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Erneuerbare Energie im Allgäu: Die Wasserkraft stößt an Grenzen

Energiewende

Welches Potenzial hat die Wasserkraft im Allgäu?

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    Die Wasserkraft ist im Allgäu, wie hier an der Iller in Kempten, allgegenwärtig. Doch welches Potenzial hat sie für die Energiewende?
    Die Wasserkraft ist im Allgäu, wie hier an der Iller in Kempten, allgegenwärtig. Doch welches Potenzial hat sie für die Energiewende? Foto: Ralf Lienert

    Elf Milliarden Kilowattstunden Strom erzeugten bayerische Wasserkraftanlagen im Jahr 2020 – und damit etwa 29 Prozent des erneuerbaren Stroms im Freistaat. Auch im Allgäu ist die Wasserkraft an Iller, Lech und Wertach allgegenwärtig. Trotzdem spielt sie in der Diskussion um die Energiewende nahezu keine Rolle. Woran liegt das? Und welches Potenzial hat die Wasserkraft in der Region?

    Es gebe allein im Oberallgäu 97 Wasserkraftanlagen, die umgerechnet 35.000 Haushalte mit Strom versorgen, „also knapp ein gutes Drittel der Familien im Landkreis“, sagt Michael Lucke, Geschäftsführer beim Allgäuer Überlandwerk (AÜW). In der Region mache die Wasserkraft etwa zehn Prozent des Gesamtabsatzes aller Kunden aus. Sie „erzeugt unabhängig von tagesaktuellen Schwankungen Energie“, sagt ein Sprecher der Lechwerke (LEW). Und noch ein weiterer Punkt komme hinzu: „Wasserkraftwerke haben deutlich mehr Betriebsstunden als Solaranlagen oder Windräder“, sagt Lucke. Die Wasserkraft gehöre deshalb zur Energiewende.

    AÜW: „Das Ausbaupotenzial geht gegen null“

    Es gebe jedoch einen entscheidenden Nachteil, räumt Lucke ein: „Das Ausbaupotenzial geht gegen null.“ Bei den Lechwerken verweist man auf mögliche Potenziale, zum Beispiel durch Modernisierung bestehender Anlagen. Dadurch habe man am Wasserkraftwerk Meitingen (Kreis Augsburg) die Leistung um etwa zehn Prozent steigern können. Einem weiteren Ausbau stehen jedoch mehrere Hindernisse entgegen. Eines ist die begrenzte Anzahl der Kraftwerke pro Fluss. „Jedes nimmt Fließgeschwindigkeit und Wassermenge raus, es gibt also immer ein Maximum an Kraftwerken“, erläutert Lucke.

    Und auch wenn weitere Kraftwerke eventuell möglich wären – Lucke nennt hier kleinere Anlagen an der Iller südlich von Sonthofen – wären diese „vermutlich aus ökologischen Gründen nur schwer genehmigungsfähig“. Vor allem bei Großkraftwerken stehe der ökologische Eingriff eines Ausbaus meist in keiner Relation zum Energiegewinn. Gleichzeitig habe man die doppelten oder dreifachen Investitionskosten im Vergleich zu Photovoltaik oder Windkraft. Das Hauptproblem sind jedoch die Auswirkungen auf die Flussläufe selbst.

    Naturschützer halten Ausbau der Wasserkraft für nicht zielführend

    „Nochmal ein Jahrhundert die Wasserkraft so zu betreiben wie bisher, ist ökologisch und klimapolitisch nicht sinnvoll“, sagt Thomas Frey, Regionalreferent Schwaben beim Bund Naturschutz (BN). So sei beispielsweise der Lech weitgehend kein Fluss mehr, sondern eine Reihe von Staustufen. „Dadurch transportiert er kaum noch Geschiebe, also Kies aus den Bergen.“ Die Staustufen seien auch deshalb keine Gewässer, in denen alpine Wildfluss-Fischarten leben können.

    Auch Maßnahmen wie Fischtreppen helfen hier offenbar nicht. „Ohne Kies, um abzulaichen, oder längere Fließstrecken nutzt das nichts“, sagt Frey. Die Fische hätten keinen echten Lebensraum mehr, klagt der BN-Vertreter.

    Platz für Hochwasser und Tiere lassen

    Auch der Landesbund für Vogelschutz (LBV) hält einen Ausbau der Wasserkraft für nicht zielführend. „Wir haben in Bayern unzählige Kleinwasserkraftwerke, die einen kaum nennenswerten Beitrag zur Energieerzeugung leisten, aber in den Fließgewässern große ökologische Schäden anrichten“, sagt LBV-Vorsitzender Norbert Schäffer. Er fordert, einen Rückbau dieser Anlagen in den Fokus zu nehmen.

    Naturschützer Frey möchte die Nutzung der Flüsse dennoch nicht verteufeln. „Wasserkraft kann ökologisch erzeugt werden, man kann hier nicht schwarz-weiß malen“, sagt er. Trotzdem ist für ihn klar: „Im Allgäu müssen wir bei der Windkraft tätig werden, da spielt die Musik. Die Wasserkraft hat kein Potenzial mehr.“ Er wünscht sich ein ausgewogeneres Verhältnis zwischen Energie und Ökologie, zum Beispiel am Lech. „Bei Lechbruck ist der Fluss zugeschlammt, das stinkt teilweise im Sommer, so ein Stausee hat keinen Wert.“ Sein Vorschlag: „Mit einer Zweiteilung in einen Hauptlauf, der ins Kraftwerk fließt, und einer ökologischen Strecke für Hochwasser und Tiere lässt sich das lösen.“ Im Mutterbett solle der Naturschutz Vorrang haben, in einem Kanal die Energiegewinnung, „so wie es an der Iller bei Memmingen der Fall ist“.

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