Familie in der Türkei. Er erzählt von seinen Geschwistern, die 40 Kilometer westlich von Adana entfernt das Erdbeben miterlebt haben. Das Haus einer Verwandten sei durch die Katastrophe zerstört worden.

    Hat es ein Erdbeben von solch einem Ausmaß in der Türkei schon einmal gegeben? „1999 war es ähnlich schlimm“, erinnert sich Okul. Damals waren bei einem Beben der Stärke 7,4 in Düzce im Norden 17.000 Menschen ums Leben gekommen. „Doch diesmal ist es schlimmer. Eine größere Fläche ist betroffen“, sagt Okul.

    Buchloer Bürgerinnen und Bürger zeigen sich hilfsbereit

    Auch in Buchloe ist unter den türkischstämmigen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine Welle der Hilfsbereitschaft losgebrochen. „Wir müssen jetzt doch alle zusammenhalten“, sagt der Buchloer Religionsbeauftragte, Kadir Süzen. Dreh- und Angelpunkt der lokalen Hilfsaktionen ist die Moschee am Hochstattweg mit ihrem Gemeinschaftssaal. Auch im benachbarten Backshop von Ibrahim Dagci ist das Erdbeben an diesem Dienstagvormittag das Thema Nummer eins.

    In seinem Backshop verkauft Ibrahim Dagci Sesamkringel gegen Spenden. Auf der Ladentheke steht schon ein großer Spendenwürfel. „Den Erlös von jedem verkaufen Sesamkringel geben wir als Spende weiter“, sagt Mehmet Dagci, der Bäcker der Köstlichkeiten – und er erzählt, dass die meisten seiner Kunden weitaus mehr in den Würfel steckten, als ein Kringel kostet. „Wir müssen jetzt doch alle zusammenhalten“, sagt der Buchloer Religionsbeauftragte, Kadir Süzen.

    Erdbeben in der Türkei: Wie das Westallgäu hilft

    „Jeder versucht zu helfen, wo er helfen kann“, sagt der Muhammed Alkin, Friseur in Lindenberg. Als er durch Freunde erfuhr, dass der Fußballverein Türk Wangen eine Hilfsinitiative für die vom Erdbeben betroffenen Menschen in der Südosttürkei startet, hat er dies aufgegriffen. Auf Instagram und Facebook posteten der 33-Jährige und seine Kolleginnen einen Spendenaufruf.

    In kurzer Zeit füllte sich der Wartebereich seines Salons mit Hilfsgütern. Bereits am Dienstagabend wurden die Hilfsgüter nach Wangen gebracht. Von dort aus kommen sie direkt ins Erdbebengebiet in der Türkei.

    Sonthofenerin bahnt um ihre Familie

    Katrin Yaylagül aus Sonthofen bangt um das Leben ihrer Liebsten. „Meine ganze Familie ist da unten“, sagt Yaylagül und kämpft dabei mit den Tränen. Yaylagüls Familie lebt in der türkischen Stadt Hatay nahe der Grenze zu Syrien und hat das Erdbeben überlebt. „„Sie haben keinen Strom, kein Gas, kein Benzin. Die Leute frieren und haben Hunger.“

    Ab und zu kommen Videos von ihrer Familie durch. Die Hilfsorganisationen seien erst am Dienstagmittag in Hatay eingetroffen. „Sie müssen die Menschen schnell aus der Stadt rausholen. Es ist viel zu gefährlich dort. Immer wieder stürzen Gebäude ein“, sagt Yaylagül. Mit dem Auto zu fliehen, sei nicht möglich.

    Alevitische Gemeinde Memmingen will helfen

    Mesut Gökce gehört zu den Gründungsmitgliedern. „Wir sind mit unserem Dachverband bezüglich Geldspenden in Kontakt und haben die Sammlung vor Ort gestartet“, erzählt er. Gökce kennt Mitglieder, die beim Erdbeben ihr Haus sowie Familienmitglieder verloren haben.

    Es sei ganz schlimm. „Es wird berichtet, dass es vor Ort ganz schlecht aussieht.“ Mesut Gökce weiter: „Das macht bestürzt und betroffen – gerade auch in dieser Jahreszeit. Die Menschen frieren, haben nichts zu essen und viel verloren.“

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