Im Ermittlungsfall gegen Mitarbeiter der Memminger Stadtverwaltung gibt es neue Erkenntnisse. Es ist ein Strafbefehl gegen ein Unternehmen erlassen worden, wie die Staatsanwaltschaft bestätigt. Da das Unternehmen dagegen Einspruch eingelegt hat, wird es zu einer Gerichtsverhandlung kommen.
Mittagessen und Eintrittskarten für Fachmesse
Im Juni vergangenen Jahres war bekannt geworden, dass gegen sieben Mitarbeiter der Memminger Stadtverwaltung ermittelt wird. Der Vorwurf: Vorteilsannahme. Demnach soll ein Unternehmen aus dem Zollernalbkreis (Baden-Württemberg, südlich von Tübingen) den städtischen Bediensteten bestimmte Leistungen angeboten haben, um im Gegenzug bei städtischen Auftragsvergaben bevorzugt zu werden.
Die Staatsanwaltschaft Hechingen präzisierte am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion: Mehrere Mitarbeiter der Stadtverwaltung sollen im Jahr 2021 von dem Geschäftsführer des Unternehmens zu einem Mittagessen eingeladen worden sein. Im Jahr 2022 soll er zudem städtischen Bediensteten mehrere Eintrittskarten für eine Fachmesse überlassen haben.
Damit könnte der Tatbestand der Vorteilsgewährung erfüllt sein. Insgesamt soll es sich um einen Gegenwert von mehreren Hundert Euro handeln. Die Folgen reichen von einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren bis zu einer Geldstrafe, heißt es bei der Staatsanwaltschaft.
Einspruch gegen Strafbefehl, nun also Gerichtsverhandlung
Sie beantragte beim Amtsgericht Albstadt, dass gegen den Geschäftsführer des Unternehmens ein Strafbefehl erlassen wird wegen des Vorwurfs der Vorteilsgewährung in zwei Fällen. Das Gericht kam dem nach. Strafbefehle werden ohne vorherige Hauptverhandlung erlassen.
Werden sie von den Beschuldigten anerkannt, kommt dies einer Verurteilung gleich. In diesem Fall hat der Geschäftsführer aber Einspruch eingelegt. Also wird es zu einer Gerichtsverhandlung kommen. Wann das sein wird, ist nach Angaben des Amtsgerichts Albstadt von Mittwoch noch nicht klar. Hätte der Geschäftsführer den Strafbefehl angenommen, hätte er eine Geldstrafe zahlen müssen, heißt es bei der Staatsanwaltschaft. Einen genauen Betrag nennt sie zwar nicht. Doch wären es weniger als 90 Tagessätze gewesen. Das heißt, der Geschäftsführer wäre damit nicht vorbestraft gewesen. Nun kann es passieren, dass die Strafe des Gerichts höher ausfällt.
Ermittlungen in Memmingen kurz vor Abschluss
Die Ermittlungen gegen städtische Mitarbeiter sind nach Angaben der Staatsanwaltschaft Memmingen kurz vor dem Abschluss. Mit einem Ergebnis könne „zeitnah gerechnet werden“. Sie ermittelt „sowohl wegen des Anfangsverdachts der Bestechlichkeit als auch der Vorteilsannahme“. Mehr Details will die Behörde jetzt noch nicht nennen. Aber: „Auf die geltende Unschuldsvermutung wird hingewiesen.“
Der Unterschied zwischen Vorteilsannahme und Bestechlichkeit: Bei der Vorteilsannahme gibt es keinen direkten Bezug zwischen beispielsweise einem Geschenk an Verwaltungsmitarbeiter und einer daraus resultierenden Handlung, etwa einem Auftrag der Stadt an das Unternehmen, erklärte uns ein Polizeisprecher. Es gehe viel mehr etwa darum, eine Beziehung aufzubauen. Bei Bestechung und Bestechlichkeit sei es anders: Hier folge etwa auf ein Geschenk eine Reaktion, zum Beispiel in Form einer Auftragserteilung. Das gelte auch dann, wenn dazwischen einige Zeit vergehe.
Auch bei der Strafe gibt es einen Unterschied, sagte der Polizeisprecher: Für Bestechung kann eine Freiheitsstrafe von drei Monaten bis fünf Jahren verhängt werden, für Bestechlichkeit sechs Monate bis fünf Jahre. Für Vorteilsgewährung und Vorteilsannahme kann es eine Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren oder eine Geldstrafe geben.
Polizei: Wichtig, sich auf Verwaltung verlassen zu können
Auch wenn der Gegenwert in diesem Fall den Betrag von mehreren Hundert Euro nicht überschreiten soll, sei es wichtig, dem nachzugehen, heißt es bei der Polizei. Denn es sei in Deutschland ein hohes Gut, sich auf die öffentliche Verwaltung verlassen zu können. Die Bürger hätten einen Anspruch darauf, dass sich Behörden gesetzestreu verhalten.
Nach Angaben der Polizei war das Verfahren im Herbst 2022 ins Rollen gekommen. Damals hatte die Staatsanwaltschaft einen Hinweis auf die Verdachtsfälle erhalten. Seither ermittelten Kriminalpolizei Memmingen und Staatsanwaltschaft gegen Verantwortliche des Unternehmens und mehrere städtische Bedienstete.
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